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Hoellennacht

Hoellennacht

Titel: Hoellennacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Leather
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Nightingale. » Darf ich Sie fragen, wie alt Sie sind, Father?«
    » Aber gerne«, antwortete der Pfarrer. » Ich bin siebenundzwanzig, Sie können das › Father‹ also ruhig weglassen, wenn Ihnen das nicht gefällt. Ich heiße Peter.«
    » Und ich Jack. Sie sind aber ziemlich jung für einen Priester, oder?«
    » Für heutige Verhältnisse, eindeutig ja.«
    Nightingale bot ihm eine Zigarette an, doch er schüttelte den Kopf. » Ich bin seit jeher Nichtraucher«, sagte er.
    » Trinken Sie Alkohol?«
    » O ja«, antwortete der Pfarrer, » definitiv.«
    » Aber Sex haben Sie nicht?«
    Der Priester runzelte die Stirn, als hätte er den Verdacht, Nightingale wolle ihn provozieren. » Diese Tür ist fest verschlossen.«
    » Ich wollte nicht neugierig sein, es ist einfach nur so, dass ich mir nicht vorstellen kann, warum jemand katholischer Priester wird«, sagte Nightingale. » Man muss so viel aufgeben.« Er stieß Rauch aus, bemühte sich aber, den anderen Mann nicht damit zu belästigen.
    » Aber wir bekommen so viel mehr zurück«, sagte der.
    » Na ja. War es denn keine schwierige Entscheidung, allem den Rücken zuzukehren, um in die Kirche einzutreten?«
    Der Pfarrer lächelte. » Sie betrachten es falsch herum. Ich habe mich Gott zugewandt, und das gibt mir alles, was ich mir nur jemals wünschen könnte. Es gibt keine bessere Weise, sein eigenes Leben zu lieben, als im Dienste des HERRN .«
    » Und Sie haben keinerlei Zweifel?«
    » Ich habe Zweifel an der geistigen Gesundheit der Idioten, die bei uns im Stadtrat sitzen, aber überhaupt keine Zweifel an Gott.«
    » Und Sie reden mit Gott?«
    » Natürlich, andauernd. Genau darum geht es ja beim Gebet.«
    » Aber antwortet er Ihnen auch?« Nightingale zog lange an seiner Zigarette.
    Der Priester kicherte. Es war das Lachen eines alten Mannes, und er legte die Hand vor den Mund, als wäre ihm bewusst geworden, dass das Lachen nicht zu seinem Äußeren passte. » Ich höre keine Stimmen, falls Sie das meinen«, sagte er. » Es ist nicht wie bei Jeanne d’Arc.«
    Nightingale atmete langsam Rauch aus. » Aber Sie stehen in einem Austausch mit Gott, und deswegen glauben Sie an ihn?«
    » Es ist kompliziert.«
    » Aber er reagiert auf Ihre Gebete?«
    » Natürlich.«
    » Wenn Sie also darum beteten, in der Lotterie zu gewinnen, würde er Ihnen die Gewinnzahlen geben?«
    » Darum würde ich nicht beten«, antwortete der Pfarrer.
    » Wie wäre es mit Weltfrieden? Ich bin mir sicher, dass die Christen überall Gott darum bitten, aber trotzdem ist und bleibt die Welt ein sehr gefährlicher Ort.«
    » Sie fragen, warum Gott nicht alle Kriege beendet, warum er nicht den Himmel auf Erden schafft?«
    » Ich frage Sie, was Sie zu Ihrem Glauben an Gott bewegt, wo doch die Tatsachen das Gegenteil zu beweisen scheinen.«
    » Jeden Tag sehe ich den Beweis für Gottes Hand in der Schönheit der Welt und in den Menschen, die mir begegnen.«
    » Tja, na ja, ich bin früher Polizist gewesen, und da habe ich weniger von der Schönheit und mehr von der dunklen Seite gesehen. Und die Lektüre jeder Zeitung beweist, dass guten Menschen andauernd schlimme Dinge zustoßen.«
    » Auch das ist wieder eine Frage der Wahrnehmung. Vielleicht sollten Sie versuchen, mit Gott zu sprechen. Wann haben Sie denn das letzte Mal gebetet?«
    Nightingale warf seine Kippe auf den Boden und trat sie aus. » Ist eine Weile her.«
    » Sie sollten es noch mal versuchen«, sagte der Pfarrer. » Sie müssen dazu nicht einmal zur Kirche gehen. Suchen Sie sich einen ruhigen Ort, und beten Sie.«
    » Vater unser, der du bist im Himmel?«
    » Nicht notwendigerweise das Vaterunser. Erzählen Sie ihm einfach von Ihren Sorgen.«
    » Und dann wird er mir antworten? Das glaube ich nicht.«
    » Das wissen Sie erst, wenn Sie es versucht haben«, sagte der Pfarrer.
    Nightingale verschränkte die Arme vor der Brust und lehnte sich zurück. » Hier ist das, was ich nicht begreife«, sagte er. » Gott möchte, dass wir ihm gehorchen, ihn anbeten und so weiter. Aber die Zahl der Kirchgänger sinkt, weil immer weniger Menschen an seine Existenz glauben. Warum liefert er uns dann nicht einen eindeutigen Beweis? Warum lässt er uns nicht ein für alle Mal wissen, dass es ihn gibt? Wenn er das täte, würde die ganze Welt an ihn glauben, oder?«
    » Aber das hat er doch getan, oder nicht?«, fragte der Pfarrer. » Er hat uns seinen Sohn gesandt, wir haben ihn am Kreuz getötet, und Gott hat ihn wieder zum Leben erweckt. Das war

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