Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Höllenknecht

Höllenknecht

Titel: Höllenknecht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ines Thorn
Vom Netzwerk:
leise: «Wie würdest du denn gern leben?»
    Hella sah hoch, ihre Augen füllten sich mit Tränen. «Ich weiß es nicht. Das ist es ja eben.»
    «Ist es, weil du nicht schwanger wirst?»
    Hella zuckte mit den Achseln. «Manchmal denke ich, ich werde nicht schwanger, weil Gott weiß, dass ich Heinz kein gutes Eheweib bin. Gott straft mich so, denke ich.» Sie sah auf, ihre Augen wurden ganz dunkel. «Außerdem wird mir Gott keinen Säugling anvertrauen wollen. Säuglinge in meiner Nähe sterben.»
    «Quatsch. Rede nicht solchen Unsinn. Das ist lange her», widersprach Gustelies energisch. «Außerdem haben wir darüber doch schon gesprochen. Gott ist ein liebender, barmherziger Gott. Wäre er so, wie du ihn dir vorstellst, wäre es schlecht bestellt um das Menschengeschlecht. Eingehen würden wir über kurz oder lang.»
    Sie griff über den Tisch und nahm die Hand ihrer Tochter. «Vielleicht hätten wir dich nicht auf die Klosterschule schicken sollen», sagte sie nachdenklich. «Es ist gut möglich,dass deine Neugier sich nicht mit deinen Aufgaben als Frau vereinbaren lässt.»
    «Ehefrau zu sein und nichts als das, ist wenig, nicht wahr?», fragte Hella.
    Gustelies nickte. «Als Handwerkerfrau oder Bäuerin müsstest du mitarbeiten. Egal, ob es dir gefällt oder nicht. Als Richterfrau verlangt man von dir, dass du dich aus den Angelegenheiten deines Mannes heraushältst, Verständnis für seine Arbeit hast und ihm ein glückliches Familienleben bescherst. Und dies, mein Herz, reicht dir anscheinend nicht.»
    Hella nickte. Sie sah auf die Tischplatte, malte mit dem Finger Kreise darauf. «So ist es. Ich bin unzufrieden mit mir. Und diese Unzufriedenheit lasse ich an Heinz aus.»
    Gustelies nickte, erhob sich, nahm erneut den Kochlöffel und rührte im Kessel. Nach einer Weile sagte sie: «Du kannst für den Rest deines Lebens unzufrieden sein und bedauern, als Weib geboren zu sein. Du kannst dich aber auch mit deiner Rolle, deiner Stellung abfinden und versuchen, das Beste daraus zu machen.»
    «Was ist der Unterschied?» Hella klang trübsinnig.
    «Der Unterschied? Deine Zufriedenheit, mein Herz. Nichts sonst.»
    Sie schwiegen eine Weile, und wieder war das Kratzen des Kochlöffels auf dem Topfboden das einzige Geräusch im Raum. Gustelies unterbrach erneut das Schweigen. «Du musst aufpassen, Hella. Wenn du weiter so misslaunig bist, wirst du Heinz verlieren. Über kurz oder lang wird er dir davonlaufen.»
    Hella schaute hoch. «Das kann er nicht», erwiderte sie mit Überzeugung. «Er ist Richter. Niemals wird er gegendie Gesetze verstoßen, die er selbst erlassen hat. Ehebruch ist strafbar, eine Scheidung nicht einfach.»
    «Nun», erwiderte Gustelies. «Reicht es nicht, wenn er sich innerlich von dir verabschiedet? Wenn er noch öfter in der Ratsschänke sitzt, anstatt mit dir zu Abend zu essen?»
    Jetzt stemmte Hella die Hände in die Hüften. «Soll das denn alles meine Schuld sein?»
    Gustelies öffnete den Mund, um zu antworten, doch in diesem Augenblick klopfte es an der Tür.
    «Hallo, Schwiegermutter.» Gustelies bekam einen Kuss auf die Wange.
    «Wie schön, dich hier zu sehen, mein Schatz.»
    Heinz streckte die Hand nach seiner Frau aus, die keine Anstalten machte, aufzustehen und ihn zu umarmen. So ließ er sich neben ihr auf die Bank fallen, drückte sie an sich, küsste sie auf das Haar und sprach dann: «Schwiegermutter, ich möchte, dass du mir die härtesten Plätzchen backst, zu denen du fähig bist. Nicht weich, nicht schmackhaft, sondern hart wie ein Stück Hartkäse und geschmacklos wie eine Hostie. Kannst du das?»
    Gustelies zog die Unterlippe zwischen die Zähne, schwieg und sah auf ihre Tochter. Auch Heinz wechselte plötzlich die Blickrichtung und sah auf seine Frau.
    «Na, hört mal!», protestierte Hella empört. «So schlimm sind meine Kochkünste ja nun auch wieder nicht.» Aber dann musste sie lachen, lachte so laut und lange, bis ihr die Tränen über die Wangen liefen, lehnte sich an Heinz, presste ihr Gesicht in seine Hand, lachte und weinte zugleich.
    Heinz hielt sie fest, strich ihr über den Rücken und küsste ihr Haar, bis sie ganz ruhig geworden war. Dann reichte er ihr sein Taschentuch und pustete ihr eine Haarsträhneaus der Stirn. «Lass uns gehen», sagte er. «Wir haben wohl beide einen anstrengenden Tag hinter uns.»
    Hella nickte, küsste ihre Mutter, ließ einen Gruß an Hochwürden ausrichten und ging am Arm ihres Mannes zur Haustür.

KAPITEL 4
    Heinz saß in

Weitere Kostenlose Bücher