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Hoellenengel

Hoellenengel

Titel: Hoellenengel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thráinn Bertelsson
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Þórhildur die Leiche identifiziert
hatte. Er wunderte sich allerdings darüber, wie nahe es ihr zu
gehen schien. In der kleinen Gesellschaft eines spärlich
besiedelten Landes muss man immer damit rechnen, auf jemanden zu
stoßen, mit dem man bekannt oder befreundet ist. Er dachte
gerade daran, das in einem tröstenden Tonfall anzusprechen,
als Þórhildur sich umdrehte, ihn ansah und sagte:
»Jetzt kann ich nicht mehr.«
    Dann verließ sie den Sektionssaal ohne ein weiteres Wort.
Sveinn schüttelte über die Kapriolen dieser Frau den
Kopf.
    Die Leiche lag auf dem Tisch. Ein junger Mann. Zwischen zwanzig und
dreißig. Gut gebaut, aber sehr schlank.
    Schien unterernährt zu sein. Offenbar wieder einer von den
Rauschgiftkonsumenten.
    Verfluchte Plage, dieses Gift, dachte Sveinn und sein Blick fiel
auf das Schild, auf das Þórhildur ihn hingewiesen
hatte, als sie ihn belehrte, dass Flüche an diesem Ort nicht
angemessen seien.
    Hic locus est ubi mors gaudet
succurrere vitae.
    An diesem Ort freut sich der Tod, dem Leben beizu
stehen.
    *****
    Kurz gesagt hatte der Tag nichts ergeben. Keine Hinweise. Keine
merkwürdigen Zufälle. Nichts.
    Die Stimmung bei der Nachmittagsbesprechung war trüb. Das war
kein gutes Zeichen. Normalerweise, wenn man es mit einem Mordfall
zu tun hatte, war die Atmosphäre bei den Planungsbesprechungen
der Kripo mit Spannung geladen, voller Aufregung, aber diesmal
nicht.   
     
    Randver hatte nicht die geringsten Zweifel daran, dass das
Schleppende an der Besprechung seine eigene Schuld und darin
begründet war, dass er ein schlechter Leiter war.
Unfähig, die Menschen anzuspornen, sie aufzumuntern, sie dazu
zu bringen, sich anzustrengen.
    Die Morde im Sommerhaus waren der erste ernsthafte Fall, der ans
Ufer der Kripo gespült wurde, seit Randver die Leitung
übernommen hatte. Víkingur war zwar immer noch da, aber
er war befördert worden und es gehörte nicht mehr zu
seinem Aufgabengebiet, die Untersuchungen zu leiten, sondern seine
Aufgabe war es, zu begleiten und Ratschläge zu geben, zu loben
oder Anmerkungen zu machen. Gleichwohl hatte er nichts davon getan.
Irgendetwas musste auf ihm lasten. Seit seiner Reise war der Mann
mit den Gedanken woanders, gleichgültig und
lustlos.
    Randver wusste, dass Þórhildur und Víkingur
nach Holland gefahren waren, um sich zu vergewissern, ob es sich
bei der Leiche, die die holländische Polizei aufbewahrte, um
ihren Sohn Magnús handelte. Víkingur hatte die Reise
nur ungern angetreten, denn es war zu vermuten, dass dies nicht der
Fall war und Magnús früher oder später von selbst
wieder auftauchen würde.
    Zumindest hatte noch keine offizielle Suche nach ihm begonnen,
wenngleich die Polizei Erkundigungen nach ihm eingezogen hatte, die
bisher jedoch ergebnislos geblieben waren. Es musste der Zustand zu
Hause sein, der Víkingur so runterzog. Randver konnte sich
nicht daran erinnern, ihn je mit einem so betrübten Ausdruck
gesehen zu haben. Als trüge er eine schwere Last. Seltsam,
denn seitdem er mit Þórhildur zusammen war, hatte er
sich verändert. Darin waren sich alle seine Mitarbeiter einig.
Früher war er einsilbig gewesen oder sogar
griesgrämig.
    Nachdem er Þórhildur kennengelernt hatte, hatte er
sich grundlegend verändert. Man konnte zwar nicht behaupten,
dass er regelrecht fröhlich oder unbeschwert geworden sei,
aber er lächelte und plauderte häufiger, war freundlicher
und zeigte mehr Interesse an anderen Menschen.
    Jetzt trug er wieder seine verdrossene Miene, also war zu vermuten,
dass die Veränderung in irgendeinem Zusammenhang mit
Þórhildur und der Ehe stand. Randver brachte es nicht
übers Herz, seinen Freund über dessen persönliche
Verhältnisse und seelisches Befinden auszufragen. So etwas war
schon in den isländischen Sagas nicht üblich gewesen und
schließlich waren sowohl er als auch Víkingur
älter als die neuen Generationen, die öffentlich
über alles, was früher unter Privatleben gefallen
wäre, in ihrem Blog berichteten und den lieben langen Tag mit
Reiki und Heilen, Psychoanalyse, Yoga, Bodybuilding und
Selbsthilfekursen verbrachten.
    Randver graute es davor, die Aufgaben für den kommenden Tag zu
verteilen. Er fühlte sich völlig leer und ihm fiel bis
auf das übliche Prozedere, also Familie, Freunde, Kollegen und
Nachbarn auszufragen und zu hoffen, dass die kriminaltechnische
Abteilung irgendwelche Hinweise finden würde, nichts ein.
Guðrún Sólveig berichtete von den ersten
Ergebnissen der

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