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Hoellenpforte

Hoellenpforte

Titel: Hoellenpforte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anthony Horowitz
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hinunter, nur eine Minute von ihrer Zelle. Mit etwas Glück war sie verschwunden, bevor die Mönche es überhaupt merkten.
    Erst als sie schon zwanzig Schritt weit gerannt war, merkte sie, dass es die falsche Richtung war. Irgendwie hatte sie es geschafft, sich zu verlaufen. Sie war in einem weiteren langen Flur gelandet, den sie nicht kannte. Das Bild irgendeiner heiligen Person hing schief an der Wand. Eine steinerne Treppe führte nach unten. Sie sah verlockend aus. Vielleicht würde sie sie aus dem Kloster führen. Aber sie brachte sie auch weiter von der Tür weg. Und die Tür war der schnellste Weg zurück nach St. Meredith. Sie musste sie finden.
    In der Ferne läutete eine Glocke. Kein Aufruf zum Gebet. Ein Alarm. Laute Stimmen ertönten. Der zweite Mönch - der, den sie umgerannt hatte – musste sich wieder erholt haben. Scarlett zwang sich, nicht in Panik zu geraten, und rannte weiter, obwohl sie wusste, dass es die falsche Richtung war, dass sie sich immer mehr verlief, je weiter sie kam. Sie hörte ein Klatschen vor sich, das Geräusch von Sandalen auf dem Steinboden, und einen Moment später tauchte ein Mönch auf. Er sah sie und schrie etwas. An einer Seite des Gangs war eine Öffnung. Scarlett hechtete hinein, vorbei an getäfelten Wänden und einem großen zerrissenen Wandteppich, dessen Gewebe vor sich hin schimmelte.
    Der Gang führte sie in einen weiteren Flur. Erleichterung durchflutete sie, als sie plötzlich wieder wusste, wo sie war. Irgendwie hatte sie den Weg zurück gefunden. Da waren das Schränkchen mit dem Kerzenhalter und das Bild von der Kreuzigung. Direkt dahinter lag die Tür. Es war niemand zu sehen.
    Dann wieder das Geräusch von Sandalen. Wäre der Mönch barfuß gewesen, hätte Scarlett ihn nicht gehört. Aber so wusste sie, auch ohne sich umzusehen, dass sie entdeckt worden war und dass er auf sie zurannte. Blitzschnell schnappte sie sich den schweren eisernen Kerzenhalter und schwang ihn herum. Ihr Timing war perfekt. Das Ende des Kerzenhalters knallte gegen den kahlen Schädel des Mönchs, der sofort zusammenbrach. Dieses Mal dachte Scarlett nicht lange über das nach, was sie getan hatte. Sie musste entkommen, um jeden Preis. Die Mönche würden kein Mitleid zeigen, wenn sie sie erwischten, so viel war sicher. Rasch ließ sie den Kerzenhalter fallen und rannte in Richtung Tür.
    Jemand tauchte am anderen Ende des Flurs auf.
    Es war Pater Gregory. Als er Scarlett sah, schrie er etwas, das Scarlett nicht verstand. Die Tür lag genau in der Mitte zwischen ihnen. Scarlett fragte sich, ob sie sie rechtzeitig erreichen konnte. Pater Gregory tänzelte auf der Stelle, als hätte ihn jemand unter Strom gesetzt. Sein gesundes Auge war weit aufgerissen und starrte sie an, wodurch das andere noch entstellter aussah. Scarlett war ungefähr dreißig Meter weit von der Tür entfernt, atmete schwer und sammelte ihre Kräfte.
    Beide stürmten im selben Moment los.
    In gewisser Weise war es verrückt. Scarlett rannte nicht weg. Sie rannte genau auf den Mann zu, dem sie auf keinen Fall in die Hände geraten durfte. Aber sie musste die Tür vor ihm erreichen. Ihr Entschluss stand fest. Es war der einzige Weg nach Hause.
    Für einen Sechzigjährigen war Pater Gregory erstaunlich schnell – angetrieben von seiner Wut. Scarlett wagte nicht, ihn anzusehen. Ihr war bewusst, dass er immer näher kam, aber sie wendete den Blick nicht von ihrem Ziel ab. Dann war die Tür vor ihr. Sie sprang vor und packte den Griff, aber im selben Augenblick landeten seine Hände auf ihren Schultern und sie spürte seine Finger an ihrem Hals. Er stieß einen triumphierenden Schrei aus. Sie spürte seinen Atem auf ihrer Haut.
    Sie ließ die Tür nicht los. Sie würde nicht zulassen, dass er sie davon wegzog. Stattdessen duckte sie sich und drehte die Schultern. Sie hatte den Mantel bereits aufgeknöpft und streifte ihn nun ab. Pater Gregory verlor das Gleichgewicht und kippte mit dem Mantel in den Händen nach hinten um. Scarlett war frei. Sie riss die Tür auf und hechtete hindurch. Ein paar Sekunden lang verschwamm alles vor ihren Augen. Der Türrahmen schien an ihr vorbeizurauschen. Sie hörte Gregory schreien, aber es hörte sich plötzlich sehr weit weg an.
    Dann schlug die Tür hinter ihr zu.
    Sie lag auf dem Boden von St. Meredith, schluchzend und zitternd. Ein Mann stand vor ihr, ein junger Polizist in einer blauen Uniform, der sie fassungslos anstarrte.
    »Wer bist du?«, fragte er.
    »Ich bin… Scarlett

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