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Höllenhund

Höllenhund

Titel: Höllenhund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Herbert
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auftauchen, muss ich einfach bellen.«
    »Was tun sie hier?«
    »Hauptsächlich reden sie. Sie sitzen dann stundenlang in dieser Hütte und palavern und lachen. Es gibt ein paar Leute, die regelmäßig hierherkommen und arbeiten, sich an diesen Schrotthaufen und dem Zeug zu schaffen machen und neues Zeug herbringen. Aber sehr beschäftigt sind sie nie.«
    »Und was macht der Boss?«
    »Bist wohl ein wenig neugierig, wie, Scheißer?«
    »Tut mir leid, es interessiert mich nur.«
    Rumbo beäugte mich ein paar Augenblicke lang argwöhnisch. »Du bist nicht wie andere Hunde, was? Du bist... nun, ein wenig bist du so wie ich. Die meisten Hunde sind sehr dumm. Du bist auch dumm, aber nicht auf dieselbe Weise. Wo genau stammst du eigentlich her, Kleiner?«
    Ich sagte ihm alles, woran ich mich erinnern konnte, und stellte fest, dass ich ebenfalls bereits anfing, meine Vergangenheit zu vergessen. Ich konnte mich immer noch an den Markt erinnern, wo man mich gekauft hatte, aber zwischen dort und dem Hundeheim an nicht viel. Das widerfährt mir mehr und mehr; ich habe Zeiten völliger Klarheit, und dann ist mein Bewusstsein wieder völlig leer — meine Vergangenheit, meine Herkunft, alles nur ein vager Nebel. Oft vergesse ich sogar, dass ich ein Mensch war.
    Zu der Zeit äußerte ich nichts bezüglich meiner menschlichen Herkunft, weil ich Rumbo nicht beunruhigen wollte; ich brauchte ihn, um zu lernen, wie man als Hund überlebt.
    Einem Tier fällt es leichter, seine Lebensumstände zu akzeptieren, musst du wissen, und der tierische Teil meines Wesens verdrängte Gedanken, die mich ohnehin nur in den Wahnsinn getrieben hätten.
    »Hast Glück gehabt, aus dem Hundeheim zu entkommen, Kleiner. Für viele ist das die Todeszelle«, sagte Rumbo.
    »Bist du je drin gewesen?«
    »Nein, ich doch nicht. Die erwischen mich nie, solange ich rennen kann.«
    »Rumbo, warum sind nicht alle Hunde so wie wir? Ich meine, warum reden sie nicht wie wir und denken wie wir?«
    Er zuckte die Achseln. »Weil sie es eben nicht tun.«
    »Rumbo, warst du je... erinnerst du dich daran, ob du je... äh, bist du immer ein Hund gewesen?«
    Sein Kopf fuhr in die Höhe. »Wovon redest du? Natürlich bin ich immer ein Hund gewesen. Was hätte ich sonst sein sollen?«
    »Ach, nichts.« Der Kopf sank mir bedrückt auf die Pfoten. »Ich hab mich nur gefragt.«
    »Du bist ein seltsamer Bursche. Mach mir hier bloß keinen Ärger, du Knirps, sonst schmeiß ich dich raus. Und hör auf, dumme Fragen zu stellen.«
    »Entschuldige, Rumbo«, sagte ich und wechselte schnell das Thema. »Was macht der Boss?« fragte ich erneut.
    Der finstere Blick, mit dem Rumbo darauf antwortete, und die freigelegten Zähne verdrängten meine Neugierde für den Augenblick. Ich beschloss ein kleines Nickerchen zu machen, aber ehe ich eindöste, kam mir noch ein Gedanke.
    »Warum verstehen uns die Menschen nicht, wenn wir reden, Rumbo?«
    Als er antwortete, klang seine Stimme schläfrig: »Ich weiß nicht. Manchmal versteht mich der Boss, wenn ich mit ihm rede, aber gewöhnlich ignoriert er mich und sagt, ich soll zu kläffen aufhören. Menschen sind manchmal genauso dumm wie dumme Hunde. Und jetzt lass mich in Ruhe. Ich bin müde.«
    Damals wurde mir bewusst, dass wir in Wirklichkeit gar nicht mit Worten kommuniziert hatten: Das war etwas gewesen, was nur im Geiste stattgefunden hatte, eine Art Telepathie. Alle Tiere oder Insekten — sogar Fische — haben eine Art, miteinander zu kommunizieren, ob es nun durch Geräusche, Gerüche oder Körpersprache ist, und ich habe gelernt, dass selbst das dümmste Geschöpf irgendeine Art geistiger Verbindung mit seiner eigenen Gattung hat — und auch mit anderen. Das geht weit über physische Kommunikation hinaus: Wie könnte man sonst erklären, dass einzelne Grashüpfer sich zu einem Heuschreckenschwarm versammeln; was bringt Treiberameisen dazu zu marschieren; und was veranlasst den Lemming plötzlich zu der Entscheidung, dass die Zeit gekommen ist, ins Meer zu springen? Instinkt, Kommunikation durch Körperausscheidungen, das Gefühl des rassischen Überlebens: Sie alle spielen ihre Rolle, aber es geht tiefer. Ich bin ein Hund, und ich weiß das.
    Aber damals wusste ich es nicht. Ich war noch ein junger Hund, ein Welpe und ziemlich verwirrt. Ich hatte einen Freund gefunden, mit dem ich durch meinen Geist sprechen konnte, jemand, der mir ähnlicher war als die anderen Hunde, denen ich begegnet war; wenige waren mir nahegekommen, aber keiner von

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