Höllenflut
ausgeben, als ich damit verdiene.«
»Sie haben vermutlich recht«, sagte Pitt.
»Aber klar hab' ich recht«, knurrte Gallagher. »Ich bin in
jungen Jahren selber ein bißchen auf Schatzsuche gegangen. Hat
sich nie gelohnt. Sobald du einen Treffer landest, mußt du nicht
nur die Geier vom Staat abwimmeln, sondern auch die anderen
Schatzsucher, die wie die Heuschrecken über dein Wrack
herfallen. Nein, Mr. Pitt, meine Familie war mein ganzer
Reichtum. Ich hab' mir gedacht, lass' lieber die Finger davon.
Der Schatz läuft nicht weg. Wenn die Zeit dafür reif ist, hab' ich
immer gedacht, wird ihn schon jemand bergen und zum Wohl
der Menschen verwenden. Und damit hab' ich seither immer gut
leben können.«
»Es gibt nicht viele Menschen, die so denken wie Sie, Mr.
Gallagher«, sagte Pitt voller Hochachtung.
»Mein Sohn, wenn Sie einmal so alt sind wie ich, werden Sie
sehen, daß es viel Wichtigeres im Leben gibt als 'ne schicke
Jacht und 'n Privatjet.«
Pitt lächelte den alten Mann an. »Mr. Gallagher, Sie gefallen
mir.«
Ian nahm die Fische aus, und Katie bestand darauf, daß Dirk
und Julia mit ihnen zu Abend aßen. Sie boten ihnen auch an, daß
sie über Nacht bleiben könnten, doch Pitt wollte unbedingt nach
Manitowoc zurückkehren und Räumlichkeiten suchen, die sie
während der Such- und Bergungsaktion als Hauptquartier
benutzen konnten. Außerdem wollte er Sandecker anrufen und
ihm die Neuigkeiten berichten. Beim Abendessen unterhielten
sich die Frauen munter auf mandarin, während die Männer
allerlei Seemannsgarn spannen.
»War Kapitän Hunt ein guter Mann?«
»Einen besseren Seemann hat's nie gegeben.« Gallagher warf
einen bedrückten Blick durch das Fenster hinaus auf den See.
»Er ist nach wie vor da draußen. Ist mit dem Schiff
untergegangen. Ich hab' ihn im Ruderhaus stehen sehen, so
ruhig, als ob er drauf wartet, daß man ihm im Restaurant einen
Tisch zuweist.« Er wandte sich wieder Pitt zu. »Ich hab' gehört,
daß sich Leichen und Schiffe im Süßwasser ganz gut halten,
nicht wie im Meer, wo das Salz und die Viecher so gut wie
nichts übriglassen.«
Pitt nickte. »Vor nicht allzulanger Zeit haben Taucher einen
Wagen gehoben, der siebzig Jahre zuvor von einer Autofähre
gestürzt war und seither am Grund des Sees lag. Die Polster
waren noch in Ordnung, in den Reifen war noch Luft, und
nachdem man Motor und Vergaser getrocknet und das Öl
gewechselt hatte, hat man die Originalbatterie aufgeladen und
ihn wieder angelassen. Anschließend hat man ihn ins
Automobilmuseum nach Detroit gefahren.«
»Dann dürften die chinesischen Kunstschätze noch in ganz
gutem Zustand sein.«
»Der größte Teil, würde ich meinen, vor allem die Sachen aus
Bronze und Porzellan.«
»Was muß das für ein Anblick sein«, sagte Gallagher
wehmütig, »wenn vor einem all die alten Sachen am Grund des
Sees liegen.« Dann schüttelte er den Kopf. »Aber es würde mir
das Herz zerreißen, wenn ich die arme, alte Princess sähe.«
»Mag sein«, sagte Pitt. »Aber sie hat doch ein würdigeres
Ende gefunden, als wenn sie in Singapur abgewrackt worden
wäre.«
»Sie haben recht«, sagte Gallagher feierlich. »Sie hat ein
würdiges Ende gefunden.«
Nach dem Essen verabschiedeten sich Pitt und Julia von den
Gallaghers und suchten sich in Manitowoc eine gemütliche
Pension. Während sie auspackte, rief Pitt Sandecker an und
berichtete von ihrer Begegnung mit den Gallaghers.
»Wollen Sie damit etwa sagen«, rief Sandecker erstaunt, »daß
einer der größten Schätze der Welt seit über einem halben
Jahrhundert direkt vor unserer Nase liegt und Gallagher
niemandem was davon erzählt hat?«
»Die Gallaghers sind Leute ihres Schlags, Admiral. Die
gieren nicht nach immer mehr, ganz im Gegenteil zu Qin Shang.
Sie waren der Meinung, daß man das Wrack lieber in Frieden
ruhen lassen sollte, bis der richtige Zeitpunkt gekommen ist.«
»Sie sollten einen stattlichen Finderlohn erhalten.«
»Wenn sich die Regierung dankbar erweisen will, gewährt sie
ihnen vielleicht einen, aber ich bezweifle, daß die Gallaghers
das Angebot annehmen.«
»Unglaublich«, sagte Sandecker leise. »Die Gallaghers haben
mir den Glauben an die Menschheit wiedergegeben.«
»Da wir jetzt die genaue Lage wissen, werden wir ein
richtiges Such- und Erkundungsschiff brauchen.«
»Ich bin Ihnen weit voraus«, erwiderte Sandecker ruhig.
»Rudi hat bereits ein bestens ausgerüstetes Boot gechartert. Die
Besatzung ist derzeit von Kenosha
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