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Hoellenglanz

Hoellenglanz

Titel: Hoellenglanz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kelley Armstrong
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Augen flackerten, ihre Hände streckten sich nach mir aus, ihre Stimmen hoben sich, schrieen, fauchten, forderten.
    Der dickliche Mann baute sich vor mir auf. »Steh nicht einfach da rum, du dumme Göre. Das hier ist deine Aufgabe. Deine Pflicht. Den Toten helfen.« Er senkte den Kopf zu mir herunter, bis unsere Gesichter sich fast berührten. Seins war wieder violett und geschwollen. »Also fang gefälligst an damit.«
    »Das werden wir auch«, sagte eine Stimme irgendwo links von mir.
    Ich drehte mich um. Der Pulk aus Geistern teilte sich. Dort stand Margaret, eine Untertasse mit getrockneten Pflanzen in einer Hand, ein brennendes Streichholz in der anderen.
    »Ihr macht dem Mädchen Angst«, sagte sie ruhig. »Kommt her und redet stattdessen mit mir. Ich kann euch helfen.«
    Die Geister stürzten auf sie zu. Dann begannen sie zu schreien. Sie heulten. Sie fluchten. Und ganz langsam verblassten sie, kämpften und wehrten sich und fluchten lauter, aber sie wurden blasser und blasser, bis nur noch Margaret dort stand und Rauch der brennenden Pflanzenteile von der Untertasse aufstieg.
    »Was ist das?«, fragte ich.
    »Verbene. Sie bannt Geister. Die meisten davon jedenfalls – es ist immer ein ganz besonders Hartnäckiger dabei«, sagte sie und marschierte an mir vorbei.
    Ich drehte mich um und sah einen großväterlich wirkenden alten Mann vor ihr zurückweichen.
    »Nein, bitte«, sagte er. »Ich habe das Mädchen nicht bedrängt. Ich habe gewartet, bis ich an die Reihe komme.«
    Margaret blieb nicht stehen. Tori ging ihr hastig aus dem Weg und sah sich dabei verwirrt um. Sie sah und hörte niemanden außer uns beiden.
    »Bitte«, sagte der Mann. »Dies könnte meine einzige Chance sein. Es ist bloß eine Nachricht.«
    Er sah an Margaret vorbei zu mir herüber, und ich sah Tränen in seinen Augen glänzen. »Bitte, Liebes – nur einen Moment von deiner Zeit.«
    Ein übles, unheimliches Gefühl durchströmte mich. Es kam mir so falsch vor – ein erwachsener Mann, der mich um einen Gefallen anflehte.
    »Warte«, bat ich Margaret. »Kann ich mir anhören, was er mir sagen will? Bitte? Er gehört nicht zu denen, die mir Angst machen wollten.«
    Margaret zögerte. Dann gab sie dem Mann ein Zeichen, er solle weitersprechen.
    Er nahm sich einen Moment Zeit, um sich zu fassen, und sagte dann: »Ich bin vor zwei Jahren gestorben. Ich bin in meinem Auto eingeschlafen und über eine Felskante gefahren. Das Auto ist nie gefunden worden, und sie haben gesagt … sie haben gesagt, ich hätte mich davongemacht, meine Frau, meine Kinder, meine Enkel verlassen. Ich möchte nichts weiter, als dass du ihnen einen Brief schickst. Sag ihnen einfach nur, wo das Auto liegt.«
    »Das muss ich mir aufschreiben«, sagte ich, zu Margaret gewandt. Ich war mir sicher, dass sie Stift und Papier im Auto hatte. Sogar ein Handy hätte es getan, aber sie schüttelte den Kopf.
    »Moment«, sagte Tori. Sie zerrte ein paar zusammengefaltete Blätter und einen Kugelschreiber aus der Tasche. »Ich wollte eine Liste machen, Zeug, das wir brauchen. Andrew hat gesagt, jemand würde später für uns einkaufen gehen.«
    Ich notierte mir die Adresse der Ehefrau und den Ort, wo das Auto abgestürzt war. Die Angaben sagten mir nichts – Straßen und Orientierungspunkte, die ich nicht kannte –, aber der Geist sagte, seine Frau würde es verstehen. Er bat mich, eine kleine Nachricht von ihm hinzuzufügen: dass er sie liebte und sie niemals verlassen hätte.
    »Sie wird vielleicht nicht glauben, dass ich eine Botschaft aus dem Jenseits geschickt habe, aber nachsehen wird sie trotzdem. Und jetzt werde ich deine Zeit nicht länger in Anspruch nehmen. Danke.«
    Bevor ich ein Wort sagen konnte, verschwand er.
    »Das war ja mal cool«, sagte Tori, während sie den Stift und das übrige Papier zurücknahm.
    Als ich das Blatt mit den Angaben zusammenfaltete, streckte Margaret die Hand danach aus.
    Ich reichte es ihr. »Wir sollten es von irgendwo weit weg von hier verschicken, oder? Einfach zur Sicherheit.«
    »Wir werden es überhaupt nicht verschicken.«
    »Was?«, fragten Tori und ich im Chor.
    »Du darfst einem Geist niemals versprechen, eine Nachricht weiterzugeben, Chloe.
Niemals.
«
    »Aber …«
    Ihre Hand schloss sich um meinen Unterarm, aber ihre Stimme wurde sanfter. »Du
kannst
nicht. Wenn du es tust, dann ist das, was du heute gesehen hast, erst der Anfang. Es wird sich herumsprechen, dass du willens bist zu helfen, und es gibt zwar einerseits

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