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Höllenhund

Höllenhund

Titel: Höllenhund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Herbert
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Energie durchströmte mich, als wäre irgendwo in mir ein Schalter umgelegt worden, und ich rannte hinter dem älteren Hund her, vergnügt kläffend, mit aufgerichtetem Schwanz und glänzenden Augen. Wir jagten einander, wir wälzten uns, wir rangen. Rumbo hetzte mich unbarmherzig, zeigte, was er konnte, wie schnell und wie stark er war, gab meinen wilderen Angriffen nach und schleuderte mich mit andeutungsweisem Achselzucken beiseite, gerade wenn ich anfing, mich ihm ebenbürtig zu fühlen. Ich genoss das.
    Es war wunderbar, sich im Gras zu wälzen, den Rücken darin zu reiben und seinen würzigen Duft einzuatmen. Ich wäre glücklich und zufrieden gewesen, den ganzen Tag hierzubleiben, aber nach vielleicht zehn Minuten tauchte ein mürrischer Parkwächter auf und verjagte uns. Zuerst machten wir uns über ihn lustig, forderten ihn heraus, indem wir bis auf Reichweite an ihn heranliefen und dann wieder auswichen, wenn er nach uns schlug. Rumbo war der Wagemutigere von uns, sprang den Mann sogar von hinten an und versetzte ihm einen leichten Schubs, als seine Aufmerksamkeit auf mich gerichtet war. Die wütenden Flüche des Parkwächters ließen uns vor Lachen brüllen, aber bald wurde Rumbo des Spielens müde und rannte wortlos zum Tor hinaus, so dass mir nichts anderes übrigblieb, als hinter ihm herzurennen.
    »Warte doch, Rumbo!« rief ich, und er verlangsamte sein Tempo etwas, so dass ich aufholen konnte.
    »Wo gehen wir jetzt hin?« fragte ich.
    »Jetzt gehen wir frühstücken«, erwiderte er.
    Rumbo führte mich durch ein undurchschaubares Gewirr von Nebenstraßen, bis wir schließlich eine mächtige Wellblechwand erreichten, die quer über die Straße verlief. Wir entdeckten eine Lücke in der Wand, und Rumbo trottete hindurch. Seine Nase zuckte, weil er irgendeinen vertrauten Geruch aufgenommen hatte.
    »Gut«, sagte er zu mir. »Er ist in seinem Büro. Und jetzt hör gut zu, Kleiner: Sei ja brav und still. Der Boss hat nicht viel für Hunde übrig, sei also nicht lästig. Wenn er dich anspricht, wedelst du nur mit dem Schwanz und stellst dich dumm. Werd ja nicht übermütig. Wenn er schlecht gelaunt ist — in dem Fall nicke ich dir zu —, machst du dich dünn. Dann probieren wir's später noch einmal. Okay?«
    Ich nickte und blickte der Bekanntschaft mit diesem >Boss< ein wenig unruhig entgegen. Ich sah mich um und entdeckte, dass wir uns in einem riesigen Hof befanden, der mit alten Autowracks angefüllt war, die zum Teil recht gefährlich aufeinander gestapelt waren. Dann gab es noch andere kleinere Haufen, die aus verrosteten Teilen der beschädigten
    Fahrzeuge bestanden. Ein müde aussehender Kran stand an einem Ende des Hofes, und ich begriff, dass wir uns auf dem Hof eines Autoausschlachters befanden.
    Rumbo hatte sich inzwischen in Richtung auf eine zerbrechlich wirkende Holzhütte inmitten der Wracks davongemacht und kratzte jetzt an der Tür, wobei er gelegentlich halblaut bellte. Der glänzende blaue Rover, der neben der Hütte parkte, stach wie ein Fremdkörper zwischen all den Rostlauben hervor, und in der hellen Morgensonne glänzten seine Chromteile geradezu widerwärtig.
    Die Tür der Hütte öffnete sich, und der Boss trat heraus.
    »Tag, Rumbo, alter Junge!« Er strahlte meinen schweifwedelnden Freund an; seine Stimmung schien gut. »Bist wieder die ganze Nacht unterwegs gewesen? Dabei sollst du doch ein Wachhund sein, weißt du, und mir Ärger ersparen.« Er kauerte vor Rumbo nieder und zerzauste dem Hund das Fell, versetzte ihm einen begrüßenden Klaps auf die Flanke. Rumbo war brav — sehr brav; er wedelte mit dem Schwanz und grinste den Boss die ganze Zeit an, drängte sich aber ihm nicht auf, ließ die Zunge heraushängen und nur gelegentlich in die Höhe zucken, um dem Mann das Gesicht zu lecken. Der Boss war massiv gebaut, und seine lange Lederjacke spannte über seinen breiten Schultern. Man sah ihm an, dass er die guten Dinge im Leben gewöhnt war — gutes Essen und guten Schnaps. Eine fette Zigarre steckte in seinem Mundwinkel und sah aus, als wäre sie ein Teil von ihm, wie seine platte Nase; er hätte ohne die eine wie die andere albern ausgesehen. Sein Haar, das schon anfing dünner zu werden, bedeckte seine Ohren und floss hinten am Hals über seinen Kragen. Ein goldener Ring mit einem Sovereign blitzte an der einen Hand, und ein großer Diamantring an der anderen stellte ihn in den Schatten. Er war um die Vierzig, und man konnte ihm ansehen, dass er sich diesseits und

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