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Höllenknecht

Höllenknecht

Titel: Höllenknecht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ines Thorn
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seiner Arbeitsstube und verglich unermüdlich Zahnabdrücke mit der Zeichnung von den gefundenen Körperteilen. Sein Schreiber stand am Pult, die Ärmelschoner wegen der Hitze nach oben geschoben, und notierte, was Heinz diktierte: «Tollkammer des Heilig-Geist-Spital, Abdruck von Johann, dem Narren, ungleich. Abdruck Hermine, genannt die heilige Johanna, ungleich. Abdruck Bruder Martinus, ungleich.
    Gutleuthaus: Abdruck Rhaban, der Bauer, ungleich. Abdruck Thomas, der Flößer, ungleich. Abdruck Georg, genannt Schorsch, un   … nein, Augenblick, oh, es passt nicht, zu schmal, also ungleich   …»
    So ging das bereits den ganzen Tag. In aller Herrgottsfrühe war Heinz mit einem Korb von Hella gebackener Plätzchen in die Toll-, Siechen-, Arbeits- und Krankenhäuser gegangen und hatte Zahnabdrücke von all denen genommen, die irgendwann schon einmal jemanden gebissen hatten. Doch bisher war kein einziger Abdruck denen auch nur ähnlich, die sich auf dem Arm und dem Bein gefunden hatten. Nur eine einzige Vergleichsprobe fehlte ihm noch. Die des jungen Mannes, der angeblich dem Kätzchen den Kopf abgebissen hatte. Heinz wusste nicht, wo er ihn finden sollte. Seine Büttel hatten den Burschen zwar für kurze Zeit ins Verlies gesperrt, ihn aber auf Befehldes Schultheißen freigelassen, ohne dass der Richter ihn hatte verhören können. Wo er wohnte? Keiner wusste es. Diese Trottel von Stadtknechten, dachte Heinz nicht zum ersten Mal.
    Nun saß er am Schreibtisch, vor sich die zahlreichen angebissenen Plätzchen, auf denen kleine Papierstreifen mit Namen klebten, und starrte vor sich hin. Als es an der Tür klopfte, schrak er auf. «Herein», rief er und bedeckte die Plätzchen notdürftig mit einem Bogen Papier.
    «Aha. So ermitteln also meine Untergebenen. Interessant.»
    Krafft von Elckershausen höchstpersönlich stand mitten in Heinz’ Büro und hob mit spitzen Fingern den Papierbogen an. «Wie es aussieht, speisen die Herren gerne Gebäck.» Er strafte Heinz mit einem eisigen Blick, dann griff er nach einem der Plätzchen. Der Schreiber stöhnte auf, Heinz rief: «Nicht!», doch der Schultheiß hatte das Plätzchen schon im Mund und kaute darauf herum.
    Er verzog das Gesicht. «Das schmeckt nach gar nichts. Knochenhart und fad wie eine Hostie. Ich verstehe nicht, wie Ihr so etwas vertilgen könnt.»
    Heinz schluckte deutlich, und sein Adamsapfel hüpfte auf und nieder. «Eigentlich sind das keine Plätzchen zur Vesper oder für zwischendurch», sagte er. «Eigentlich sind das Beweisstücke.»
    «Beweisstücke wofür?», fragte der Schultheiß.
    Heinz rang die Hände. Was sollte er jetzt antworten, ohne dass der Schultheiß aufbrausend wurde? Was sollte er nur sagen?
    «Ich höre!»
    «Tja, nun, also, die Plätzchen, nicht wahr, diese harten, faden Gebäckstücke also   …»
    «JA?» Die Stimme des Schultheißen hatte einen drohenden Unterton.
    «Mit Hilfe der Plätzchen haben wir Gebissabdrücke bei einigen Verdächtigen genommen.»
    «Pffffff!» Krafft von Elckershausen spuckte angewidert aus. Der Schreiber eilte hinzu und wischte den Tisch mit seinem Ärmel sauber.
    «Ist das wahr?», wollte der Schultheiß wissen. Richter Blettner nickte. «Aber Ihr, Bürgermeister, habt natürlich eines gekostet, von dem noch niemand abgebissen hatte!» Heinz hoffte, dass er ihm glauben würde.
    Der Schultheiß wischte sich noch einmal mit dem Handrücken über den Mund und deutete auf den Tonbecher. «Ist da was zum Trinken drin?», fragte er.
    Richter Blettner nickte. «Wasser, Bürgermeister. Reines Brunnenwasser.»
    «Her damit!»
    Heinz reichte seinem Vorgesetzten den Becher. Dieser leerte ihn in einem Zug.
    «Und?», fragte er dann. «Was ist bei der Plätzchenbeißerei herausgekommen?»
    Der Richter hob die Schultern. «Bisher nicht viel. Wir wissen jetzt zwar, wer alles nicht der Täter war, ansonsten wissen wir kaum etwas. Wir haben noch immer keine Ahnung, ob hier ein Mord vorliegt. Aber wir gehen davon aus. Auch wenn wir nicht wissen, wer das Opfer ist und wo. Und über den Täter wissen wir ebenfalls nicht mehr.» Heinz Blettner seufzte. «Wenn ich ehrlich sein soll, so kann ich noch nicht einmal beweisen, dass die Bisse von einem Menschen stammen.»
    «Welcher Leichenbeschauer hat sich Arm und Bein angesehen?», fragte der Schultheiß.
    «Eddi Metzel, der Neue.»
    «Der? Seit wann ist der denn Leichenbeschauer? Ihr wisst schon, dass der Mann eigentlich Mediziner ist, oder?»
    Der Richter winkte ab. «Das ist

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