Höllenbote Angela
weil es keine freie Strecke gab, und ich immer wieder ausweichen mußte, um nicht durch ein Gebüsch zu streifen oder einen Baumstamm zu touchieren.
Neben mir saß Cramer. Er trieb mich an. Auch er war gespannt. Der Ernst der Lage mußte ihm mittlerweile bewußt geworden sein. Immer öfter wischte er den Schweiß von seiner Stirn und deutete dann mit dem zitternden rechten Zeigefinger nach vorn, wo sich der Weg in eine Linkskurve hineindrängte.
»Dahinter liegt die Ruine.«
»Wann sollen wir stoppen?«
»Am besten noch vor der Kurve.«
»Okay.«
Ich fuhr die letzten Meter und bremste dann. Ziemlich hart. Auf dem weichen und nassen Boden schleuderte der Rover etwas, fuhr aber nicht in die Büsche.
Wir stiegen aus.
Kalte und feuchte Luft umgab uns. Es roch nach fauligen Pflanzen und nach noch mehr Regen.
Cramer sprach uns an. »Wir müssen den Weg nur weiter gehen, dann sind wir da.«
»Okay«, sagte Suko. »Und keine Dummheiten. Sie tragen keine Handschellen mehr, denn wir haben Ihnen vertraut.«
»Ja, geht klar.«
Wir gingen nicht eben mit kleinen Schritten und kamen trotzdem nicht weit. Ein Geräusch ließ uns auf der Stelle verharren.
Das harte schnelle Knattern. Kurz nur, aber beileibe keine Täuschung.
Es waren Schüsse.
Schüsse aus einer MPi!
***
Sie feuerten. Sie hatten sich provoziert gefühlt, und sie hielten genau auf das Ziel.
Angela hatte es so gewollt. Sie wußte auch, daß sie getroffen werden würde, und sie hatte nichts dagegen einzuwenden, als Kugelfang zu dienen. Zwar warf sie sich auf den Boden, als die ersten Mündungslichter aufflackerten, und zahlreiche Geschosse erwischten auch nicht sie, sondern hieben in den Boden oder gegen den Außenrand des Brunnens, aber einige Kugeln drangen schon in ihren Körper.
Die Blutsaugerin zuckte zusammen. Sie schrie sogar auf, schleuderte beide Arme hoch, um die Killer zu täuschen, zuckte noch einmal, als ein Geschoß in ihre Schulter prallte und sackte dann zusammen, um völlig bewegungslos liegenzubleiben.
Für die anderen war sie tot, und sie mußte ihre Rolle einfach perfekt spielen.
Die Schüsse verstummten.
Ruhe trat ein.
Es war die berühmte Totenstille, die erst Sekunden später durch scharfe Atemzüge und auch geflüsterte Worte unterbrochen wurde.
»Wir haben sie.«
»Ja, verdammt, aber Edgar ist hin.«
»Dann schau mal nach.«
»Gut.«
Angela Sarti lag auf dem Rücken. Sie hatte den Kopf allerdings so zur Seite gedreht, daß sie die beiden NSA-Agenten aus den halb geschlossenen Augen beobachten konnte. Der Fahrer war an den am Boden liegenden Mann herangetreten. Er stand dort und bückte sich. Rüttelte die Gestalt an der Schulter, um eine Reaktion herauszufordern.
Da tat sich nichts.
Der Agent richtete sich wieder auf. Er drehte sich zu seinem Kumpanen um. »Verdammt, er ist tot.«
»Wie denn? Wie hat man ihn umgebracht?«
Der Fahrer hob die Schultern. »Ob du es glaubst oder nicht, Ray, man muß ihn erstochen haben. In seinem Körper befindet sich eine verdammt tiefe Wunde.«
»Scheiße. Das war Angela.« Ray schüttelte sich und schaute zu ihr hin. »Aber jetzt killt sie keinen mehr.«
Der Fahrer war zu ihm gekommen. »Bleibt es dabei?«
»Ja, wir werfen sie in den Brunnen. Dann packen wir Edgar ein, fahren von hier weg und setzen uns mit der Zentrale in Verbindung. Sollen sie sich darüber Gedanken machen, wie es weitergeht. Erst einmal muß Angela verschwinden.« Ray schüttelte sich. »Ich hätte nie gedacht, daß sie einen von uns schaffen würde. Die war wirklich was Besonderes.«
»Ja, war…«
Die beiden gingen zum Brunnen, wo Angela Sarti wirklich wie tot lag. Keiner von ihnen warf auch nur einen Blick in das Gesicht. So sah auch niemand das kalte Lächeln auf ihren Lippen.
Beide legten ihre Waffen zur Seite. Sie bückten sich. Standen sich gegenüber. Einer wollte den Kopf anheben, der andere kümmerte sich um die Beine.
Es war Ray, und der hatte noch nicht zugegriffen, als die Tote plötzlich sehr lebendig wurde. Sie zog ihre Beine an und ließ sie noch in der gleichen Sekunde wieder nach vorn schnellen. Halb hoch und auch zielsicher, denn die Sohlen der Schuhe erwischten Rays Gesicht. Er schrie auf. Blut schoß aus seiner Nase, als er nach hinten taumelte. Die Augen tränten ihm zusätzlich, so daß er zunächst nicht mitbekam, was in seiner Umgebung passierte. Ray war erwischt worden. Das hatte auch der Fahrer gesehen. Und er hatte ebenso wie sein Kollege damit gerechnet, eine Tote vor sich zu
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