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Höllenhund

Höllenhund

Titel: Höllenhund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Herbert
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Köstlichkeiten hinter ihm.
    Ich huschte über seine ausgestreckten Beine und sprang aus dem Lieferwagen, rannte bereits, als ich unten landete. Rumbo ließ sich Zeit und bediente sich noch mit einer weiteren Delikatesse, ehe er mir nachsprang. Als wir etwa hundert Meter später zum Stillstand kamen, leckte er sich befriedigt die Lippen. Ich keuchte meinen Dank, und er grinste auf seine überlegene Art. »Manchmal bist du genauso dumm wie die anderen Köter, Scheißer — vielleicht dümmer. Trotzdem, ich denke, es dauert seine Zeit, bis man einem jungen Hund ein paar alte Tricks beigebracht hat.« Aus irgendeinem Grund hielt er das für sehr komisch und wiederholte diese Bemerkung den ganzen Tag immer wieder.
    Ein anderer Trick Rumbos, wenn er mich als Köder einsetzte, war seine Ablenkungstaktik. Ich galoppierte dann auf eine nichtsahnende, mit Einkaufstüten beladene Hausfrau zu und setzte meinen ganzen Welpencharme ein, um sie dazu zu veranlassen, ihre Lasten abzustellen und mich zu streicheln, vielleicht sogar mir irgendeinen Leckerbissen anzubieten. Wenn sie Kinder bei sich hatte, war es sogar noch leichter, denn dann war sie gezwungen, sie damit einzubeziehen oder wenigstens sie wegzuzerren. Und wenn dann ihre ganze Aufmerksamkeit mir galt — ich leckte ihr dazu das Gesicht oder wälzte mich auf den Boden und ließ mich am Bauch kraulen — wühlte Rumbo in ihren ungeschützten Einkäufen herum. Wenn er etwas Leckeres fand, pflegte er davonzuschießen und es mir zu überlassen, mich bei ihr zu entschuldigen und ihm in etwas gemeserem Tempo zu folgen. Häufig ertappte man uns, ehe er sich etwas Nützliches geschnappt hatte, aber das tat der Freude, die das Spiel uns bereitete, keinen Abbruch.
    Babys Süßigkeiten wegzunehmen, war ein anderes vergnügliches Spiel. Die Mütter pflegten dann immer ein großes Geschrei anzustimmen und ihre Nachkommenschaft nicht minder, wenn wir mit unserer Beute davonrannten. Plötzliche Überfälle auf Kinder in der Nähe von Eiskarren waren stets erfolgreich, und die Klingel des Eiswagens diente uns als eine Art Leuchtturm. Das Herannahen des Winters zwang uns unglücklicherweise, diese Art von Aktivität einzuschränken, denn die Parks wurden leer, und die Eiswagen traten ihren Winterschlaf an.
    Rumbo liebte es, andere Hunde herauszufordern. Er blickte auf alle anderen Tiere als ihm unterlegen herab und verachtete sie wegen ihrer Dummheit, ganz besonders Hunde, die er für schwachsinniger als alle anderen lebenden Geschöpfe hielt. Ich weiß nicht, woher er dieses Vorurteil gegen Hunde bezog; möglicherweise schämte er sich, dass sie nicht seine Intelligenz und seine Würde besaßen. O ja, Streuner, der er war — Rumbo hatte sehr viel Würde. Rumbo bettelte beispielsweise niemals; er bat um Nahrung oder er stahl sie, aber er erniedrigte sich nie dafür. Manchmal vollführte er vielleicht eine Parodie eines um Nahrung oder Zuneigung bettelnden Hundes, aber das diente immer nur seiner eigenen zynischen Belustigung. Er lehrte mich, dass das Leben die Lebenden ausnutzte und dass man, um zu existieren — wirklich um zu existieren — seinerseits das Leben ausnutzen musste. Nach seiner Ansicht hatten die Hunde es sich selbst zuzuschreiben, dass sie Sklaven des Menschen geworden waren. Er gehörte nicht dem Boss, er arbeitete für ihn, indem er den Hof bewachte, und verdiente sich damit seinen Lebensunterhalt. Der Boss verstand das, und ihre Beziehung basierte auf wechselseitigem Respekt. Ich war nicht sicher, ob der Boss zu subtileren Gefühlen fähig war, aber ich behielt meine Meinung für mich, denn ich war sein Lehrling — Rumbo war der Lehrmeister.
    Jedenfalls ließ sich mein Gefährte nie die Gelegenheit entgehen, einem anderen Hund zu sagen, wie dumm er doch war. Pudeln galt seine größte Verachtung, und er pflegte über ihre kurz gestutzten Locken unkontrolliert zu lachen. Auch der arme alte Dackel kam nicht besser weg. Rumbo machte es nicht viel aus, über wen er sich lustig machte, ob es nun ein Schäferhund oder ein Chihuahua war. Einmal freilich stellte ich fest, dass er sehr ruhig und nachdenklich wurde, als ein Dobermann an uns vorüberging.
    Häufig verwickelte er sich — und oft auch mich — in grandiose Raufereien, wenn andere Hunde unser Anderssein spürten und sich gegen uns zusammenrotteten. Ich litt dabei sehr, aber es machte mich auch hart. Dabei lernte ich auch, sehr viel schneller zu rennen. Das Komische war, dass Rumbo mit Leichtigkeit Anführer des

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