Höllenjob für einen Dämon (German Edition)
Tagen tanzte Shatan nicht um sie herum. Und - verdammt noch mal - sie vermisste den entnervenden Dämon sogar! Vielmehr sollte sie sich Gedanken darüber machen, unterzutauchen. Bloß, dass das Geld in ihrer Hosentasche dafür nicht ausreichen würde. Außerdem wollte Lina gar nicht weg. Ihr Leben war über Nacht zu einem Actionfilm mutiert. Bisher war es so eintönig und gleichmäßig verlaufen, dass sie sogar den Kampf mit Gavarel genossen hatte.
Lina-Mädchen, du bist im Begriff alle Brücken hinter dir abzubrechen, nur weil du das Adrenalin magst.
Sie wartete. Es kam jedoch keine Antwort. Metatron war nicht mehr in ihrem Kopf. Es gab keine Widerworte oder Zustimmung. Ein weiterer Verlust. Sollte Lina alles, was sie kannte und liebte, aufgeben, ohne etwas zurückzuerhalten?
Eines war klar, sie durfte sich nicht länger auf andere verlassen. Shatan erfüllte nur seine Aufgabe. Metatron dachte bloß an sich selbst, und was Lazarus anging, hatte sie keine Vorstellung davon, warum er ihr half. Sie war auf sich allein gestellt. Lina kannte das Gefühl. Es begleitete sie, seit sie zu eigenständigem Denken fähig war. Sie konnte damit umgehen. Immerhin war sie eine Überlebenskünstlerin.
Entschlossen richtete sie sich auf und blickte aus dem Wagenfenster. Ihre Augen wanderten zum Himmel. Irgendwo dort oben kreiste Gavarel - auf der Suche nach Shatan, den sie mit einem kugeligen Energiewesen und einem völlig Fremden zurückgelassen hatte. Lina erschauerte.
„Das Leben ist scheiße!‟, flüsterte sie zu niemand Bestimmten.
„Eher eine Zitrone, junge Frau‟, antwortete der Taxifahrer grinsend. „Aber wenn man sie lange genug drückt, bekommt man herrlich erfrischenden Saft.‟
Lina starrte ihn an. Was sollte sie dazu sagen? Er hatte nicht mehr als eine alte Lebensweisheit zitiert und es doch geschafft, sie aufzumuntern.
Nachdem der Taxifahrer sie vor dem Sandsteingebäude abgesetzt hatte, in dem sich die Bibliothek befand, zögerte Lina hineinzugehen. Sie rechnete jeden Moment damit, dass ein Polizist sie anhalten und auf den Toten an der Landstraße oder ihre verwüstete Wohnung ansprechen würde. Obwohl nichts dergleichen geschah, schlug ihr das Herz bis zum Hals.
Langsam stieg sie die Stufen zum Eingang hinauf. Das hellgraue Gebäude unterschied sich deutlich von den übrigen Häusern, die einfach nur modern und zweckmäßig waren. Die Bibliothek dagegen strahlte so etwas wie Erhabenheit aus.
Lina mochte Büchereien und Buchhandlungen. Die Geschichten, Erzählungen und Berichte entführten sie in fremde Welten und Abenteuer, die es nicht in der Realität gab. Zumindest hatte sie das bisher angenommen.
Tief durchatmend öffnete sie die Glastür, die in den kühlen Vorraum führte. Ein paar Leute standen herum und unterhielten sich leise. In einem kleinen Schalterhäuschen saß ein Mann, der Neuankömmlingen den Weg wies. Eine Schulklasse drängte sich lärmend an Lina vorbei zum Ausgang, doch niemand nahm von ihr Notiz. Solange Lina nichts entleihen wollte, benötigte sie keinen Ausweis. Die Internetrecherche war kostenlos, wie ihr ein Schild neben der Tür verriet.
Im Vorbeigehen bemerkte Lina einen weiteren Hinweis auf Telefonzellen im Untergeschoss. Kurzerhand fasste sie einen Entschluss und änderte die Richtung.
***
Metatron sauste unter den parkenden Autos hindurch, über deren Dächer hinweg und versteckte sich hinter den Säulen des Parkhauses. Das leise Sirren, das er dabei von sich gab, trug weit, da außer Shatan und Lazarus niemand da war, der ein Geräusch verursacht hätte.
Shatan musterte den Polizisten ruhig. Lazarus war ein Fremder, der in eine Situation hineingezogen worden war, die für einen gewöhnlichen Menschen alles andere als einfach zu begreifen war. Er war vor einem Engel geflohen und hatte einem Dämon geholfen. Alles in allem nichts Alltägliches. Trotzdem hielt er sich verdammt gut.
Im Augenblick saß er mit geschlossenen Augen in den Überresten des Streifenwagens, wie er das Gefährt genannt hatte, was Shatan Gelegenheit bot, über einiges nachzudenken.
Er hoffte, Evangelina würde bald die Grabstätte des toten Papstes finden. Nur Silvester konnte ihnen den Weg in die Hölle weisen. Wie auch immer das auszusehen hatte. Allerdings hatte Shatan Evangelina verschwiegen, was er über den Papst wusste.
Silvester war nicht ohne Grund kurz nach seiner Ernennung zum Pontifex seines Amtes enthoben worden. Obwohl er gläubiger Christ gewesen war, hatte er sich mit
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