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Höllenhund

Höllenhund

Titel: Höllenhund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Herbert
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erstarrten, als ich an ihnen vorbeihuschte. Eine Gruppe strahlender gelber Sterne blitzte vor mir auf, als ich mir meinen Weg durch das Scharbockskraut bahnte, Pflanzen, die als erste im Frühling zu neuem Leben erwachen. Ich rannte durch ein Feld, genoss die Feuchte des Taus, wälzte mich auf dem Rücken, bis ich über und über durchnässt war. Ich sog den Duft des Grases ein, trank das reine Wasser von den Halmen und grub Löcher in die weiche Erde, um zu sehen, was dort zu finden war. Käfer huschten vor meiner neugierigen Nase davon, und ein Maulwurf wandte sich von mir ab. Eine zwanzig Zentimeter lange Ringelnatter rollte sich zu einem Ball zusammen, als ich sie beschnüffelte, und ich spuckte sie schnell wieder aus, nachdem ich vorsichtig gekostet hatte.
    Aber mein Appetit stellte sich bald wieder ein, und ich begann das Feld nach Nahrung abzusuchen. Ich hatte Glück, ein junges Kaninchen zu finden, das an der Borke eines Baumes knabberte, und war unglücklich genug, es nicht fangen zu können. Ich verfluchte seine Schnelligkeit und fragte mich dann, ob ich das Häschen hätte töten können, wenn ich es erwischt hätte. Ich hatte noch nie zuvor getötet, um zu essen.
    Zum Glück fand ich zwischen einer Baumgruppe ein paar verspätete Winterpilze und verschlang die gelben Kappen und Stängels voll Entzücken, wusste irgendwie, dass die Pilze nicht giftig waren. War das animalischer Instinkt oder menschliches Wissen? Die Frage beschäftigte mich nur ein oder zwei Sekunden lang, denn eine schläfrige Feldmaus trollte sich träge zwischen meinen Beinen, und ihre schwarzen kleinen Äugelein suchten den Boden nach Nahrung ab. Ich verspürte weder den Drang, sie zu essen oder mit ihr zu kämpfen, tippte sie aber verspielt mit der Pfote an. Sie blieb stehen, blickte zu mir auf, eilte dann weiter und ignorierte mich völlig. Ich blickte ihr nach und beschloss dann, dass für mich jetzt auch Zeit war weiterzuziehen; die kurze Episode war zwar recht angenehm gewesen, führte mich aber auf dem Wege der Selbstfindung nicht weiter. Ich rannte über das Feld zurück, kroch durch die Hecke und eilte auf der Straße weiter.
    Es dauerte nicht lange, bis ich mich wieder zwischen Läden und Häusern befand. Aber ich zog weiter, hielt nur einmal an, um aus der Auslage eines Obsthändlers einen Apfel zu stehlen. Die Straße wurde mir jetzt immer vertrauter, jetzt, wo die Kompliziertheit der Stadtstraßen hinter mir lag, und ich wusste, dass dies eine Route war, die ich in der Vergangenheit oft benutzt haben musste.
    Als ich schließlich Keston erreichte, waren meine Fußballen ziemlich wund, aber ich eilte weiter, bis ich eine kleine Ortschaft erreichte, die sich Leaves Green nannte. Dort verbrachte ich die kalte Nacht in einem kleinen Gehölz, von den nächtlichen Geräuschen nervös gemacht, bis mich schließlich meine Unruhe dazu trieb, in einem Vorgarten Unterschlupf zu suchen. Ich fühlte mich in Reichweite von Menschen behaglicher.
    Am darauffolgenden Tag aß ich nicht viel, aber ich will dich nicht mit den verschiedenen Missgeschicken behelligen, die mich auf der Suche nach Nahrung überkamen; es reicht, wenn ich sage, dass ich, als ich schließlich Westerham erreichte, einer Kuh das Bein hätte abreißen können.
    Und in Westerham erwartete mich ein recht unangenehmes Erlebnis. Davon muss ich dir erzählen.

13

    Die Kirchenglocken weckten mich. Sie hatten den eindringlichen Klang von Sonntagmorgen, und der jagte meine Gedanken zurück in andere Zeiten — menschliche Zeiten.
    Das Bewusstsein meiner gegenwärtigen Not verdrängte die Erinnerungen, ehe sie sich festsetzen konnten, und ich streckte meine schmerzenden Glieder, zuckte zusammen, so weh taten meine Fußballen, wenn ich sie auf den Boden setzte. Eine Bushaltestelle war meine Unterkunft für die Nacht gewesen, aber die Kühle des frühen Morgens war mir in die Knochen gekrochen und schien mich nicht mehr verlassen zu wollen. Ich gähnte, und mein Magen knurrte nach Nahrung. Ich sah mich um und entdeckte in der unmittelbaren Nachbarschaft keine Geschäfte. Also trottete ich vorsichtig die Straße entlang, die Nase hocherhoben, damit mir auch die leiseste Andeutung von Nahrungsdüften nicht entgehen möge. Bald fand ich mich auf der High Street und musste betrübt feststellen, dass tatsächlich Sonntag war, denn alle Läden — abgesehen von ein paar Zeitungsständen — waren geschlossen. Der Hund, der da auf dem Bürgersteig stand und zuerst nach rechts dann nach

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