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Höllenhund

Höllenhund

Titel: Höllenhund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Herbert
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links sah, unschlüssig, unerwünscht und ungefüttert, machte einen ziemlich jämmerlichen Eindruck.
    Die Glocken brachten mich schließlich auf die Idee. Kleine Gruppen von Menschen gingen mit schnellen Schritten dem Klang entgegen, alle in Sonntagskleidung, ein Strahlen an sich, das sich im Laufe des Tages legen würde. Kinder wurden von ihren Eltern an der Hand geführt oder hüpften vor ihnen herum, Großeltern hielten sich an den Ellbogen ihrer Nachkommen in mittleren Jahren fest; ernstblickende Ehemänner gingen steif mit strahlenden Frauen. Ein frisches, freundliches Gefühl lag in der Luft, und der Frühlingsanfang verlieh dem morgendlichen Sonntagsritual neue Frische, forderte die Menschen auf, guten Mutes zu sein. Und die Hunde vielleicht auch.
    Ich folgte den Leuten zu ihrer Kirche. Sie stand auf einem Hügel, durch eine Baumgruppe teilweise von der Straße verborgen; man erreichte ihren Eingang über einen Kiesweg, der sich durch den Friedhof, der die Kirche umgab, hindurchschlängelte. Ein paar von den Leuten schnalzten mit der Zunge, als sie mich sahen, oder betätschelten mich freundlich, wenn sie vorüberkamen. Aber bald waren sie alle in dem kalten, aus grauem Stein erbauten Gebäude verschwunden. Ich ließ mich auf einem flachen Grabstein nieder und wartete.
    Der gedämpfte Gesang, der aus der Kirche kam, bereitete mir ungeheures Vergnügen, und gelegentlich sang ich sogar mit, wenn ich eine Stelle kannte. Der Gottesdienst schien ewig zu dauern, und bald langweilten mich die langen, schweigenden Passagen zwischen den Hymnen, so dass ich anfing, den Kirchhof zu erforschen und bald von dem reichen Tier- und Insektenleben an diesem Platz der Toten überrascht war. Das unverkennbare Geräusch der sich wie ein Mann erhebenden Kongregation in der Kirche lenkte mich von meinem faszinierenden Studium eines regenbogenfarbenen Spinnennetzes ab, und ich trottete zu dem mächtigen Türbogen, hielt mich an das feuchte Gras, das meinen wunden Füßen so guttat. Ich wartete, und bald strömte die Herde heraus, einige wirkten aufgebaut, einige erleichtert, jetzt, wo ihre wöchentliche Pflicht getan war. Mein Interesse galt einem der hochgestimmten Kirchenbesucher.
    Ich entdeckte sie bald: eine kleine alte Dame, vermutlich
    Mitte Sechzig, mit rundem Gesicht, unablässig lächelnd, alle kennend, wie es schien, und selbst allen bekannt. Ganz Spitzenkragen und Freundlichkeit. Perfekt.
    Sie unterhielt sich ein paar Minuten mit dem Vikar und unterbrach ihr Gespräch gelegentlich, um einem vorbeikommenden Bekannten zuzurufen und ihm mit der weiß behandschuhten Hand den Segen zu geben. Ich wartete geduldig, bis ihr Dialog mit dem Priester beendet war, und folgte ihr dann, als sie sich ihren Weg durch die Grüppchen von Plaudernden bahnte. Süß lächelnd und bei jedem dritten oder vierten stehenbleibend, um sich zu unterhalten, hatte sie schließlich die Menschenschar hinter sich gelassen und schritt eilig den Kiesweg hinunter. Ich folgte ihr, mich ein paar Meter hinter ihr haltend, noch nicht bereit, etwas zu unternehmen, solange sie noch abgelenkt werden konnte. Wir erreichten die Straße, und sie bog nach links, ging den steilen Hügel hinauf und entfernte sich damit noch weiter von der Ortschaft.
    »Guten Morgen, Miss Birdle!« riefen die Leute, an denen wir vorüberkamen, und sie winkte freundlich zurück.
    Jetzt ist der Augenblick da, dachte ich, und überholte sie. Ich blieb vielleicht vier Meter vor ihr stehen, drehte mich um, sah sie an und lächelte freundlich.
    »Wuff!« machte ich.
    Miss Birdle hob überrascht beide Hände und strahlte entzückt. »Was für ein hübscher Hund!« rief sie aus, und ich wedelte stolz. Sie ging auf mich zu und nahm meinen Kopf in beide weißbehandschuhten Hände.
    »Oh, was bist du für ein netter Kerl!« Sie rieb mir den Rücken und ich versuchte ihr das Gesicht zu lecken, gratulierte mir dazu, eine neue Bella gefunden zu haben. »Ja, ja, wirklich!« fuhr sie fort.
    Nach ein paar Augenblicken ungezügelter Zuneigung verabschiedete sie sich von mir und ging weiter, winkte mir noch zu. Ich sprang hinter ihr her und versuchte in ihre Arme zu hüpfen, sabbernd und grinsend und verzweifelt bemüht, mir den Weg in ihr Herz und ihre Barmherzigkeit zu bahnen. Ich gebe ja zu: Ich war ohne Schamgefühl.
    Miss Birdle schob mich sanft von sich und tätschelte mir den Kopf. »Verschwind jetzt, so ist's brav«, sagte sie freundlich.
    Tut mir leid, Rumbo, aber ich fing jetzt zu winseln

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