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Hoellennacht

Hoellennacht

Titel: Hoellennacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Leather
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ins Wohnzimmer und schaltete den Fernseher aus. » Und, war Jenny an der Uni eine Streberin?«
    Barbara setzte sich auf Nightingales Couch und schüttelte den Kopf. » Sie hat zu dieser empörenden Sorte Studenten gehört, die sich nie nur mit Lernen abgeben. Sie hat Wissen aufgesaugt wie ein Schwamm.«
    » Das stimmt nicht«, widersprach Jenny, die ein Tablett mit Bechern hereintrug. Sie stellte es auf den Couchtisch und setzte sich neben Barbara. » Ich habe schon gelernt, nur eben allein. Wie ist es im Heim gelaufen? Hat man dir gesagt, wie sie gestorben ist?«
    Barbara und Jenny blickten ihn erwartungsvoll an, und Nightingale begriff, dass Jenny ihrer Freundin vom Tod seiner Mutter erzählt haben musste. Er fragte sich, was sie ihr sonst noch erzählt hatte.
    » Alle sind zutiefst schockiert. Sie hat zu Mittag gegessen und sich dann einfach so die Pulsadern aufgeschnitten.«
    Jenny blieb der Mund offen stehen. » Es war Selbstmord? Das hast du mir nicht erzählt.«
    » Ich habe es auch erst dort erfahren.«
    » Jack, du hättest mich anrufen sollen.«
    » Es gab nichts, was du hättest tun können«, sagte Nightingale.
    Sie starrte ihn aufgebracht an. » Darum geht es nicht«, sagte sie. » Du hättest es mir erzählen sollen. Um Himmels willen, Jack, deine Mutter hat sich umgebracht. So etwas sollte man nicht für sich behalten.«
    » Es tut mir leid. Ich habe sie nicht als meine Mutter empfunden, sie war einfach nur…«
    » Die Frau, die dich zur Welt gebracht hat«, brachte Jenny den Satz für ihn zu Ende. » Und genau das ist eine Mutter.«
    Nightingale schüttelte den Kopf. » Meine Mutter war Irene Nightingale«, sagte er. » Die Frau, die sich getötet hat, war… Ich weiß nicht, was sie war. Ja, sie hat mich zur Welt gebracht, aber Mutter sein bedeutet mehr als das. Sie hat mich weggegeben, Jenny, am Tag meiner Geburt.«
    » Aber trotzdem…«
    » Jenny, es hat mich ziemlich kalt gelassen. Ich meine, es tut mir leid, dass sie tot ist, aber getrauert habe ich, als meine Mutter gestorben ist. Meine richtige Mutter.«
    » Hat man dir gesagt, warum sie sich umgebracht hat?«
    » Sie hat viele Jahre lang Medikamente genommen.«
    » Wenigstens hatten Sie Gelegenheit, mit ihr zu sprechen, bevor sie verstorben ist«, meinte Barbara.
    » Ja, sicher«, sagte Nightingale.
    » Barbara ist Psychiaterin«, erklärte Jenny. » Ich hoffe, du hast nichts dagegen, aber ich habe ihr erzählt, was du in letzter Zeit alles durchgemacht hast.«
    » Was ich durchgemacht habe?«
    » All das: herauszufinden, dass du adoptiert worden bist, die Frau kennenzulernen, die dich zur Welt gebracht hat, und nun ihr Tod. Dein Onkel und deine Tante. Robbies Tod.«
    » Ich streite nicht ab, dass es ein paar ereignisreiche Tage waren«, sagte Nightingale, » aber ich verarbeite die Sache, so gut ich kann. Das hier ist einfach nur ein normaler Besuch, oder, denn ich hoffe, Sie erwarten jetzt nicht von mir, dass ich mich auf die Couch lege und mir meine Last von der Seele rede.«
    » Wäre das denn so schlimm, Jack?«, fragte Barbara.
    Nightingale grinste sie an. » Bei aller Hochachtung, ich kenne Sie nicht. Natürlich ist eine Freundin Jennys immer auch meine Freundin, aber ich werde mich gewiss nicht vor einer Fremden nackt ausziehen.«
    » Guter Gott«, rief Jenny.
    » Also weißt du, das würdest du nicht sagen, wenn du mich jemals nackt gesehen hättest«, meinte Nightingale. » In dieser Hinsicht brauche ich mich nicht zu schämen.«
    Jenny warf Barbara einen wissenden Blick zu. » Ich habe es dir ja gesagt«, meinte sie.
    » Was hat sie Ihnen gesagt?«, fragte Nightingale.
    » Jenny hat erwähnt, dass Sie vielleicht ein bisschen abwehrend sein könnten«, sagte Barbara. » Das ist verständlich.«
    » Wir wollten einfach nur mal vorbeischauen und sehen, ob mit dir alles in Ordnung ist, nach allem, was passiert ist und so«, sagte Jenny.
    » Es geht mir gut«, erklärte Nightingale. » Es wird natürlich ein gerichtliches Verfahren zur Untersuchung der Todesursache geben, und ihr seid beide zur Bestattung eingeladen.«
    » Jack!«, sagte Jenny.
    » Es kommt mir so vor, als hätte dich ihr Tod mehr mitgenommen als mich.«
    » Sie haben keine Nähe empfunden, als Sie sie kennen gelernt haben?«, fragte Barbara.
    » Wie denn auch?«, fragte Nightingale. » Ich werde in ein paar Tagen dreiunddreißig, und diese Woche bin ich ihr zum ersten Mal begegnet.«
    » Manchmal, wenn Eltern mit ihren leiblichen Kindern zusammenkommen, entsteht

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