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Hoellenglanz

Hoellenglanz

Titel: Hoellenglanz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kelley Armstrong
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solle sich hinsetzen. Er tat es. Er hatte keine Wahl. Dann gab ich seine Seele frei, stellte mir einen Austausch vor, keine Flucht. Ich saß im Schneidersitz auf dem Boden, die Augen geschlossen, den Anhänger auf dem Teppich, wenige Zentimeter von meiner Hand entfernt. Ich richtete meinen ganzen Willen darauf, dass es funktionieren würde. Bitte funktionier. Einfach nur …
    »Ah, das ist schon besser«, sagte der Wachmann. Sein verzerrtes Gemurmel hatte einem unheimlich melodischen Singsang Platz gemacht. Er räusperte sich. »Nein,
das
ist besser«, sagte er dann in seiner eigenen Stimme.
    Ich griff hastig nach dem Anhänger, und der Wachmann stieß ein mädchenhaftes Lachen aus. Seine Augen glühten orange. Er zwinkerte und ließ die Schultern kreisen, räusperte sich erneut, und das Lachen wurde tiefer. Seine Augen wurden schwarz, dann braun.
    »Komme ich damit durch?«, erkundigte sich die Quasi-Dämonin aus dem Körper des Wachmanns heraus.
    Ich hob die Waffe vom Boden auf.
    Die Quasi-Dämonin lachte. »Glaubst du wirklich, ich würde dich erschießen und mich selbst dazu verdammen, für alle Ewigkeit in dieser verwesenden sterblichen Hülle stecken zu bleiben? Ich bin genauso dein Sklave wie dieser Sterbliche, und ich kann dir versprechen, ich werde mit sehr viel weniger Wehleidigkeit gehorchen.«
    Ich stand auf, die Waffe noch in der Hand.
    »Ich würde vorschlagen, du behältst die«, sagte sie. »Aber du wirst wohl einen Ort finden müssen, wo du sie verstecken kannst.«
    Ich schob sie mir hinten in den Hosenbund. Jedes Mal, wenn ich das auf der Kinoleinwand gesehen hatte, hatte ich die Augen verdreht und gedacht: »Eine falsche Bewegung, und du schießt dich selbst in den Hintern.« Aber im Moment war es der einzige Ort, der mir einfiel.
    Als ich das Sweatshirt darüberzog, zitterten meine Finger. Ich holte tief Luft.
    »Ja, ich weiß«, sagte die Quasi-Dämonin. »Das war eine höchst unerfreuliche Erfahrung, aber wenigstens war er wütend auf dich.«
    Als ich sie fragend ansah, zogen sich ihre Augenbrauen in die Höhe. »Wäre es dir lieber, wenn er dankbar gewesen wäre? Glücklich darüber, zurückgerufen worden zu sein? Dich um ein paar letzte Minuten mit seiner Familie angefleht hätte?«
    So unrecht hatte sie da nicht. Ich zog das Sweatshirt ein letztes Mal nach unten und fuhr mir mit den Fingern durchs Haar.
    »Du siehst einfach fabelhaft aus, Liebes«, sagte sie und wedelte mit den Fingern zur Tür hin. »Sollen wir?« Sie hielt inne. »Und sollten wir das vielleicht noch mal versuchen?« Ihre Stimme wurde barsch. »Bist du so weit, Kleine?«
    Ich war so weit.

[home]
41
    W ie die Quasi-Dämonin gesagt hatte, saßen alle wichtigen Leute in einer Besprechung. Bei ihrer ausgeprägten Abneigung dagegen, die Existenz von Problemen zuzugeben, konnten wir hoffen, dass sie es nicht gerade eilig gehabt hatten, den anderen Wachmännern den Tod ihres Kollegen mitzuteilen. In diesem Fall würden die Leute, denen wir begegneten, es vielleicht auch nicht weiter merkwürdig finden, ihn Gefangene durchs Gebäude führen zu sehen.
    Es stellte sich heraus, dass die Gänge wie verlassen waren. Wir schafften es bis zum Büro der Sicherheitsleute, ohne jemanden zu sehen oder zu hören. Die Tür war nicht abgeschlossen. Die Quasi-Dämonin öffnete sie. Ein Mann saß mit dem Rücken zu uns und beobachtete die Bildschirme. Ich hielt mich hinter der Quasi-Dämonin, aber als der Mann sich umdrehte, sah ich genug, um einen Schreck zu bekommen. Es war der zweite der beiden Wachmänner, die uns zuvor beaufsichtigt hatten.
    Ich wich zurück, aus seinem Blickfeld heraus, und drückte mich draußen im Gang an die Wand.
    »Hey, Rob«, sagte die Quasi-Dämonin.
    »Nick?«, antwortete der andere Mann. Sein Stuhl scharrte über den Boden, als er hastig aufstand. »Ich hab gedacht …«
    »Ich auch«, sagte die Quasi-Dämonin. »Sieht so aus, als bräuchte es eben doch mehr als irgend so eine Hexenformel, um mich umzubringen. Weiß nicht, was für einen Hokuspokus der Schamane verwendet, aber es taugt was.«
    »Die haben den Schamanen geholt?« Der Mann atmete hörbar aus. »Hätte nicht gedacht, dass sie das machen. Dr. Fellows ist ja gut, aber …«
    »Eine schamanische Heilerin ist sie halt doch nicht. Ein erfreulicherer Anblick als der alte Schamane allerdings schon.«
    Sie lachten beide.
    »Jedenfalls, ich bin wieder im Dienst, und fast zu sterben reicht anscheinend nicht aus, dass ich mir die restliche Schicht schenken

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