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Höllenhund

Höllenhund

Titel: Höllenhund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Herbert
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mich bei all dem Lärm der anderen Kinder zu beruhigen, redete auf mich ein, ich solle keine Angst haben. Aber mein Bewusstsein war von einem Gedanken wie gelähmt: Ich war ein Mann! Weshalb lebte ich als Hund?
    Dann löste sich die Lähmung, als die Erkenntnis wieder in ihre verborgene Spalte zurückrutschte und ich aufs Neue nur ein Hund war. (Obwohl mich in jenen ersten Monaten die beunruhigende Tatsache, dass ich in Wirklichkeit ein Mann war, nie verließ, weil der Konflikt, der darin bestand, dass ich gleichzeitig ein Hund war, immer wieder unterschiedliche Bedeutung hatte, je nachdem, wie menschlich ich mich gerade fühlte.)
    Mein Schwanz begann wieder zu wedeln, und ich nahm dankbar weitere Süßigkeiten an. Die Kinder machten sich an mir zu schaffen und versuchten meinen Namen herauszufinden, indem sie alle möglichen Namen riefen und abwarteten, ob ich auf irgendeinen reagierte. Ich hätte mich, selbst wenn mein Leben davon abgehangen hätte, nicht daran erinnern können, wie man mich vorher genannt hatte, und die Jungs fanden auf meinem Halsband auch nichts. Rover, King, Rex, Kackegesicht (Kackegesicht! Was für ein kleines Monstrum hatte ihn erfunden?) - ich strahlte sie alle an. Namen bedeuteten mir nichts, so ist das bei allen Hunden — sie erkennen nur bestimmte Laute. Ich war einfach glücklich darüber, unter Freunden zu sein.
    Ein scharfer Pfiff schrillte durch meine Ohren, und ein lautes Stöhnen ging durch die Kinderschar. Widerstrebend und erst nach ein paar weiteren Pfiffen wandten sie sich ab und verließen mich; meine Schultern pressten sich gegen das Gitter, weil ich ihnen folgen wollte. Das Mädchen mit dem Sonnenschein im Haar blieb bis zum Schluss und drückte mich ein letztes Mal am Hals, ehe es ging. Ich wuffte ihnen nach, sie sollten nicht gehen, aber sie standen in Reihen da, den Rücken mir zugewandt, und warfen gelegentlich einen Blick nach hinten, und ihre Schultern zuckten vom unterdrückten Kichern. Dann zogen sie Reihe für Reihe in ein jämmerliches graues Gebäude, und die Tür schloss sich hinter den letzten von ihnen.
    Ich starrte mit glasigen Augen auf den leeren Schulhof, betrübt darüber, meine neuen Freunde verloren zu haben. Ich grinste und richtete mich auf, als an den Fenstern im Obergeschoß kleine weiße Gesichter auftauchten. Aber gleich darauf erschien dahinter das ältere runzelige Gesicht eines Lehrers, dessen schroffe Stimme über den Hof hallte und die Schüler aufforderte, zu ihren Plätzen zurückzukehren. Ein Junge, der langsamer als die anderen war, wurde am Ohr gezogen. Ich blieb noch ein paar hoffnungsvolle Minuten, aber schließlich zog ich traurig den Kopf aus dem Gitter.
    Hunde haben gewöhnlich ein fröhliches Gemüt, und die meisten Empfindungen werden ohnehin der Neugierde geopfert. So vergaß ich meine Enttäuschung, als ein alter Mann auf einem Fahrrad vorbeikam, der eine Einkaufstasche an der Lenkstange hängen hatte, und trottete hinter ihm her. Ich konnte ein dickes Blatt aus einem Loch ganz unten in seiner Einkaufstasche vorstehen sehen. Wahrscheinlich war es Rhabarber; es hatte einen süßen, würzigen Geruch und wirkte sehr appetitlich. Ich holte ihn bald ein, denn er war ziemlich alt und radelte sehr langsam, und ehe er es bemerkte, sprang ich an dem verlockenden Blatt hoch. Ich hatte gleichzeitig Glück und Unglück.
    Ich zog das Blatt und den Stiel dahinter durch das Loch, aber der plötzliche Ruck nahm dem Radfahrer sein Gleichgewicht, und er krachte mit seinem Fahrrad auf mich herunter. Das nahm mir den Atem, so dass mein schmerzvolles Aufjaulen nur zu einem halbunterdrückten Quietschen wurde. Ich japste nach Luft und versuchte mich bei dem alten Mann dafür zu entschuldigen, dass ich ihn zu Fall gebracht hatte, brachte aber natürlich nur ein paar jämmerliche Grunzlaute hervor, die er nicht verstand. Er schlug mit den Armen um sich, versuchte mich zu schlagen, machte nicht einmal den Versuch, mit meinem Hunger Mitgefühl zu empfinden, fluchte und stöhnte, als hätte ein Bulle ihn auf ein Nagelbett geschleudert. Dabei hatte ich seinen Fall sogar etwas abgebremst!
    Hierzubleiben hatte keinen Sinn, denn er war nicht in der Stimmung, mir zu essen anzubieten, also versuchte ich mich aus dem Gewirr zu befreien, das Mann und Fahrrad bildeten. Ein paar heftige Schläge, die er mir verpasste, halfen mir dabei beträchtlich, und ich stellte entzückt fest, dass der Inhalt der Einkaufstasche sich über das Pflaster verteilt hatte. Ich

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