Hoellenfluestern
»Wir haben eine Leiche hier.« Dann sah er Riley direkt an. »Kein schöner Anblick. Bist du sicher, dass du es dir ansehen willst?«
Ihre gerunzelte Stirn verriet ihm, dass sie mit der Entscheidung rang.
»Wenn Sie aussteigen und zurückgehen möchten, werden wir nicht schlechter von Ihnen denken«, sagte der Hauptmann leise.
Damit hatte er sich bei Beck einen Stein im Brett gesichert. »Du hast gehört, was er sagt.«
Riley schluckte hart. »Das gehört zum Job als Dämonenfänger«, erwiderte sie. »Ich komme damit schon klar.«
Sie ist durch und durch Pauls Tochter.
Beck ging zurück zur Leiche, schaltete seine Lampe wieder an und kniete sich neben den auseinandergerissenen Haufen Knochen. An einigen hingen noch Streifen getrockneten Fleisches, doch die meisten waren sauber abgenagt. Der Schädel lag etwa einen Meter weiter links, die leeren Augenhöhlen starrten in die Ewigkeit.
Der Hauptmann ging neben dem Knochenhaufen in die Hocke und hob einen Knochen mit der Spitze seines Dienstrevolvers an. »Nagespuren. Große. Wahrscheinlich ein Dreier.« Der Jäger erhob sich, nahm die Waffe in die linke Hand und bekreuzigte sich.
»Gibt es irgendeine Möglichkeit, herauszufinden, wer das war?«, fragte Riley. Ihre Stimme war dünner als vorher. »Und seine Familie zu informieren?«
»Seine Kleidung ist verschwunden, so dass es keine Möglichkeit gibt, ihn zu identifizieren«, sagte Beck. »Die Cops haben genug mit den Lebenden zu tun, die Probleme machen, als dass sie sich auch noch Sorgen um die Toten machen könnten.«
Riley holte tief Luft. »Das ist so … traurig.«
So ist es nun einmal, Mädel. Wenn du einen Fehler machst, stirbst du. Wenn du Glück hast, gibt es jemanden, der an deinem Grab weint .
Sie ließen den Leichnam hinter sich, und Beck führte das Team tiefer in das Gebäudeinnere hinein. Es wurde dunkler, und der Boden war zunehmend mit Trümmern übersät. Teile der Deckenverkleidung waren heruntergefallen und bildeten unordentliche Haufen, und überall standen kaputte Möbel herum. Beck hatte vor, den Raum einmal der Länge nach zu durchsuchen, doch dann blieb er an der Treppe stehen. Im Lichtkegel der Lampe hatte er Spuren im Staub entdeckt, die in den zweiten Stock führten, und zwar nicht solche, wie Menschen sie hinterließen.
Beck hob eine Hand, und die anderen blieben stehen. Er zeigte auf die Spuren.
»Besser, wir sind von jetzt an still«, sagte er vor allem Rileys wegen.
Sie nickte und umklammerte ihre Weihwasserkugel fester.
Beck machte sich daran, die Treppe emporzusteigen, wobei er versuchte, keinen Krach zu machen, doch das war so gut wie unmöglich. Obwohl die Stufen selbst massiv waren, knirschte der Schutt auf ihnen laut unter seinen Füßen.
Als er den zweiten Stock erreicht hatte, stieg ihm der Gestank von frischem Dämonenkot in die Nase. Er hielt sich nicht damit auf, es den anderen zu sagen: Sie würden es ebenfalls riechen. Hier oben war es noch dunkler, da alle Fenster mit Sperrholz vernagelt waren – ein perfektes Versteck für einen Dreier. Die Treppe in den dritten Stock wies keine Prankenspuren auf.
»Wo lang?«, fragte der Hauptmann mit gesenkter Stimme.
»Links«, erwiderte Beck, eher aus dem Bauch heraus. So würden sie in den vorderen Teil des Gebäudes gelangen. Wenn ihnen dabei kein Dämon über den Weg lief, würden sie zum Ausgangspunkt zurückkehren.
Diese Etage unterschied sich in nichts von den Räumen ein Stock tiefer – kaputte Möbel, ein Tischkalender, ein Foto von irgendjemandes Familie. Eine zerbrochene Kaffeetasse.
Riley blieb dicht bei ihm statt bei den anderen. Das hatte er nicht erwartet. Beck hatte angenommen, sie würde sich bei den Jägern mit ihren Waffen sicherer fühlen. Als sie über etwas stolperte und beinahe das Gleichgewicht verlor, packte er sie am Arm, und sie richtete sich wieder auf. Er hörte ein gemurmeltes Danke. Trotz der Kälte konnte er sehen, wie ihr der Schweiß als dünnes Rinnsal seitlich übers Gesicht lief.
Harper nimmt sie zu hart ran . Sie ist noch nicht bereit für so was . Aber wann war irgendein Dämonenfänger schon bereit, allein loszuziehen? Was, wenn sie irgendwann so einer Situation ausgesetzt wäre und nicht wüsste, wie sie sich verhalten sollte?
Bei einem leisen Geräusch blieb Beck stehen und hob die Hand, damit die anderen ebenfalls anhielten. Schnüffellaute. Knurren. Das Geräusch von etwas, das im nächsten Raum herumtigerte. Beck tippte ein paarmal gegen sein Ohr und zeigte auf den
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