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Höllenhund

Höllenhund

Titel: Höllenhund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Herbert
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an.
    Nicht nur das: Ich ließ den Kopf und den Schwanz hängen und sah sie kuhäugig an. Es war jämmerlich.
    Es funktionierte, denn plötzlich sagte sie: »Oh, du mein Armer, Lieber, du verhungerst ja, das ist es! Schau dir doch die mageren Rippen an.« Mein Kinn berührte fast den Boden, als ich meine Schau abzog. »Dann komm halt mit, du Lieber, komm halt mit, und wir bringen das in Ordnung. Du armer Kleiner.«
    Ich hatte es geschafft. Ich versuchte erneut, ihr entzückt das Gesicht zu lecken, aber sie hielt mich mit erstaunlich fester Hand zurück. Ich brauchte keine Aufmunterung ihr zu folgen, obwohl sie das anscheinend für nötig hielt, denn sie klopfte sich dauernd auf den Schenkel und rief: »Komm schön mit!«
    Sie steckte wirklich voll Energie, diese reizende alte Dame, und wir kamen bald an ein rostiges Eisentor, hinter dem ein schlammiger Weg von der Straße wegführte. Zu beiden Seiten des schmalen Weges wuchs Gestrüpp, und als wir den Weg einschlugen, war ständig das Rascheln von verborgenen Lebewesen zu hören. Ich schnüffelte die Witterung von Miss Birdle auf diesem häufig benutzten Weg, nicht den frischen pudrigen Geruch, der jetzt hinter ihr her wehte, sondern eine etwas abgestandene Version davon, in die sich die Witterung vieler Tiere mischte. Hier und da blieb ich stehen, um einen besonders interessanten Geruch zu erforschen. Aber dann rief sie mich wieder, und ich eilte weiter.
    Plötzlich kamen wir auf eine Lichtung, und vor uns stand ein aus Feldsteinen erbautes Haus, dessen Ecken sowie die Tür und Fensteröffnungen mit behauenem Stein verstärkt waren. Es war ein herrliches Bild — so als würde man plötzlich in eine Schokoladenschachtel hineinsteigen — und passte perfekt zu Miss Birdle selbst. Selbstgefällig ob meiner Schlauheit trottete ich auf die verwitterte Tür zu und wartete, dass Miss Birdle nachkam.
    Sie schob die Tür auf, ohne einen Schlüssel zu benutzen, und winkte mir einzutreten. Das tat ich und stellte zu meiner Freude fest, dass das Innere des Hauses ganz zu dem Eindruck passte, den es von außen bot. Alte Möbel, abgewetzt und behaglich, erfüllten das Wohnzimmer, in dem ich mich befand, denn einen Flur gab es nicht. Gepflegte Einzelstücke standen im ganzen Zimmer herum, und einer dieser interessanten Sammlerschränke mit wunderschön bemaltem Porzellan nahm den größten Teil einer Wand ein. Ich wedelte zustimmend.
    »Jetzt wollen wir mal sehen, ob du eine Adresse auf dem Halsband hast, und dann bekommst du zu fressen, ja?« Miss Birdle legte ihre Handtasche auf einen Stuhl und beugte sich über mich, griff nach dem Namensschild an meinem Halsband. Ich beugte mich entgegenkommend vor, fest entschlossen, die Gans, die die goldenen Eier legt, nicht durch zu große Beflissenheit zu töten. Sie starrte kurzsichtig die eingekratzten Buchstaben auf dem Namensschild an und gab dann ein paar missbilligende Laute von sich.
    »Meine alten Augen werden auch immer schlechter«, erklärte sie mir, und ich lächelte mitfühlend. Nichts hätte mir mehr Freude bereitet, als ihr von meinem eigenen besonders scharfen Gesichtssinn zu erzählen, von den vielen sich abwechselnden Farben, die ich in ihrem Gesicht sehen konnte, von der blauen Tiefe in ihren alternden Augen, von den blitzenden Farben, die uns umgaben, selbst in dem verblassten Mobiliar. Es war wirklich enttäuschend, all diese Dinge für mich behalten zu müssen. Und selbst Rumbo hatte meine visuelle Empfindlichkeit nicht verstehen können.
    Sie suchte in ihrer Handtasche herum, brachte eine Brille zum Vorschein und murmelte: »So ist's besser«, als sie sie aufsetzte. Sie musste immer noch die Augen zusammenkneifen, konnte aber schließlich den Namen auf dem Metallstreifen lesen.
    »Dusel«, sagte sie. »Dusel. Das ist ein komischer Name für einen Hund. Und keine Adresse. Manche Leute sind wirklich recht sorglos, nicht wahr? Ich hab dich hier noch nie gesehen und wüsste gern, wo du herkommst. Ich wette, du bist weggelaufen, wie? Lass mal die Füßchen ansehen...« Sie hob eine meiner Pfoten. »Ja, die sind wund, nicht wahr? Du bist von weit hergekommen. Man hat dich wohl schlecht behandelt, wie? Spindeldürr. Das gehört sich einfach nicht.«
    Mein Hunger machte mich jetzt ein wenig ungeduldig, und ich winselte wieder, nur damit sie begreifen sollte.
    »Ja, ich weiß schon, was du willst, oder? Etwas in den Bauch?« Es ist wirklich ein Jammer, dass die Leute mit Tieren reden müssen, als wären sie Kinder, aber ich

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