Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Höllenknecht

Höllenknecht

Titel: Höllenknecht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ines Thorn
Vom Netzwerk:
zurückgelassen hatte, absolutes Stillschweigen. Dann ließ er sich die Adresse eines anderen Büttels nennen und schickte diesen ebenfalls an den Fundort des Kopfes, um für die Sicherheit der Juden zu sorgen.
    Als er wieder zurück nach Hause kam, kroch die Dämmerung bereits über die Hügel vor der Stadt. Heinz Blettner hätte die Magd wecken können, damit sie ihm ein Frühstück bereitete, doch er ließ die Frau schlafen und sorgte selbst für sich. Er hatte kaum aufgegessen, da klopfte es leise an der Haustür. Arvaelo stand davor.
    «Was machst du hier um diese Zeit, in der selbst die Hähne noch schlafen?», fragte der Richter verwundert.
    Im selben Augenblick krähte der erste Hahn, ein zweiter fiel ein, dann ein dritter, der jedoch ein wenig heiser klang.
    Arvaelo lachte. «Ich wusste, dass du schon oder noch wach bist.»
    «Du hast es also gehört?»
    Arvaelo nickte. «Durch Zufall.»
    Heinz Blettner schlug sich mit der flachen Hand gegen die Stirn. «Natürlich, das hätte ich mir denken können! Schließlich war ich es ja, der dir das Zimmer im Hause des Büttels besorgt hat. Wie konnte ich nur vergessen, dass ich dich damit sozusagen an die Quelle aller Neuigkeiten gesetzt habe!»
    «Siehst du!» Arvaelo rieb sich die Hände. «Willst du noch immer von mir lernen?», fragte er.
    «Dringender denn je», erwiderte Heinz. «Komm rein.»
    Arvaelo schüttelte den Kopf. «Die Stadttore öffnen gleich. Lass uns sofort zum Hospital auf der anderen Seite des Flusses aufbrechen. Danach gehen wir zum Henker und kümmern uns um den Kopf.»
    Die Straßen lagen so still, dass die Schritte der Männer auf dem Pflaster hallten. Ein Bäcker stand in seinem offenen Laden, die Hände und Arme bis zu den Ellbogen mit Mehl bestäubt, und grüßte mit einem Nicken. Die ersten Vögel begannen zu singen, eine Katze saß unter einem Baum und hörte sich mit tropfendem Zahn das Ständchen an.
    «Ich liebe die Stadt, wenn sie still ist», raunte Heinz Blettner leise. «Sie kommt mir dann vor wie eine satte Geliebte.»
    Arvaelo lachte. «Du bist ein Dichter, Heinz. Ein Poet. Weiß deine Frau das?»
    Heinz Blettner schüttelte den Kopf und wurde ein wenig rot. «Nein.»
    «Das ist ein Fehler, mein Freund. Die Frauen haben schon immer die Dichter geliebt und verehrt.»
    Der Richter schluckte. Dann wies er mit der Hand auf die nahe Mainbrücke. «Schau, die Wächter sind schon da. Und die ersten Bauern kommen von Sachsenhausen, um ihren Kohl und Quark auf den Markt zu bringen.»
    Arvaelo betrachtete den Freund von der Seite und lächelte leise. «Ich wette, du schreibst heimlich Gedichte.»
    Heinz schwieg. Sein Blick wich dem Arvaelos aus.
    Wenig später trafen sie im Hospital der Deutschherren ein. Hier lagen nicht die Ärmsten der Armen. Die Säle waren zwar ebenso voll wie im Hospital zum Heiligen Geist, doch die Enge war nicht so erdrückend. Hier hatte jeder Kranke einen eigenen Strohsack und eine Decke. Die Fensterin den Sälen standen weit offen, sodass sich auch der Gestank in Grenzen hielt. Ein Wächter saß auf einem Stuhl mitten im Raum und beaufsichtigte die Kranken. Er stand auf, wenn einer schlecht träumte, reichte einem anderen das Nachtgeschirr, führte dem Dritten einen Becher Wasser an den Mund.
    Der Richter begrüßte den Medicus der Deutschherren, gab auch einem Feldchirurgen die Hand, winkte dem Starstecher und dem Bader einen Gruß zu.
    «Wir möchten gern in den Saal, in dem die untergebracht sind, die vor Wien gegen die Türken standen.»
    Der Medicus nickte. «Haben die etwas mit der zerstückelten Leiche zu tun?»
    «Wie man’s nimmt. Irgendwie hat alles immer mit allem zu tun», erwiderte Heinz Blettner und gähnte. «Verzeiht, ich habe nicht geschlafen in der letzten Nacht.»
    Der Medicus nickte verständnisvoll und ging vor ihnen her. «Seid bitte leise und seht zu, dass Ihr die Verwundeten nicht aufregt. Das wäre schlecht für ihre Genesung. Wenn Ihr Fragen habt, so schickt den Krankenwärter nach mir.» Mit diesen Worten ließ er die beiden allein.
    Wortlos schritt Arvaelo die Reihen ab. Dann blieb er neben einem Mann stehen, der mit bloßem Oberkörper dalag und ihn mit offenen Augen ansah.
    «Wie geht es Euch?», fragte Arvaelo.
    Der Mann nickte und schloss die Augen.
    «Siehst du diese Wunde hier?»
    Der Richter beugte sich über den Liegenden. «Ja.»
    «Das ist eine Abschürfung. Eine sehr großflächige sogar. Sie entsteht zum Beispiel bei einem Fall.»
    «Nicht so schnell», bat der Richter

Weitere Kostenlose Bücher