Höllenjagd
Cromwell zurück. »Cromwell macht einen gebildeten Eindruck. Ich frage mich, wo er zur Schule gegangen ist.«
»Margaret hat einmal erzählt, sie wären in Minnesota aufs College gegangen«, sagte Marion, nachdem sie sich mit der Serviette die Lippen abgetupft hatte.
»Margaret ist eine schöne Frau«, sagte er und beobachtete ihre Reaktion.
Marion konnte ihre Abneigung gegen Cromwells Schwester nicht verbergen. »Ich weiß, dass sie bei verschiedenen Wohltätigkeitsorganisationen tätig ist, doch sie ist nicht gerade jemand, den ich als enge Freundin haben wollte.«
»Kann man ihr nicht vertrauen?«, wollte Bell wissen.
»Sie sagt nicht immer die Wahrheit. Und es gibt ständig irgendwelche Gerüchte über Skandale, die Mr. Cromwell zu vertuschen versucht. Seltsamerweise scheint er sich an ihren Eskapaden nicht zu stören. Es ist fast so, als hätte er Spaß daran.«
»Ist er viel auf Reisen?«
»O ja, er fährt oft zum Fischen nach Oregon und genießt das dortige Refugium des Bohemian Club in den Mammutbaumwäldern, oder er geht auf die Jagd in Alaska. Er nimmt auch an mindestens drei Bankenkonferenzen im Jahr teil, die an unterschiedlichen Orten im Land stattfinden. Und einmal im Jahr machen er und Margaret eine Europareise.«
»Also kümmert er sich nicht um das Tagesgeschäft der Bank.«
Sie schüttelte den Kopf. »Da liegen Sie falsch. Mr. Cromwell tritt täglich mit der Bank in Kontakt, wenn er unterwegs ist. Außerdem hat er ein Direktorium mit den besten Köpfen der Branche.«
Der Kellner brachte ihre Portweingläser auf einem silbernen Tablett. Sie nippten schweigend am Getränk, bis Marion schließlich fortfuhr.
»Warum stellen Sie mir all diese Fragen über Mr. Cromwell?«
»Ich bin Ermittler. Ich bin einfach neugierig.«
Sie schob eine Locke aus ihrer Stirn und strich sich über das Haar. »Ich fühle mich missachtet.«
Er sah sie aufmerksam an. »Missachtet?«
»Ja. Sie stellen mir alle möglichen Fragen über meinen Chef, aber Sie fragen nicht nach mir. Die meisten Männer, die ich kenne, wollen beim ersten Treffen etwas über meine Vergangenheit wissen.«
»Soll ich es wagen?«, fragte er scherzhaft.
»Keine Gefahr«, sagte sie lachend. »Mein Leben ist im Grunde ziemlich langweilig. Ich bin in Kalifornien geboren, auf der anderen Seite der Bucht in Sausalito. Meine Mutter starb, als ich noch sehr jung war, und mein Vater, der als Lokführer bei der Western Pacific Railroad arbeitete, hat Hauslehrer beschäftigt, bis ich alt genug war, um auf die beste Sekretärinnenschule der Stadt zu gehen. Als ich meinen Abschluss hatte, stellte Jacob Cromwell mich ein, und seither arbeite ich in seiner Bank, wobei ich mich von einer einfachen Bürokraft zu seiner persönlichen Assistentin hochgearbeitet habe.«
»Waren Sie schon mal verheiratet?«
Sie lächelte schüchtern. »Ich habe ein oder zwei Anträge bekommen, bin aber nie zum Altar geschritten.«
Er fasste über den Tisch und nahm ihre Hand. »Hoffentlich kommt der Märchenprinz eines Tages und erobert Ihr Herz.«
Sie zog ihre Hand zurück, mehr um sich zu behaupten als ihn zurückzuweisen. »Märchenprinzen sind dünn gesät. Ich habe in San Francisco noch keinen getroffen.«
Bell entschied, nicht darauf einzugehen. Er war entschlossen, sie erneut um ein Treffen zu bitten, um zu sehen, wohin die gegenseitige Anziehung wohl führen würde.
»Dieser Abend war wunderschön. Ich komme nicht oft in den Genuss der Gesellschaft einer so bezaubernden Frau, mit der man sich auch noch blendend unterhalten kann.«
»Sie sind ein Schmeichler.«
Bell löste den Blick von ihren Augen. Er wollte sein Schicksal nicht herausfordern, aber es gab da ein weiteres Rätsel, das er erklärt haben wollte. »Da ist noch etwas an Cromwell, das mich interessiert.«
Er konnte an ihrer Miene ablesen, dass sie enttäuscht war und erwartet hatte, dass er irgendetwas über ein weiteres Treffen sagen würde, und er erkannte, dass sie ihre Gefühle für ihn in Frage zu stellen begann.
»Und was?« Ihr Ton war auf einmal kühl.
»Als ich ihn das erste Mal im Restaurant des Bohemian Club und dann in seinem Büro gesehen habe, trug er Handschuhe. Trägt er sie immer, wenn er zu Abend isst oder an seinem Schreibtisch sitzt?«
Sie faltete ihre Serviette zusammen und legte sie auf den Tisch als Zeichen, dass der Abend für sie beendet war. »Als Junge ist er in ein Feuer geraten. Seine Hände wurden stark verbrannt, also trägt er Handschuhe, um die Narben zu
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