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Hoellenglanz

Hoellenglanz

Titel: Hoellenglanz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kelley Armstrong
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ich bin mir sicher, das habe ich erwähnt. Ja, sie ist noch am Leben, aber das ist ein störendes Detail, das sich ohne weiteres beheben ließe. Sag dem Wachmann, dass du mit ihr reden willst, und bei dem Rest kann ich dich anleiten. Ihr den Hals zu brechen wäre die einfachste Methode, aber dafür bist du ein bisschen klein, also …«
    »Nein.«
    »Das bedeutet dann also zurück zu meinem ursprünglichen Vorschlag, nicht wahr?«
    Eine Minute später kniete ich auf dem Teppich und tat etwas, von dem ich mir geschworen hatte, es nie auch nur in Erwägung zu ziehen: Ich rief einen menschlichen Geist in seine Leiche zurück.
    Aber in diesem Augenblick sah ich keine andere Möglichkeit, um zu verhindern, dass ich nicht selbst zu einer Leiche wurde. Ich konzentrierte mich auf sein Gesicht in meiner Erinnerung und befahl ihm zurückzukommen.
    »Ein bisschen mehr noch«, murmelte die Quasi-Dämonin. »Ja, genau so. Und jetzt ruf ihn zu dir.«
    Ich tat es. Und wappnete mich für Entsetzensschreie.
    »Sie sind alle im Besprechungszimmer«, sagte die Quasi-Dämonin, als habe sie meine Gedanken gelesen. »Hol ihn einfach schnell hierher.«
    Eine Minute später klickte das Kartenschloss der Tür. Die Tür schwang auf. Und da stand der Wachmann, den Mrs. Enright ermordet hatte.
    Bis zu diesem Zeitpunkt war er für mich einfach »der Wachmann« gewesen. Ich kannte seinen Namen nicht. Wollte ihn auch gar nicht wissen. Es hatte mich Mühe gekostet, mir für die Beschwörung auch nur sein Gesicht ins Gedächtnis zu rufen. Er war nichts gewesen als ein anonymer Handlanger der Edison Group. Und jetzt, als ich mir nichts mehr wünschte, als ihn wieder so sehen zu können, sah ich stattdessen einen Mann. Jung. Kurzes braunes Haar. Sommersprossen. Ein paar Pickel auf der Nase. War er so viel älter als ich? Ich schluckte und machte den Fehler, den Blick zu seinen Augen zu heben. Braune Augen, dunkel vor Wut und Hass. Ich sah schleunigst fort und konzentrierte mich lieber auf den Kartenschlüssel, den er noch in der erhobenen Hand hielt. Schon wieder ein Fehler. An seiner Hand glitzerte ein Trauring.
    O Gott, er hatte eine Frau. Kinder? Vielleicht ein Baby? Eins, das ihn niemals …
    Ich kniff die Augen zu.
    Du hattest mit seinem Tod nichts zu tun.
    Aber ich hatte etwas getan, das mir genauso schlimm vorkam. Ich hatte ihn zurückgeholt. Und wenn ich ihm jetzt ins Gesicht blickte, dann sah ich ihm an, wie entsetzlich das war – sah den Hass, die Wut, den Ekel.
    »Schließ die Tür«, flüsterte die Quasi-Dämonin.
    Ich tat es.
    Der Wachmann beobachtete mich, die Augen verengt, die Karte immer noch erhoben, als könnte er sich nichts Schöneres vorstellen, als sie mir in den Hals zu schieben. Zuzusehen, wie ich daran erstickte.
    Als er sprach, kamen die Worte verzerrt heraus. »Was du auch von mir willst, ich tu’s nicht.«
    Die Quasi-Dämonin lachte leise. »Dann weißt du aber nicht viel über Nekromanten, vor allem über diese hier nicht«, sagte sie, obwohl er sie nicht hören konnte.
    »Ich will gar nichts«, sagte ich. »Es tut mir leid …«
    »Leid?« Er spuckte das Wort förmlich aus, während er einen Schritt in meine Richtung kam. Seine Jacke klaffte auseinander und gab den Blick auf ein verkohltes Loch in seiner Brust frei. Der Gestank von verbranntem Fleisch trieb mir entgegen. Ich würgte, und ein bitterer Geschmack stieg mir in den Mund. Er trat noch einen Schritt näher.
    »Halt«, sagte ich mit zitternder Stimme.
    Er blieb stehen und stand einfach da, spießte mich mit seinen brennenden Augen auf.
    »Ich würde ja vorschlagen, dass du die Schusswaffe nimmst«, sagte die Quasi-Dämonin. »Einfach sicherheitshalber.«
    Ich sah nach unten. Seine Finger lagen auf dem Griff seiner Pistole.
    »Beweg dich nicht«, sagte ich.
    Ich zog die Waffe heraus.
    »Du willst mich benutzen, um zu entkommen, richtig? Wirst du nicht. Du gehörst hier rein. Sie hatten recht. Ihr seid Monster. Ich hoffe, sie bringen euch alle um.« Er starrte mich wütend an. »Nein, stimmt nicht, ich hoffe, sie bringen euch nicht um. Ich hoffe, sie behalten euch da und experimentieren an euch rum. Pieken und schnippeln und testen, bis ihr euch wünscht, ihr wärt tot.«
    Vor einer Woche noch wäre mir bei diesen Worten ein kalter Schauer über den Rücken gelaufen. Aber jetzt würde ich mich von seinen Drohungen und Beschimpfungen nicht mehr einschüchtern lassen, und ich würde auch nicht vor dem zurückweichen, was ich zu tun hatte.
    Ich sagte ihm, er

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