Hoellenfluestern
Dad zu beweisen. Jetzt machte er dasselbe bei Stewart.
Im Buch entdeckte sie eine Vokabelliste in der ausladenden Handschrift ihres Vaters. Hinter jedem Wort standen die Aussprache und die Bedeutung.
Riley kannte Kerle, die zugaben, dass sie ungebildet waren – sie nannten es normalerweise »doof« –, aber nichts dagegen unternahmen. Als sei ihr Schicksal in Stein gemeißelt. Beck akzeptierte sein Schicksal nicht, sondern kämpfte und versuchte, nach einer miesen Kindheit das Beste aus seinem Leben zu machen.
Nur zu! So lange er das Gefühl hatte, dass es die Mühe wert war, würde er es schaffen. Doch sobald Becks Selbstvertrauen zerbröselte oder er den Antrieb verlor, wäre er genau wie die anderen – noch ein Loser, der das Gefühl hatte, alles Böse verdient zu haben, was das Leben über ihm ausschüttete.
Riley kehrte zum Sessel zurück und legte das Buch so zurück, wie es gelegen hatte, damit sein Besitzer nicht merkte, dass sie hineingeschaut hatte. Er konnte in solchen Dingen ziemlich empfindlich sein. Obwohl es unmöglich schien, döste sie eine Weile, dann weckte sie Beck für den ersten Zwei-Stunden-Check auf. Verschlafen beantwortete er die Fragen, die sie ihm stellte. So weit, so gut .
»Hast du im Sessel geschlafen?«, fragte er und gähnte.
»Ich hab’s versucht. Es war nicht besonders bequem.«
Er sah sie ernst an. »Im Schrank ist ein Schlafsack. Er ist sauber. Damit hast du es warm.«
Riley nickte dankbar und beobachtete, wie er wieder in den Schlaf sank. Nach einiger Zeit schlief ihr der Hintern ein, und sie schlenderte nach vorne ins Wohnzimmer. Gelangweilt und verzweifelt bemüht, irgendwas zu unternehmen, um wach zu bleiben, besah sie sich die Regale an der Wand rechts vom Fenster. Sie hatte die Bilder zuvor schon gesehen, aber noch nie die Gelegenheit gehabt, sie genauer anzuschauen.
Zu ihrer Verblüffung entdeckte sie ein Foto von ihrem Vater, auf dem er vor der Highschool posierte, an der er Geschichte unterrichtet hatte. Es musste etwa fünf Jahre alt sein. Ihre Schätzung wurde bestätigt, als sie ein Foto von ihrer Mom und einer zwölfjährigen Riley entdeckte.
Mein Gott, war ich so hässlich? Ihre Mutter dagegen war genauso schön, wie sie sie in Erinnerung hatte. Die Kamera hatte genau den Moment eingefangen, in dem sie über irgendetwas lachten, und die Liebe zwischen ihnen war so deutlich sichtbar, dass Riley sie immer noch spürte. Ich vermisse dich so sehr. Du wüsstest, was ich tun soll, was ich Beck sagen soll, damit alles wieder gut wird .
Es gab noch weitere Fotos. Alle zeigten entweder ihren Patienten oder Mitglieder der Familie Blackthorne. Auf keinem einzigen waren seine Leute zu sehen. Seine Mutter stand jedenfalls nicht auf dem Kaminsims.
Riley nahm eines der gerahmten Bilder zur Hand. »Seht euch bloß die beiden an«, sagte sie und lächelte. Das Foto zeigte ihren Dad neben einem strahlenden Beck in knackiger Uniform, der gerade frisch aus dem Ausbildungslager der Armee kam. Damals hatte er echt gut ausgesehen. Und tut es noch .
Als Riley das Foto wieder hinstellte, streifte ihre Hand ein schlichtes Holzkästchen. Obwohl sie wusste, dass es unhöflich war, hob sie den Deckel an. Und schnappte nach Luft. In dem Kästchen lagen Becks Medaillen: Ein Silver Star und zwei Purple Hearts. Sie nahm den fünfzackigen Stern – er war golden, nicht silbern und hatte auf der Rückseite die Inschrift FÜR TAPFERKEIT VOR DEM FEIND eingraviert. Sie kannte sich mit Medaillen nicht aus, vermutete aber, dass sie nicht an jeden vergeben wurden. Am Boden des Kästchens lagen Fotos, die Beck zeigten, wie er die Auszeichnungen von einigen total verklemmten hohen Offizieren entgegennahm. Beim Bild mit dem Silver Star lief er auf Krücken. Er wirkte stolz, obwohl ihm seine Beinverletzung offenkundig zu schaffen machte.
Warum hängst du sie nicht irgendwo auf, wo die Leute sie sehen können? Es war, als würde er sich ihrer schämen oder so.
»Manchmal werde ich echt nicht schlau aus dir«, murmelte sie.
Nachdem sie die Bilder und Medaillen wieder dorthin zurückgelegt hatte, wo sie sie gefunden hatte, holte Riley den Schlafsack aus dem Schrank und machte es sich auf dem Boden in Becks Schlafzimmer bequem. Sie war schon fast eingeschlafen, als sie daran dachte, den Wecker an ihrem Handy zu stellen, oder es würde keine weitere Überprüfung geben. Über sich hörte sie Beck leise von Dämonen und Arschtritten murmeln.
Manche Dinge ändern sich nie .
18.
Kapitel
Als
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