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Höllenflut

Höllenflut

Titel: Höllenflut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clive Cussler
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genaue
Schätzung, dachte Pitt, wenn man die Umstände bedenkt.
»Es ist auseinandergebrochen«, sagte Hall und deutete auf das
schwarzblaue Bild auf dem Monitor, zu dem sich alle, Giordino
eingeschlossen, vorbeugten. »Das rund sechzig Meter lange
Heckstück liegt etwa fünfundvierzig Meter vom übrigen Rumpf
entfernt. Dazwischen ist ein Trümmerfeld.«
»Der vordere Teil sieht aus, als ob er aufrecht steht«, fügte
Pitt hinzu.
»Meinst du wirklich, daß es die Princess Dou Wan ist?«
fragte Julia.
»Wir werden's genau wissen, sobald wir den Tauchroboter
unten haben.« Er wandte sich an Wilbanks. »Oder wollen Sie
damit bis morgen warten?«
»Wo wir schon mal da sind?« erwiderte Wilbanks lächelnd.
»Hat irgend jemand was dagegen, daß wir eine Nachtschicht
einlegen?«
Niemand erhob Einspruch. Pitt und Hall holten rasch das
Sonar und das Magnetometer ein, und nach kurzer Zeit hatten
sie den Benthos MiniRover an die handliche Fernsteuerung und
den Monitor angeschlossen. Das Gerät wog rund dreißig Kilo,
so daß es von zwei Mann über die Bordwand gehoben und zu
Wasser gelassen werden konnte. Langsam verschwanden die
hellen Halogenscheinwerfer des Tauchroboters, als er, nur noch
durch das Steuerungskabel mit der Diveraty verbunden, hinab in
die dunklen Tiefen des Michigansees fuhr. Wilbanks behielt
unterdessen das Satellitenortungssystem im Blick und ließ die
Diveraty gekonnt über dem Wrack treiben.
Der Abstieg auf hundertzwanzig Meter Tiefe dauerte nur ein
paar Minuten. Auf hundert Metern schwand das letzte Licht der
untergehenden Sonne. Hall hielt den MiniRover an, als der
Grund in Sicht kam. Er sah aus wie ein zusammengeknülltes
Laken aus grauem Schlick.
»Die Tiefe liegt hier bei hundertdreißig Metern«, sagte er,
während er den Tauchroboter in eine enge Schleife steuerte.
Plötzlich erfaßten die Scheinwerfer eine lange Stange, die wie
der riesige Fangarm eines Seeungeheuers wirkte.
»Was, zum Teufel, ist das?« murmelte Wilbanks und wandte
sich vom Bildschirm des Ortungsgeräts ab.
»Gehen Sie näher ran«, sagte Pitt zu Hall. »Ich glaube, wir
sind bei den Frachträumen im vorderen Teil des Rumpfes
angelangt. Das hier könnte der Ladebaum eines Krans auf dem
Vordeck sein.« Mit Hilfe der Fernsteuerung lotste Hall den
MiniRover langsam neben den Ladebaum, bis die Kamera den
Rumpf eines großen Schiffes erfaßte. Er steuerte den
Tauchroboter an der Seitenwand entlang in Richtung Bug, der
nach wie vor aufrecht stand, so als hätte sich das Schiff noch
immer nicht mit seinem Ende abgefunden. Kurz darauf kamen
die Umrisses des Schiffsnamens ins Bild. Es sah aus, als sei er
mit ungelenker Hand auf das weiße Schanzkleid der Back
gemalt worden, dicht hinter dem Anker, der nach wie vor in der
Klüse am schwarzgestrichenen Bug hing. Eine der Lettern
tauchte am Bildschirm auf.
Normalerweise, das erzählt einem jeder Arzt, ist man tot,
wenn das Herz nicht mehr schlägt. An Bord der Diveraty indes
waren alle quicklebendig, auch wenn sie das Gefühl hatten, ihr
Herz setzte ein paar Takte aus, als der Namen des gesunkenen
Schiffes unter der Kamera des MiniRovers vorbeiglitt. »Princess Yung Tai«, rief Giordino. »Wir haben sie!«
»Die Königin des Südchinesischen Meeres«, murmelte Julia
wie in Trance. »Sie wirkt so einsam und verlassen. Fast als ob
sie gebetet hätte, daß wir kommen.«
»Ich dachte, Sie suchen ein Schiff namens Princess Dou
Wan«, sagte Wilbanks.
»Das ist eine lange Geschichte«, erwiderte Pitt mit einem
breiten Grinsen. »Aber es handelt sich um ein und dasselbe
Schiff.« Er legte Hall die Hand auf die Schulter. »Fahren Sie
nach achtern, aber halten Sie mindestens drei Meter
Sicherheitsabstand, damit sich unser Verbindungskabel nicht
verheddert, sonst ist der Tauchroboter futsch.«
Hall nickte schweigend und betätigte den kleinen Joystick an
der Fernsteuerung, mit der er die Kamera bediente und den
MiniRover lenkte. Im Schein der Halogenlampen betrug die
Sicht gut fünfzehn Meter, und man konnte erkennen, daß sich
die Princess Dou Wan in den letzten zweiundfünfzig Jahren
kaum verändert hatte. Durch das Süßwasser und die große Tiefe
war sie weder verrostet, noch hatte sie Bewuchs angesetzt.
Die Aufbauten, die erstaunlich gut erhalten waren, tauchten
auf. Nur eine leichte Schlickschicht hatte sich auf dem Anstrich
abgelagert, der etwas stumpf geworden war, aber doch noch
überraschend frisch aussah. Die Princess Dou Wan wirkte wie
ein verwunschenes, seit langem verlassenes Haus,

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