Höllenflut
Colt dabei.
Schwerere Waffen hätten die Gleitschirme und die schwachen
Motoren kaum getragen. Aber es gab auch noch andere Gründe.
Sie wollten sich auf keinerlei Auseinandersetzung einlassen,
sondern so schnell wie möglich zur Brücke vordringen und das
Schiff in ihre Gewalt bringen. Ein Sturmtrupp der Nationalgarde
sollte unterdessen die Kampfeinheiten an Bord binden.
Viel zu spät, erst als sie längst in der Luft waren, hatten sie
gesehen, wie die beiden Militärhubschrauber abgeschossen
worden waren.
Knapp eine Stunde nachdem die United States durch New
Orleans gefahren war, hatten sich Pitt und Giordino in Baton
Rouge, der Hauptstadt von Louisiana, mit General Oskar Olson
getroffen, General Montaignes altem Klassenkameraden, der die
Nationalgarde des Staates befehligte. Er hatte ihnen schlichtweg
verboten, seinen Sturmtrupp zu begleiten. Auch ihre Einwände,
daß sie Ingenieure seien, sich an Bord der United States auskannten und daher die Brücke stürmen und das Schiff
stoppen könnten, bevor es den Bayou Goula erreichte, nützten
nichts.
»Das ist Sache des Militärs«, hatte Olson erklärt und sich mit
der Faust in die offene Hand geschlagen. Für einen Endfünfziger
wirkte er ziemlich jugendlich und bester Dinge. Er war etwa
genauso groß wie Pitt, ein bißchen strammer um die Taille
vielleicht, wie es bei einem Mann in seinem Alter nicht
ungewöhnlich war. »Es könnte zu Blutvergießen kommen. Ich
kann nicht zulassen, daß Zivilisten in Mitleidenschaft gezogen
werden, und ganz gewiß nicht Sie, Mr. Pitt, der Sohn eines
Senators. Auf das Theater kann ich verzichten. Wenn meine
Männer das Schiff nicht anhalten können, erteile ich ihnen den
Befehl, es auf Grund zu setzen.«
»Ist das alles, was Ihnen dazu einfällt?«
»Wie soll ich denn sonst ein Schiff aufhalten, das so groß ist
wie das Empire State Building?«
»Die Länge des Schiffs entspricht in etwa der Flußbreite
unterhalb von Baton Rouge. Wenn niemand am Ruder steht, der
sich mit der Bordelektronik auskennt, könnte es leicht passieren,
daß sich das Schiff querstellt und mit Bug und Heck am
Uferdamm verkeilt. Dann käme monatelang jeglicher
Schiffsverkehr zum Erliegen.«
»Tut mir leid, meine Herren, ich lasse nicht mit mir reden«,
sagte Olson lächelnd und entblößte eine nicht ganz vollständige
Reihe weißer Zähne. »Erst wenn wir das Schiff in unsere Gewalt
gebracht haben, werde ich gestatten, daß Sie und Mr. Giordino
sich an Bord begeben. Dann können Sie von mir aus loslegen
und den Koloß sicher vor Anker bringen, so daß er die
Flußschiffahrt nicht mehr gefährdet.«
»Wenn Sie nichts dagegen haben, General«, versetzte Pitt
kühl, »werden Al und ich selbst zusehen, wie wir an Bord
kommen.«
Olson nahm Pitts Worte zunächst gar nicht zur Kenntnis.
Seine braungrünen Augen waren in weite Ferne gerichtet. Er sah
aus wie ein alter Krieger, der seit zwanzig Jahren nicht mehr
zum Einsatz gekommen war und plötzlich wieder Pulverdampf
witterte. »Ich warne Sie, Mr. Pitt. Ich werde mir von Ihnen nicht
ins Handwerk pfuschen lassen. Sie werden sich an meine
Befehle halten.«
»Dürfte ich noch eine Frage stellen, General?« sagte
Giordino.
»Nur zu.«
»Was ist, wenn Ihre Leute das Schiff nicht in ihre Gewalt
bringen?«
»Ich habe vorsichtshalber einen Zug Panzer, zwei
Panzerhaubitzen und einen 106-Millimeter-Mörser auf
Selbstfahrlafette ein paar Meilen flußabwärts in Stellung
gebracht. Damit kann ich die United States jederzeit zu Klump
schießen.«
Pitt warf General Olson einen überaus skeptischen Blick zu,
äußerte sich aber nicht dazu.
»Wenn das alles war, meine Herren, werde ich mich jetzt um
die Angriffsvorbereitungen kümmern.« Damit begab er sich
wieder in sein Büro und schloß die Tür hinter sich - wie ein
Schulrektor, der soeben zwei unartige Buben abgekanzelt hat.
Damit wäre das Landemanöver der Nationalgarde schon mal
mächtig in die Hose gegangen, dachte Giordino spöttisch,
während er knapp fünfzehn Meter hinter Pitt dahinflog. Er
konnte sich lebhaft ausmalen, was für ein Kugelhagel sie
empfangen würde. Und zu allem Überdruß drohte ihnen auch
noch schwerer Beschuß durch die Kanonen der Nationalgarde,
Mitten in der Nacht auf einem Schiff zu landen, das ziemlich
hohe Fahrt machte, war alles andere als ein Kinderspiel, dachte
Pitt unterdessen. Entweder riskierten sie, daß sie sich die
Knochen brachen, oder sie holten es nicht ein. Denn da sie mit
ihren
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