Höllenherz / Roman
bitte einfach in Ruhe!«
Sie vermittelte wirklich den Eindruck, als würde sie gleich umkippen. Und leider bekäme er kaum ein Geständnis, wenn er sie nochmals küsste.
»Wenn du mir eine Frage beantwortest.«
»Welche?« Sie blinzelte zu ihm auf. Ihre Erschöpfung stand ihr förmlich ins Gesicht geschrieben. Vampire waren physisch sehr belastbar, aber sie machten dieselben emotionalen Gewitter durch wie jeder andere.
»Warum lässt du dir nicht von mir helfen?«
Sie seufzte matt. »Weil du genau wie jeder andere Mann bist, den ich kenne. Du bist erst froh, wenn du mich hinter Schloss und Riegel hast.«
»Hübscher Versuch, mir Schuldgefühle einzuflüstern. Ich kann dich nicht gehen lassen.«
»Weil du mir nicht traust.« Sie legte sich aufs Bett und schirmte ihre Augen mit dem Unterarm ab. »Ich kann jemandem, der mich einsperrt, nicht trauen. Das ist eine Frage des Prinzips.«
»Womit wir in einer Pattsituation wären.«
»Schließ mich ruhig ein, wenn du gehst. Ich freue mich schon darauf, die Teppichfäden nachzuzählen. Übrigens solltest du mal ein paar Bilder aufhängen. Ist dir nie aufgefallen, wie langweilig dein Schlafzimmer ist?«
Lor zog eine Braue hoch. »
Diesen
schlafenden Hund würde ich nicht wecken.«
Eine Sekunde verstrich. »Na toll! Jetzt habe ich Bilder im Kopf, auf die ich wirklich hätte verzichten können!«
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12
L or brachte Schutzzauber am Fenster und an der Tür an, wobei er die Macht über Eingänge nutzte, die Höllenhunden gegeben war. Die Zauber würden Talia drinnen und jeden anderen draußen halten. Er fürchtete, dass die Polizei von Tür zu Tür ginge und jeden befragte, deshalb versah er auch die Wohnungstür mit einem Schutzzauber, allerdings mit einem, der Leute dazu brachte, einfach vorbeizugehen. Es war schließlich nicht sinnvoll, die örtliche Polizei gegen sich aufzubringen.
Der Nachteil beim Gebrauch von Magie bestand darin, dass andere Magiebegabte sie sofort erkannten. Deshalb waren Handschellen, so primitiv sie auch sein mochten, die bessere Wahl. Nur konnte Lor sich nicht dazu bringen, sie Talia wieder anzulegen. Überdies war er mittlerweile noch weniger überzeugt, dass sie eine Mörderin war, wohingegen er sich absolut sicher war, dass sie in gewaltigen Schwierigkeiten steckte – und das schon seit langem. Den Kummer, den er in ihren Augen gesehen hatte, kannte er. Dazu brauchte es mehr als eine Tragödie. Vielmehr entstand er in Jahren emotionalen Schmerzes.
Es gab Leute, die Außergewöhnliches geleistet hatten, um seine Lebensumstände zu verbessern, und das aus keinem anderen Grund als dem, dass sie es konnten: Constance Moore, Perry Baker, Alessandro Caravelli und Mac, der Feuerdämon, der ihm geholfen hatte, die Hunde aus der Hölle zu retten. Talia brauchte jemanden, der ihr half, ob sie Lor traute oder nicht. Wie konnte er sie gehen lassen, ehe er sich davon überzeugt hatte, dass sie sicher war? Und gehörte es nicht zu den Aufgaben eines Deputys, eine Unschuldige zu entlasten?
Die Tatsache, dass er Talia wiederholt sehr wenig mit den Augen eines Sheriffs betrachtete – und behandelte –, hatte nichts mit seinem Beschützerinstinkt zu tun. Ganz und gar nichts. Und auch nichts mit dem Umstand, dass ihn diese gebogene Linie ihres Munds verrückt machte.
Zwanzig Minuten später trat Lor sich die Füße ab, als er die schwere Eichentür zum Restaurant des Empire Hotels aufschob. Ein Schwall von Hitze und plappernden Stimmen prallte gegen die eisige Luft, die ihn umgab. Es dauerte ein wenig, bis er sich den Schnee aus den Wimpern geblinzelt hatte. Weihnachtslichterketten in Rot und Grün hingen noch an den Decken, und Tannengirlanden verzierten die Wände. Die Fenster waren frostverschleiert. Lor klopfte sich die letzten schmelzenden Flocken von der Jacke und begab sich ins Dämmerlicht.
»Winter ist Mist. Können Halbdämonen eigentlich Frostbeulen kriegen?«, fragte er den Mann hinter der Bar.
»Verrat du’s mir!«, antwortete Joe. »Es schneit echt wie bekloppt. Läuft dein Truck noch?«
»Noch gerade so. Wenn das so weitergeht, ist der Parkplatz bei meiner Wohnung bis zum Vormittag komplett eingeschneit.«
Joe stellte einen Becher schwarzen Kaffee auf den Tresen und schüttete einen Schuss Brandy hinein. Lor rutschte auf einen der Barhocker und stellte seine Füße auf der schimmernden Messingreling unten an der Theke ab. Dankbar umfing er den warmen Becher mit beiden Händen und sog den Brandyduft ein.
»Schnee nervt«,
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