Hoellenfluestern
Riley um fünf Uhr morgens das nächste Mal Becks Hirnfunktionen überprüfte, pfiff sie aus dem letzten Loch. Die Anstrengung, sich um ihn zu sorgen, raubte ihr mehr Energie als der Schlafmangel.
»Verdammt, kannst du mich nicht einfach in Ruhe lassen?«, brummte er und starrte sie wütend an, als sie ihn anstupste, bis er wach war.
Das ist der alte Beck . Ihr Sorgenpegel sank um die Hälfte.
»Was machen die Kopfschmerzen?«, fragte sie.
»Besser. Ist jetzt eher wie ein Kater.«
»Wann hast du Geburtstag?« Er nannte ihr das Datum – es war bald so weit. »Wie alt wirst du?«
»Das weißt du doch.«
»Wenn du die Frage nicht beantwortest, fange ich an, dich über Justine auszuquetschen.«
Ein Stöhnen. »Ich werde dreiundzwanzig.«
Riley machte den Trick mit der Taschenlampe und vergewisserte sich, dass beide Pupillen gleich groß waren. Ihr war noch nie aufgefallen, dass die braune Iris hellere, goldene Flecken hatte. Hübsch .
»Was ist? Stimmt irgendwas nicht mit meinen Augen?«, fragte Beck.
Verlegen, weil er sie ertappt hatte, sagte sie: »Nein, sie sehen gut aus. Ich war nur … gründlich.« Zu ihrer großen Erleichterung akzeptierte er diese Erklärung.
Sobald sie den Hand-Greif-Test ohne irgendeine offensichtliche Schwäche hinter sich gebracht hatten, seufzte Riley zutiefst erleichtert. Wenn er einen der Tests nicht bestanden hätte, hätte sein Gehirn laut der Ärztin irgendwelche üblen Sachen gemacht, bluten zum Beispiel. Aber das schien nicht der Fall zu sein.
»Ich würde sagen, du hast Schwein gehabt, Dorftrottel. Dein Dickschädel ist zur Abwechslung mal zu etwas nütze.«
Er nickte langsam, ohne ihre Hände loszulassen. Sie fühlte sich unbehaglich und entzog sich seinem Griff.
»Riley …«, begann er.
»Du solltest dich noch etwas ausruhen«, erwiderte sie beim Aufstehen.
»Nein, sprich eine Weile mit mir. Du hast mich aufgeweckt, und ich kann nicht so leicht wieder einschlafen.«
Widerstrebend ließ sie sich erneut auf der Bettkante nieder. »Warum hast du keine Fotos von deiner Familie im Wohnzimmer?«
»Ich habe nur eins von meinen Großeltern, aber das ist noch nicht gerahmt. Von meinem Onkel hatte ich nie eins. Jetzt wünschte ich, ich hätte eins.«
Ihr fiel auf, dass dieses Bedauern sich nicht auf seine Mutter bezog. Sie kommen anscheinend echt nicht miteinander klar . »Ist dein Onkel tot?«
»Ja. Er ist nach Las Vegas gezogen, als ich bei der Armee war, und starb dort bei einem Autounfall. Ich lag im Krankenhaus, als es passierte, so dass ich nicht zur Beerdigung nach Hause fahren konnte.«
»Das tut mir leid.«
Er sah sie nicht an, sondern spielte mit der Decke in seinem Schoß herum. Das bedeutete, dass ihn irgendetwas quälte.
»Was ist los?«
Schließlich sah Beck sie an. »An dem Morgen, bevor die Jäger kamen, habe ich ein paar Dinge gesagt.«
Er hatte sie nicht gesagt, sondern rasend vor Wut gebrüllt, weil sie Ori gestattet hatte, mit ihr zu schlafen. Da hatte sie zum ersten Mal begriffen, dass Beck in ihr eine potentielle Freundin sah.
»Das ist egal«, sagte Riley und entschied sich damit für eine unverfängliche Antwort. Sie wollte nicht genauer ergründen, wie viel Glück sie möglicherweise verspielt hatte, weil sie den Lügen des Engels geglaubt hatte.
»Es ist nicht egal.« Jetzt runzelte Beck die Stirn. »Ich kann nichts dafür, aber ich bin immer noch sauer auf dich, weil du mit ihm geschlafen hast.«
Das wurmte sie gewaltig. »Ach, tatsächlich? Du kannst also mit dieser Schreibertussi oder einem der Mädels aus der Billardhalle rummachen, aber ich soll rein und unberührt bleiben, bis du dich endlich einmal bequemst, mich zu bemerken? Wie soll das denn funktionieren?«
Die Furchen auf Becks Stirn wurden tiefer. »Du schuldest mir Respekt. Nach allem, was ich für dich getan habe, gehst du einfach hin und lässt ihn …«
Wie bitte? »Weil du die Miete gezahlt hast, glaubst du, ich sei für dich reserviert? So, als würdest du ein Mädchen zum Abendessen einladen und dann erwarten, dass sie dich ranlässt?«
Er schnellte überrascht in die Höhe, dann zuckte er vor Schmerz zusammen. »Was? Zum Teufel, nein! Das habe ich nicht gemeint.«
»Bist du sicher?«
»Ja, ich bin mir sicher«, sagte er mit Nachdruck. »Alles, was ich wollte, war Respekt.«
Er klang aufrichtig, also antwortete sie genauso offen. »Respekt funktioniert in beide Richtungen, Beck«, sagte sie. »Du behandelst mich die ganze Zeit wie ein kleines Kind. Ori dagegen
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