Höllenherz / Roman
herausfinden wollte, wie viel die Cops preisgeben würden.
»Unwichtig. Gehen Sie!«
»Warte mal!« Einer der anderen Polizisten drehte sich um, und zu Lors Verdruss entpuppte er sich als Baines.
Baines hakte einen Daumen hinter seinen Gürtel und schritt mit misstrauischem Blick auf Lor zu. Seine Gesichtszüge sahen aus, als hätte jemand sie aus versteinertem Holz geschnitzt. »Okay, ich weiß zwar nicht, ob ich die Antwort hören will, aber ich frage trotzdem: Warum treffe ich Sie in einer Nacht an zwei verschiedenen Tatorten?«
»Ich wohne hier.«
Baines stutzte und musste sichtlich überlegen. »Ein Höllenhund? Hier? Dieses Apartmenthaus ist so rein menschlich, menschlicher geht’s eigentlich kaum.«
»Ich habe die Wohnung von einem Freund gemietet.« Der ein Dämon war, aber das war eine andere Geschichte.
»Interessant.«
»Ich zahle meine Miete und die Nebenkosten, stelle den Fernseher nicht zu laut und helfe den alten Damen mit ihrer Weihnachtsbeleuchtung. Es hat sich noch niemand beschwert.« Lor sprach mit Absicht ein wenig verärgert.
Baines war wieder ganz Cop. »Aha. Bei mir brauchen Sie nicht die Armes-kleines-Monster-Karte auszuspielen. Wenn ein Typ gern Teilzeit auf vier Beinen rumläuft, warum sollte uns Cops das scheren? Falls derselbe Typ aber ein abgetrenntes Bein zwischen den Zähnen herumschleppt, dann merke ich auf.«
Lor fühlte, wie er verwundert die Brauen hochzog. Eine solche Einstellung bei einem Polizisten war ihm neu, und sie gefiel ihm.
Der Detective blieb vollkommen ungerührt. »Was bringt Sie in diese Etage?«
»Ich habe die Sirenen gehört und war neugierig, was los ist.«
Baines klappte seinen Notizblock auf und blätterte zu einer freien Seite. »In dieser Wohnung leben zwei Frauen. Kennen Sie eine oder beide?«
»Ich weiß, dass die eine Michelle heißt.« Er sagte die Wahrheit, doch er musste ja nicht gleich alles sagen.
»Michelle Faulkner wurde heute Nacht ermordet. Bei ihr wohnte noch jemand, eine Talia Rostova. Sie sieht Faulkner zum Verwechseln ähnlich, jedenfalls dem Führerscheinbild nach. Wer ist sie, abgesehen davon, dass sie eine Vampirin ist?«
Talia Rostova.
So also heißt sie. Der Name stieg Lor zu Kopf wie ein exotischer Cocktail. »Eine Cousine, glaube ich. Aber sicher weiß ich es nicht.«
»Haben sie irgendwelche Besucher?«
»Ich habe keine gesehen, allerdings wohne ich auch im fünften Stock.«
»Irgendeine Ahnung, wo Talia jetzt sein könnte?«
Lor zögerte, weil er überlegen musste, wie er der direkten Frage auswich. Baines betrachtete ihn skeptisch.
»Hey, Baines!«, rief ihn einer der anderen. »Da ist was an die Wand gemalt. Sieht aus wie ein beschissenes Gang-Logo.«
»Macht Fotos!«, wies Baines den anderen an. »Und frag im Büro, ob einer von der Sitte es kennt. Auch wenn die keinen Schimmer von Übernatürlichengangs haben.« Er wandte sich wieder zu Lor. »Gibt es Ärger unter den Spookytown-Gangs?«
»Die Dark-Hand-Gang hat versucht, Fairview zu infiltrieren. Das ist ihnen nicht gelungen.« Unter Caravellis Leitung hatten die Höllenhunde kurzen Prozess mit den Vampiren gemacht.
Baines schnaubte. »Ja, ich erinnere mich.«
Das war Lors Chance, noch einmal in die Wohnung zu kommen, bevor alle Geruchsspuren zertrampelt waren. Er hatte sich nicht näher umsehen können, bevor Talia aus der Küche gerannt kam. »Vielleicht erkenne ich die Zeichnung. Ich kenne die Gegend und die Leute hier.«
»Dies ist ein Tatort. Und Sie sind kein Cop.«
Lor fühlte sein Misstrauen körperlich. Er zuckte mit den Schultern und verzog keine Miene. »Sie haben das Sagen, aber ich könnte etwas sehen, das Ihnen entgangen ist.«
Und ich habe die Verdächtige, die Sie wollen, an mein Bett gekettet.
Interessant war indessen, dass Baines sich bei seiner Ermittlung nicht gleich auf die vampirische Mitbewohnerin festlegte. Auf jeden Fall besserte es Lors Meinung von dem Mann.
Der Detective schaute ihn an, und für einen Moment spürte Lor hinter aller Verdrossenheit eine Menge Neugierde. »Als da wäre?«
»Wenn Sie es mit Graffiti zu tun haben, kann ich helfen. Vampire haben ein Faible für Zeichen und Symbole. Wissen Sie, welche Vampire zu welchem Clan gehören und welcher Monarch wen als seine Untertanen beansprucht?«
Baines tat dies mit einem Achselzucken ab. »Ich weiß, dass Queen Omara von allen Vampiren, die hier leben, Loyalität verlangt.«
»Es gibt Dinge, von denen sie nichts weiß.«
»Und Sie aber schon?«
Wieder huschte
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