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Hoellenglanz

Hoellenglanz

Titel: Hoellenglanz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kelley Armstrong
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vollkommen akzeptable Bitten wie die gerade eben, aber du hast ja ein paar von den anderen reden hören. Die meisten von diesen Geistern waren im Limbus. Dazu
verurteilt,
dort zu sein. Du kannst ihnen nicht helfen und willst es auch nicht, aber das wird sie nicht davon abhalten, dir Tag und Nacht auf den Fersen zu sein. Und deshalb musst du beides ignorieren – die Guten und die Bösen.«
    Ich sah in ihr Gesicht hinauf und sah dort einen Moment lang einen anderen Menschen, eine jüngere, traurigere Frau. Ich verstand plötzlich, dass das, was nach kalter Effizienz aussah, Selbstschutz war – die toughe, unsentimentale Nekromantin, die sich den Bitten der Toten gegenüber verschlossen hatte. War das mein Schicksal? Mich so sehr abzuhärten, bis ich in der Lage war, dieses Blatt Papier in den Mülleimer zu werfen und nie wieder einen Gedanken daran zu verschwenden? Ich wollte niemals so werden. Nie.
    »Alles okay?«, flüsterte Tori.
    Margaret hatte sich von uns entfernt, um die Asche der verbrannten Verbenenblätter auszuschütten. Tori berührte mich am Arm, und ich bemerkte, dass ich am ganzen Körper zitterte. Ich legte mir die Arme um den Körper. »Ich hätte einen Pullover mitbringen sollen.«
    »Es ist immer noch ziemlich kühl, wenn die Sonne mal weg ist, oder?«, sagte Margaret, als sie zu uns zurückkam.
    Sie hielt eine Tüte mit getrockneten Pflanzenteilen hoch.
    »Verbene«, erklärte sie. »Wenn wir wieder im Haus sind, gebe ich dir welche – du kannst sie offensichtlich brauchen.«
    Sie versuchte zu lächeln, aber sie war gründlich aus der Übung und brachte lediglich ein Verziehen der Lippen zustande.
    »Danke«, sagte ich und überraschte mich selbst damit, dass ich es ehrlich meinte.
    »Bist du imstande, noch ein bisschen zu arbeiten?«, fragte sie.
    Ich sah auf die Tüte in ihrer Hand hinunter, als wäre die ein Preis für eine gut abgelieferte Lektion, und so gern ich jetzt auch aufgehört hätte, der Teil von mir, der es allen recht machen wollte, platzte heraus: »Natürlich.«

[home]
12
    G eister zu beschwören, die gerufen werden wollen, ist einfach«, erklärte Margaret, »aber manchmal muss man auch mit einem Unwilligen reden. Wir versuchen, die Wünsche der Toten zu respektieren, aber du hast gerade selbst erlebt, wie wichtig es ist, in der Beziehung zwischen Nekromant und Geist die dominante Position zu behalten. Manche von ihnen sind wirklich der Meinung, wir existierten nur zu dem Zweck, ihnen zu helfen. Deswegen müssen wir sie schnell eines Besseren belehren. Beim Beschwören entschieden vorzugehen ist eine mögliche Methode, dir den entsprechenden Ruf zu verschaffen.«
    Margaret übernahm die Führung, als wir von Grab zu Grab gingen. Wir besuchten vier Geister und schwatzten jeweils eine Minute lang mit ihnen, bevor sie auf einen stieß, der offenbar nicht auf die Beschwörung reagieren wollte.
    Sie ließ es mich versuchen. Mir antwortete der Geist ebenso wenig.
    »Weißt du, wie man mehr Kraft in die Beschwörung legt?«, fragte Margaret.
    »Indem man sich stärker konzentriert?«
    »Genau das. Steigere die Konzentration langsam und richte sie zugleich präziser aus. Fang jetzt gleich damit an. Langsam, ganz allmählich …«
    Wir versuchten es eine Weile, aber Margaret wurde schließlich ungeduldig, weil ich die Energie so langsam hochdrehte. Schließlich spürte ich ein inneres Zucken, das mir unmissverständlich sagte: Es reicht. Ich teilte es ihr mit.
    Sie seufzte. »Ich verstehe, dass du nervös bist, Chloe. Wer das auch war, der diese Toten gerufen hat, es hat dir Angst gemacht.«
    »
Ich
habe diese Toten gerufen.«
    »Das ist unmöglich. Ja, du bist unverkennbar eine mächtige junge Nekromantin, aber ohne die entsprechenden Werkzeuge und Rituale kannst du es ganz einfach nicht tun. Und ich habe die Sachen nicht mal dabei.«
    »Aber was, wenn das nun eine von den Modifikationen ist, die sie vorgenommen haben? Es mir einfacher machen, die Toten zu rufen?«
    »Es gäbe doch absolut keinen Grund …«
    »Warum nicht?«, schaltete Tori sich ein. »Die Toten rufen zu können muss doch einen praktischen Nutzen haben.«
    Armeen von Toten,
dachte ich und versuchte mich nicht an die alten Bilder zu erinnern, die ich gesehen hatte – wahnsinnige Nekromanten, die Horden von Untoten anführten.
    »In Ordnung«, sagte Margaret. »Ihr Mädchen macht euch Sorgen, weil ihr nicht wisst, was mit euch angestellt wurde. Aber die einzige Methode, diese Furcht zu überwinden, ist es, das

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