Höllenknecht
Fuß auf dem Boden auf. «Ich finde es unerhört, dass du mich auslachst», sagte sie.
Jetzt wurde Blettner ruhig. «Der Mann ist nicht dazu gemacht, sein Leben lang nur einer Frau treu zu sein. Schon in der Bibel gibt es Männer, die zugleich mit zwei Frauen verheiratet sind. Dabei fällt mir ein, ich wollte Arvaelo danach fragen. Ach ja, und unser Landgraf Philipp der Großmütige, wird gemunkelt, hat ebenfalls zwei Frauen, Christine und Margarethe. Wenn jedes Weib ihren Gatten bei jedem Techtelmechtel gleich so zurichten würde, wäre Frankfurt eine Stadt der Eunuchen. Nein, mein Liebchen, vergiss es. Aber danke schön, dass du dir Gedanken gemacht hast.»
Richter Blettner sah seine Frau an, aber er bemerkte nicht, dass in ihren Blicken Säbel blankgezogen wurden. Dafür fiel ihm ein, dass er noch etwas zu erledigen hatte.
KAPITEL 6
Krachend fiel die Haustür ins Schloss. Hella stand immer noch fassungslos an der Treppe, auf der ihr Mann an ihr vorbeigestürmt war. «Das darf nicht wahr sein», flüsterte sie. «Das kann Heinz nicht ernst meinen! Der Mann ist nicht dazu gemacht, sein Leben lang nur einer Frau treu zu sein. Das kann er nicht glauben.» Sie breitete die Arme aus und ließ sie sofort wieder sinken. «Oder doch?»
Langsam und nachdenklich stieg sie Stufe um Stufe hinab. Heinz, ihr lieber, unkomplizierter, ihr wundervoller Heinz. Der, den sie in- und auswendig kannte! Wie kam er nur auf solchen Unsinn? Oder hatte er recht? Sie dachte an ihre Nachbarin. Wie oft hatte die mit dem Ihren Streit. Und nicht selten ging es dabei um andere Frauen. Oder Jutta Hinterer. Deren zweiter Mann hatte sie mehr als einmal betrogen. Hatte sie ihn entmannt? Nein. Wenn allerdings Worte töten oder entmannen könnten, dann wäre der Schuft nicht erst vor vier Jahren gestorben.
Ihre Mutter sagte immer, dass es für Männer mehr Gründe gäbe, nicht treu zu sein, als das Gegenteil. Und einige davon hatte sie sogar genannt. Jutta Hinterer war auch eine Expertin auf diesem Gebiet. «Männer», hatte sie gesagt, «können und wollen nicht treu sein. Aus dem einfachen Grunde, weil Untreue ihr Ansehen hebt. Sie können um ihrer selbst willen nichts anbrennen lassen. Und ingewisser Hinsicht, Hella, ist auch deine Mutter ein Mann. Nie würde sie auf eine Gelegenheit verzichten, einen Kuchen zu backen und damit anzugeben. Siehst du, Hella, und Männer sind da eben genauso. Untreue hebt ihr Ansehen nicht nur bei anderen Männern, sondern auch bei den Frauen. Und weißt du auch, warum?»
Hella hatte den Kopf geschüttelt. Juttas Worte hatten ihr tatsächlich die Sprache verschlagen.
«Weil es die Frauen neugierig macht. Weil sie haben wollen, was die andere hat. Und weil sie nicht einmal der besten Freundin das Schwarze unter dem Fingernagel gönnen. Deine Mutter und ich sind natürlich davon ausgenommen.»
Komisch, dass Hella ausgerechnet jetzt daran dachte. Gustelies hatte noch einen weiteren Grund beigesteuert. «Die meisten Ehebrecher führen eine gute Ehe», hatte sie behauptet. «Doch, so ist es!» Sie hatte mit Nachdruck darauf bestanden, als sie Juttas hochgezogene Augenbrauen sah. «Die guten Ehemänner glauben, ihre Frauen sicher zu haben. Die Ehe läuft gut, sie müssen weder Gedanken noch Taten daran verschwenden. Also haben sie Zeit und Muße, sich auf neue Abenteuer einzulassen.»
Jutta Hinterer hatte erfahrungsgemäß widersprochen. «Keifende Weiber, Frauen mit trockenem Schoß, Eifersüchtige, Rechthaberische und Kranke treiben ihre Männer in die Arme anderer Frauen. So ist das. Und dann sind da natürlich noch die Frauen, die stärker sind als ihre Männer.» Sie winkte ab. «Diese Frauen haben tatsächlich das bitterste Los. Zum einen sind sie mit einem Waschlappen verheiratet, der sich seiner Stärke andauernd bei anderen Weibern vergewissern muss, und obendrein kühlt ihnen noch das Bett aus.» Sie hob die Hand und hielt Hella ihren Zeigefingerunter die Nase. «Ich sage dir, ein schwacher Mann ist das schlimmste Übel von allen.»
Hella setzte sich auf die unterste Treppenstufe. Ob Heinz sie schon betrogen hatte? Nur einmal? Oder gar mehrfach? Sie grübelte. War sie zänkisch?
Hatte sie einen trockenen Schoß?
War sie eifersüchtig, rechthaberisch?
War sie eine starke Frau und Heinz ein schwacher Mann, der eine andere brauchte, um sich als ganzer Kerl zu fühlen?
Sie schluckte schwer bei diesem Gedanken. Auf einmal fiel ihr wieder ein, wie sie Heinz mit der anderen Frau auf dem Markt beobachtet
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