Höllenflut
langsam
verdrücken.«
»Sind an Bord, beide heil und im Moment noch unversehrt«,
antwortete Pitt auf Gunns Frage.
»Waren das eben Schüsse?« dröhnte Admiral Sandeckers
Stimme über Funk.
»Al hat bloß das Silvesterfeuerwerk ein bißchen zu früh
abgebrannt. Hat man den Sprengstoff gefunden und die Zünder
entschärft?«
»Schlechte Nachrichten«, erwiderte Sandecker düster. »Die
Nationalgarde hat die Türen mit einer leichten Ladung
aufgesprengt, aber dahinter war nichts. Der Tunnel ist leer.«
»Da komme ich nicht mit, Admiral.«
«Ich sag's ja ungern, aber da war kein Sprengstoff. Sieht nicht
so aus, als ob Qin Shang hier in der Nähe einen Damm sprengen
will.«
43
Auf dem Straßendamm über dem Mystic-Kanal war es
taghell. Scheinwerferbatterien und rote und blaue Blinklichter
tunkten den Fluß und das umliegende Land in einen
gespenstischen Schein. Acht Militärfahrzeuge mit Tarnanstrich
standen hier, dazwischen ein gutes Dutzend Streifenwagen von
der Dienststelle des Sheriffs im Iberville Parish. Der Highway
war nach Nord und Süd weiträumig abgesperrt.
Die Männer, die neben einem olivgrünen Stabswagen
beisammenstanden, wirkten zutiefst besorgt. Admiral
Sandecker, Rudi Gunn, Sheriff Louis Marchand und General
Olson sahen aus, als hätten sie sich hoffnungslos in einem
Irrgarten verlaufen. General Olson war außer sich.
»Zum Narren gehalten«, knurrte er wütend. Seit er erfahren
hatte, daß seine Hubschrauber abgeschossen worden waren und
zwölf seiner Männer den Tod gefunden hatten, wirkte er weit
weniger großspurig. »Man hat uns zum Narren gehalten. Daß
hier ein Damm in die Luft gejagt werden soll, das ist doch alles
bloß Gerede. Wir haben es hier mit einer internationalen
Terrorbande zu tun. Darauf läuft's hinaus.«
»Ich glaube, ich muß dem General zustimmen«, sagte Sheriff
Marchand. Er war alles andere als ein Hinterwäldler - schlank,
gut gekleidet, tadellose Manieren, weltgewandt und mit allen
Wassern gewaschen. »Mir ist das von Anfang an höchst
unglaubwürdig vorgekommen, daß jemand den Deich sprengen
und den Fluß umleiten will. Die Terroristen, die offenbar die United States gestohlen haben, haben was ganz anderes vor.«
»Das sind keine Terroristen im herkömmlichen Sinn«, sagte
Sandecker. »Wir wissen genau, wer hinter dieser Sache steckt.
Und das Schiff wurde auch nicht gestohlen. Wir haben es hier
mit einem unglaublich raffinierten Unternehmen zu tun, einem
Unternehmen, bei dem Geld keine Rolle spielt. Bei dem es nur
darum geht, den Mississippi zum Hafen Sungari umzuleiten.«
»Klingt wie eine Ausgeburt der Phantasie«, versetzte der
Sheriff.
»Eher wie ein Alptraum«, sagte Sandecker tonlos. Er schaute
Marchand in die Augen. »Welche Schritte hat man zur
Evakuierung der Bevölkerung im Atchafalaya-Tal
unternommen?«
»Das Militär und die Mitarbeiter sämtlicher SheriffDienststellen weisen die Bewohner der Farmen, Städte und
umliegenden Ortschaften auf eine mögliche Flutgefahr hin und
fordern sie auf, sich zu höher gelegenen Landstrichen zu
begeben«, erwiderte der Sheriff. »Falls es zu einer Katastrophe
kommen sollte, hoffen wir die Anzahl der Opfer auf ein
Mindestmaß beschränken zu können.«
»Die meisten Anwohner werden das aber nicht mehr
rechtzeitig erfahren«, sagte Sandecker todernst. »Wenn der
Damm bricht, müssen sämtliche Totengräber von hier bis zur
texanischen Grenze Überstunden machen.«
»Wenn Ihre und Commander Gunns Schlußfolgerungen
richtig sind«, sagte Marchand, »was Gott verhindern möge, ist
es bereits zu spät für eine umfassende Sprengstoffsuche am
Fluß. Das Schiff wird irgendwann im Laufe der nächsten Stunde
hier -«
»Eher in den nächsten fünfzehn Minuten«, unterbrach ihn
Sandecker.
»Die United States wird nicht bis hierher kommen«, sagte
Olson im Brustton der Überzeugung. Er schwieg einen Moment
und warf einen Blick auf seine Uhr. »Eine Kampftruppe meiner
Nationalgarde unter dem Kommando von Colonel Bob Turner,
einem hochdekorierten Veteranen aus dem Golfkrieg, müßte
jede Minute auf dem Damm in Stellung gehen und sich
feuerbereit machen.«
»Das ist, als ob Sie einen Schwarm Bienen auf einen
Grizzlybär ansetzen«, knurrte Sandecker. »Sobald das Schiff in
Reichweite Ihrer Artillerie kommt, haben Ihre Männer allenfalls
acht bis zehn Minuten Zeit, ehe es wieder hinter der nächsten
Flußbiegung verschwindet. Und in der kurzen Zeit, das kann ich
Ihnen als alter Seemann versichern, ist ein
Weitere Kostenlose Bücher