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Höllenherz / Roman

Höllenherz / Roman

Titel: Höllenherz / Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sharon Ashwood
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leisten. Und falls irgendwelche Verbrecher eingedrungen sein sollten – nun, sie hatte nur ein leichtes Abendessen zu sich genommen.
    Sie lief an Nummer fünfzehn-null-acht, fünfzehn-zehn und fünfzehn-zwölf vorbei. Auf dem weichen grünen Teppich verursachten ihre hochhackigen Stiefel keinerlei Geräusch. Fünfzehn-vierzehn, fünfzehn-sechzehn. An jeder Tür blieb sie stehen und lauschte. Hier und da murmelte ein Fernseher. Keine Laute von einem angreifenden Raubtier.
    Fünfzehn-zwanzig, fünfzehn-zweiundzwanzig. Der Geruch kam aus Nummer fünfzehn-vierundzwanzig am Ende des Korridors.
Oh. Oh!
    Fünfzehn-vierundzwanzig war ihre Wohnung.
Michelle!
    Sie griff nach dem kühlen Metall des Türknaufs und drehte. Es war nicht abgeschlossen. Die Tür schwang nach innen auf, und der Todesgeruch überrollte Talia in einer gewaltigen Welle. Diese vertraute Note ließ ihr Herz schneller schlagen, doch sie verdrängte sie und weigerte sich, zu glauben, dass dieser Duft sie an ihre Cousine erinnerte.
    Instinktiv erstarrte sie und horchte. Es war kein Herzschlag zu hören, aber das musste nicht viel heißen. Eine Menge Dinge, einschließlich sie selbst, hatten keinen Puls. Mit der linken Hand stieß sie die Tür vollständig auf. Vom Eingang blickte man direkt ins Wohnzimmer, wo ein großes Panoramafenster freien Blick auf die Lichter der Stadt bot. Für eine Vampirin war das reichlich Licht.
    »Michelle?«, sagte sie leise.
Hier ist niemand. Sie muss weggegangen sein.
    Etwas anderes konnte, wollte Talia nicht glauben. Sie steckte ihr Handy zurück in die Tasche und stellte sie mitsamt der Einkaufstasche ab.
Reiß dich zusammen!
Doch ihre Hände zitterten so sehr, dass sie Fäuste machen musste, um es zu unterbinden.
    Talia ließ die Tür hinter sich offen, als sie auf Zehenspitzen weiter in die Wohnung schlich. Seit zwei Monaten wohnte sie hier, und dennoch fühlte sich alles plötzlich fremd an: die Lampen, die Tische, der rosa Porzellanpudel mit dem Wackelkopf, der so hässlich war, dass er schon wieder niedlich wirkte. Ebenso gut hätte es sich bei all diesen Dingen um Gesteinsbrocken von einem anderen Planeten handeln können. Nichts kam Talia richtig vor.
    Ihr Stiefel stieß gegen etwas. Talia sprang zurück, und ihr totes Herz schlug ein Mal vor Angst. Sie starrte nach unten, bemüht, der Form dort einen Sinn zuzuordnen. Ein Koffer. Einer von diesen mit herausziehbarem Griff und Rollen. Groß und leuchtend rot.
    Das war Michelles Koffer.
    »Michelle?« Diesmal wollte Talia rufen, brachte jedoch nur ein Flüstern heraus. »Was ist hier los?«
    Sie tastete nach dem Lichtschalter an der Wand, weil sie unbedingt viel Helligkeit wollte. Die beiden Lampen links und rechts von der Couch erstrahlten in warmem Licht.
    O Gott!
    Ihr drehte sich der Magen um. Jetzt konnte sie das ganze rote, tiefrote Blut sehen. Es war in hohen Bögen an die Wände gesprüht, hatte die Möbel mit abertausenden Flecken übersät, als hätte hier ein Maler einen Jackson-Pollock-Anfall gehabt. Talia erschauderte, als der Teppich unter ihr vor Nässe quatschte.
    Bei diesem Geruch hätte selbst ein Werwolf gewürgt.
    Benommen registrierte sie, dass die Bücherregale umgeworfen waren. Es hatte ein Kampf stattgefunden.
    »Michelle?« Ihre Stimme klang winzig, kindlich. Talia machte noch einen Schritt, und nun überblickte sie das ganze Wohnzimmer.
O Gott!
    Auf einmal konnte sie kaum noch stehen, musste sich an der Wand abstützen, damit sie nicht umkippte.
    Ihre Cousine, groß und elegant in ihrer marineblauen Hostessenuniform, lag auf der Seite zwischen Sofa und Couchtisch. Tropfen getrockneten Blutes ließen ihre Haut blass erscheinen. Unter dem Gewirr von dunklem Haar machte Talia die Gesichtszüge aus, die sie so gut wie ihre eigenen kannte: hohe Stirn, Sommersprossen auf der Nase, der eine Mundwinkel leicht nach oben gebogen, jederzeit bereit, zu lächeln. Mit nur einem Jahr Altersunterschied hatten sie beide immer wie Zwillinge ausgesehen, nicht wie Cousinen.
    Sie sahen sich auch jetzt noch sehr ähnlich, nur dass Michelles Kopf einen Meter vom Rest ihres Körpers entfernt lag.
    Talias Lider flatterten zu, als es um sie herum stockfinster wurde.
    Geköpft.
    Talias Hand rutschte von der Wand, und sie begann, zu Boden zu sinken. Auf den nassen roten Boden. Ihr wurde speiübel, so dass sie in die Küche torkelte und sich in die Spüle übergab. Sie hatte sich vorhin genährt, aber nur mäßig, und außer einem dünnen Rinnsal Flüssigkeit kam nichts

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