Höllenbote Angela
sehr langsam durch und versuchte dabei, so gut wie keine Geräusche zu verursachen.
Dabei kamen ihr die feuchten und klebrigen Pflanzenreste sehr entgegen. Nichts schabte, nichts knisterte, der Weg an die Blutquelle war frei.
Sie bahnte sich einen Weg nach vorn, schob Zweige, faidige Blätter, alte Schalen und Gräser zur Seite, während sie auf den Rücken des Mannes starrte.
Sie glitt nach vorn.
Wiederum fast lautlos.
Der nächste Schritt. Langsam. Sehr vorsichtig setzte sie dabei den Fuß auf. Der Rasen war feucht, die Erde schwer, gab der Gestalt aber genügend Halt.
Angela stemmte sich ab, zog das linke Bein nach, das sich irgendwo hinter ihr verhakte. Sie zerrte noch nach, um freizukommen, und dabei entstand ein Geräusch.
Der Mann hörte es.
Er schrak für einen Moment zusammen.
Dann fuhr er herum.
Angela Sarti sprang auf ihn zu!
***
Abe Douglas hatte den Platz bewußt nicht verlassen. Eine innere Stimme sagte ihm, daß es hier oder in der Umgebung ein Geheimnis gab. Daß die Stille trügerisch war und der Täter den Ort des Verbrechens nicht unbedingt verlassen haben mußte.
Kein Wind spielte mit irgendwelchen Blättern und wehte sie mit schleifenden Geräuschen über den Boden. Hin und wieder drangen von Stanwell her Geräusche an seine Ohren. Mal ein Musikfetzen, dann wieder Stimmen oder ein Lachen. Eine Gänsehaut bildeten sich auf seinem Rücken. Es war urplötzlich geschehen und für ihn mit dem Gefühl verbunden, daß sich in seiner Umgebung etwas tat.
Abe Douglas hörte etwas hinter seinem Rücken.
Abe Douglas konnte die Laute nicht identifizieren, er wußte aber, daß sie Gefahr bedeuteten.
Deshalb fuhr er herum.
Angela Sarti befand sich bereits im Sprung. Obwohl er sie nur für einen Augenblick richtig sah und dazu noch verdeckt, wußte er sofort, wen er vor sich hatte.
Er riß die Waffe hoch und schaffte es nicht mehr, auf den Kopf der Person zu zielen. Sie prallte gegen ihn. Abe drückte trotzdem noch ab, es war mehr ein Reflex, und die Kugel fuhr in den grauen Himmel. Dann schlug er mit dem Rücken zu Boden, und der kalte Körper wuchtete sich auf ihn…
***
Suko war aus dem Zimmer gelaufen und hatte mich mit dem Blutsauger allein gelassen. Es war mein Fehler gewesen, daß ich Suko für einen Moment zu lange nachgeschaut hatte, denn Raoul Barnes nutzte seine Chance. Er packte die locker auf dem Bett liegende Decke mit einer Hand und schleuderte sie gegen mich.
Es war mehr ein Streicheln als ein Schlag, aber ich sah für einen Moment nichts, und diese Chance nutzte der Blutsauger. Als meine Sicht wieder frei war, da hatte er bereits das Bett übersprungen und war auf dem Weg zur Tür, die Suko nicht geschlossen hatte.
Barnes stolperte in den Gang. Ich sah, wie er gegen die Wand prallte und sich erst drehen mußte.
Aus dem Handgelenk schleuderte ich das Kreuz. Ich traf Barnes nicht, das hatte ich auch nicht gewollt, ich wollte nur, daß es im Flur liegenblieb und ihm den Weg zur Treppe versperrte.
Ich hatte Glück.
Genau in der Mitte kam es zur Ruhe. Barnes, der nach vorn laufen wollte, erstarrte auf der Stelle. Er riß seine Arme wieder hoch, und aus seinem Mund drang ein heulender Schrei.
Das Hindernis war zu stark. Er kam nicht weg. Es trieb ihn zurück bis gegen die hintere Querwand des Flurs.
Ich gönnte dem Kreuz einen kurzen Blick. Ebenso kurz war das Lächeln, das um meine Lippen huschte.
Mein Talisman leuchtete in einem matten Silberschein, als wollte er mir ein Zeichen der Hoffnung schicken. Über diese Barriere kam Barnes nicht hinweg. Er hatte sich gegen die Querwand gepreßt und wirkte auf mich wie ein in die Falle gelaufenes Tier. Aus seinen Augen rann eine wäßrige Flüssigkeit. Vielleicht waren es Vampirtränen, aber darauf konnte ich keine Rücksicht nehmen. Ob Vampire weinten oder nicht, das spielte alles keine Rolle. Es war auch nur ein flüchtiger Gedanke gewesen, als ich meine Beretta zog.
Die Kugeln aus ihrem Magazin waren für einen normalen Blutsauger tödlich, und auch Barnes sah, daß die Mündung direkt auf seine Stirn zielte. Dann senkte ich sie so weit nach unten, daß ich bei einem Schuß sein Herz treffen konnte.
Sein Mund stand offen. Er zeigte mir seine Waffe, die beiden gefährlichen Zähne. Zwischen den beiden Gebissen hingen Speichelfäden wie weiche Gitter, hinter denen die Zunge des Mannes zuckend tanzte.
»Ich weiß, welches Dasein du führst. Du magst dich als Mensch fühlen, aber du bist kein Mensch, Barnes. Man hat dein Blut
Weitere Kostenlose Bücher