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Hoellennacht

Hoellennacht

Titel: Hoellennacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Leather
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einfach nie, wenn ich nichts zu tun habe. Murphys Gesetz.« Er legte Messer und Gabel aufs Tablett und ging los, um das Gespräch anzunehmen.
    Als der Pfleger die Tür schloss, griff die Frau nach dem Messer. Zum ersten Mal lächelte sie und zeigte dabei ihr nacktes, entzündetes Zahnfleisch. Sie legte die Schneide ans linke Handgelenk und spreizte die Finger. Erschauernd begann sie, das Vaterunser zu sprechen, schnitt sich dabei ins Fleisch und durchtrennte Adern und Sehnen. Blut spritzte übers Bett, doch sie säbelte weiter.

45
    Nightingale machte die Bürotür auf und ging rasch zu seinem Schreibtisch. Er zog die unterste Schublade auf und nahm die Brandyflasche heraus, die er dort aufbewahrte.
    » Jack?«, fragte Jenny und stand von ihrem Computer auf.
    » Ich hatte einen fürchterlichen Tag.«
    » Und Brandy macht es besser?«
    » Er macht, dass ich mich besser fühle«, sagte Nightingale. Er schraubte den Deckel auf und führte die Flasche an die Lippen, hielt dann aber inne. » Na gut, du hast recht«, sagte er. » Der Alkohol hat mir schon genug Probleme beschert.«
    » Kaffee?«
    » Großartig.« Er schraubte den Deckel wieder zu und legte die Flasche in die Schublade zurück.
    » Wo warst du heute?«, fragte Jenny, als sie zum Kaffeekochen ging.
    » Das ist eine lange Geschichte«, sagte Nightingale, ließ sich auf seinen Stuhl fallen und legte die Beine auf den Schreibtisch. » Ich bin zunächst zu Barry O’Brien gefahren, dem Taxifahrer.«
    » Und was hatte er zu sagen?«
    » Nichts. Er war tot.«
    » Was?«
    » Er hatte sich umgebracht. Hat sich in die Badewanne gesetzt und sich die Pulsadern aufgeschnitten.«
    » Mein Gott«, sagte Jenny.
    » Er muss es vor ein oder zwei Tagen gemacht haben. Vielleicht gestern, als wir bei Robbies Beerdigung waren.«
    Jenny kam mit zwei Bechern Kaffee und gab ihm einen. » Du denkst, er hatte ein schlechtes Gewissen wegen des Unfalls? Konnte nicht damit leben?«
    » Chalmers glaubt, ich hätte es getan.«
    » Was glaubt er?« Sie setzte sich auf die Schreibtischkante.
    » Er hat mich verhört, er und die beiden Polizisten, die kürzlich hier waren und uns über Robbies Tod informiert haben. Evans und Derbyshire. Die drei verdammten Musketiere. Sie haben mich stundenlang mit Fragen bombardiert.«
    » Sie können nicht ernsthaft glauben, dass du das getan hast, Jack. Und ohnehin warst du entweder bei der Beerdigung oder mit mir zusammen.«
    » In einem Punkt haben sie allerdings recht«, sagte Nightingale. » Du weißt, was mir letzthin alles passiert ist. Mein Vater, mein richtiger Vater, schießt sich den Kopf mit einer Schrotflinte weg. Mein Onkel erschlägt meine Tante und hängt sich auf. Barry O’Brien schneidet sich die Pulsadern auf, bevor ich mit ihm reden kann. Das sieht nicht gut aus, oder? Aus ihrer Sicht. Und da hatten sie Simon Underwood noch gar nicht erwähnt.«
    » Sie sind Idioten, wenn sie glauben, dass du auch nur das Geringste mit einem dieser Todesfälle zu tun hattest. Manchmal sind die Leute einfach so unglaublich dumm.«
    » Chalmers konnte mich noch nie leiden«, sagte Nightingale. » Ich glaube nicht, dass er ernsthaft überzeugt ist, ich könnte O’Brien umgebracht haben– er will mir einfach nur das Leben schwermachen. Und die Underwood-Sache hat er mir nie verziehen.«
    » Sie haben dich wegen dem, was Underwood zugestoßen ist, nie angeklagt, oder?«
    » Das konnten sie nicht. Es gab keine gerichtsmedizinischen Beweise, keine Zeugen und kein Video einer Überwachungskamera. Und ich habe nichts ausgesagt.« Er zuckte die Schultern. » Was hätte ich ihnen auch sagen sollen? Dass ich praktischerweise einen schlimmen Anfall von Amnesie hatte?« Er warf ihr sein Einsamer-kleiner-Junge-Lächeln zu. » Ich brauche deine Hilfe bei etwas, Jenny.«
    » Ich bin hier, um zu dienen, o Herr.«
    » Das meine ich ernst«, sagte Nightingale.
    » Ich auch«, erwiderte Jenny.
    » Du musst jemanden für mich suchen. Einen Mann namens George Harrison.«
    » Der Beatle? Der ist tot.«
    » George Arthur Harrison«, erklärte Nightingale. » Er muss jetzt Anfang sechzig sein. Er war in den Neunzigerjahren Lastwagenfahrer. Damals hat er in Südlondon gelebt, aber inzwischen kann er Gott weiß wo sein.«
    » Ich kümmere mich darum«, sagte Jenny. » Was hat er getan?«
    » Er hat meine Eltern getötet«, antwortete Nightingale.
    » Jack«, sagte Jenny, » bist du dir sicher, dass du zu ihm willst? Es ist lange her.«
    » Das weiß ich«, antwortete

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