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Höllenherz / Roman

Höllenherz / Roman

Titel: Höllenherz / Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sharon Ashwood
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sagte Lor. »Und ich dachte immer, der soll Spaß machen.«
    »Das hier ist gar nichts«, entgegnete Joe. »Du solltest erst mal den Kaukasus im Januar sehen.«
    »Was ist das?«
    »Ein Gebirge am Schwarzen Meer. Der schönste Ort der Welt.«
    Lor warf Joe einen Blick zu, doch der Barkeeper schnitt weiter Limonen in Scheiben, wobei jeder Schnitt schnell und exakt ausgeführt wurde. Sie sahen ungefähr gleich alt aus, doch Joe – Josef – war ein verfluchter Unsterblicher, teils Vampir, teils Werwesen. Trotzdem erschien er wie ein gesunder junger Mann Anfang dreißig und hatte keinerlei Probleme mit Sonnenlicht. Er war ein Burginsasse gewesen und einige Jahre vor Lor entkommen.
    »Warum bist du nicht in dein Heimatland zurückgekehrt?«, fragte Lor.
    Joe bedachte ihn mit einem frostigen Lächeln – dasselbe, das er Frauen gegenüber einsetzte, die ins Empire Hotel kamen und denen er signalisieren wollte, er wäre »zwar verdammt, aber eindeutig verfügbar«. Und ausnahmslos schlabberten sie seine charmanten Bemerkungen auf wie verhungernde Katzen einen Eimer Rahm. Lor fragte sich schon immer, ob Joe genauso gierig an ihnen schlabberte.
    Der Barkeeper schob die Limonenscheiben mit dem Messerrücken in eine Metallschale. »Sie haben meine frühere Herrin in Trencsén nicht vergessen. Sollten sie herauskriegen, dass ich zu ihrem Haushalt gehörte, ende ich entweder als Touristenattraktion oder als Bettvorleger.«
    Lor hatte die Geschichten von der ungarischen Prinzessin gehört, die Joe
ecsedi Báthory Erzsébet
nannte. Elizabeth Bathory, die Blutgräfin. Der Legende nach badete sie im Blut von Jungfrauen, was jedoch mehr auf Hysterie als auf Fakten basierte. Wahrscheinlich hatte sie bloß an ihnen geknabbert.
    »Außerdem«, fuhr Joe achselzuckend fort, »habe ich hier Freunde, Möglichkeiten. Ich bin jetzt Unternehmer.«
    Lor folgte Joes Blick, der über den Bar- und Restaurantbereich schweifte. Dunkle Holzvertäfelungen an den Wänden und samtige Polster. Die mit aufwendigen Drechslerarbeiten verzierte Bar erstreckte sich über eine ganze Wand, und die verspiegelten Wandregale dahinter waren ein handwerkliches Meisterstück. Lor kannte jeden Zentimeter der antiken Eichenschnitzereien, hatte er sie doch selbst restauriert.
    »Anscheinend laufen die Geschäfte gut«, stellte Lor fest. »Es sind nur wenige Tische frei.«
    »Na ja, ich habe geöffnet. Wegen des Schnees haben viele geschlossen.« Joe füllte ihm Kaffee nach. »Was bringt dich her?«
    »Ich bin hier verabredet.« Unterwegs hatte er ein paar Leute angerufen. Nach menschlichen Maßstäben war es eine unübliche Zeit für Verabredungen, aber manche Leute waren nur mitten in der Nacht zu erreichen.
    »Dann such dir lieber gleich einen Tisch.«
    Joe wandte sich ab, um ein Werwesenpaar zu bedienen, das auf ein Bier hereingekommen war. Lor glitt vom Barhocker und ging auf einen leeren Tisch hinten in der Ecke zu. Die Kundschaft war sehr gemischt, menschlich wie übernatürlich. Seit Joe das Lokal übernommen hatte, versuchte er, ein gehobenes Publikum anzulocken, und es schien zu funktionieren.
    Lor fragte sich, woher er das Geld hatte. Erst wenige Jahre zuvor hatte er als mittelloser Kellner angefangen. Noch so etwas an Joe, das jede Menge Fragen aufwarf.
    Auf halbem Weg durch das Lokal nahm Lor einen bekannten Duft wahr. Er blieb so plötzlich stehen, dass der Kaffee in seiner Tasse überschwappte und ihm die Hand verbrühte. Er ignorierte den Schmerz, wandte sich um und suchte nach dem männlichen Vampir, der im Treppenaufgang seines Hauses gewesen war.
    Und erkannte ihn sofort. Drei Gestalten saßen um einen Holztisch, zwei Männer und eine Frau, deren Haut so dunkel war, dass sie tatsächlich das Adjektiv »schwarz« verdiente. Bei ihnen allen handelte es sich um Krieger, was Lor zwar auch an ihren eindrucksvollen Muskeln erkannte, mehr noch indessen an ihrer Körperhaltung. Ihre Waffen waren nicht zu sehen, doch ihre Hände hielten sie eindeutig in der Nähe von Gürteln, Stiefeln und weiten Ärmeln – sämtlichst Stellen, an denen Lor gewöhnlich seine Messer verstaute. Diese drei jedenfalls könnten Ärger bedeuten.
    Zudem waren sie Vampire.
    Seine Nase machte den größeren der beiden Männer als denjenigen aus, der sich in seinem Haus aufgehalten hatte. Er war groß, massig, mit harten Gesichtszügen und sandte Schwingungen aus, die jedes andere männliche Wesen auf Abstand halten sollten. Sein Haar war sehr kurz geschnitten, und ausgefallene

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