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Hoellenpforte

Hoellenpforte

Titel: Hoellenpforte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anthony Horowitz
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Füße über den Rand hängen würden, wenn sie sich ausstreckte. Sie hatten ihr nur zwei grobe Decken zum Schutz vor der Nachtkälte gegeben, aber kein Kissen.
    Dafür hatte sie einen Tisch, einen Stuhl und einen Eimer bekommen, den sie vermutlich als Toilette benutzen sollte, auch wenn sie daran lieber nicht denken wollte. Eine Kerze in einer Glaslaterne erhellte jetzt den Raum und das dürftige Abendbrot, das sie ihr hingestellt hatten. Ein Teller dünne Gemüsesuppe, ein Brotkanten und ein Becher – das war alles. Sie hatten ihr nur einen Löffel gegeben, und falls Scarlett gehofft hatte, ihn als Waffe benutzen zu können, konnte sie das vergessen. Es war nur ein dünnes Blechding. Ein Messer oder eine Gabel hatte sie natürlich nicht bekommen.
    Sie wollte noch nicht essen. Tatsächlich war es sogar der Anblick dieser Hungerration, der ihr wirklich klarmachte, in was für einer ausweglosen Lage sie steckte. Diese Leute waren gnadenlos. Es war ihnen vollkommen egal, ob sie lebte oder starb – abgesehen davon, dass sie es vermutlich erheiternd finden würden, wenn sie ihnen den Gefallen tat und starb. Scarlett setzte sich aufs Bett und ließ den Kopf in die Hände sinken. Sie dachte, sie würde anfangen zu weinen, aber es kamen keine Tränen. Die Alten. Die Torhüter. Die fünfundzwanzig Türen auf der Welt. Alles, was Pater Gregory gesagt hatte, wirbelte in ihrem Kopf herum und zog sie tiefer und tiefer in einen Tunnel des Elends und der Verzweiflung. Wie hatte das alles geschehen können? Konnte wirklich etwas davon wahr sein?
    Sie zwang sich, alles noch einmal durchzugehen, Wort für Wort. Vieles von dem, was Pater Gregory gesagt hatte, klang total übergeschnappt. Aber sie musste auch zugeben, dass ihr einiges davon merkwürdig vertraut vorkam. Es löste ein Echo in ihr aus. Es hatte ungewöhnliche Ereignisse in ihrem Leben gegeben, und zwar lange bevor sie durch die Tür in der Kirche gegangen war.
    Die Träume zum Beispiel. Pater Gregory hatte fünf Kinder erwähnt – vier Jungen und ein Mädchen. Von ihnen träumte Scarlett nun schon seit fast zwei Jahren. Und wie hatte das alles angefangen? Sie hatte Matt tatsächlich in St. Meredith gesehen. Er war es, der sie durch die Tür geführt hatte, wenn sie sich auch mittlerweile fragte, ob er wirklich da gewesen war. Er hatte sich so lautlos und geisterhaft bewegt. Sie glaubte nicht, dass sie ihn sich nur eingebildet hatte. Aber vielleicht hatte sie so etwas wie eine Vision gehabt. Wenn er wirklich durch die Tür gegangen war, hätte er doch auch hier sein müssen.
    Und dann war da diese Tür. Scarlett hatte versucht, sich einzureden, dass sie betäubt und entführt worden war, aber je länger sie darüber nachdachte, desto mehr gestand sie sich ein, dass es nicht so gewesen war. Pater Gregory hatte die Wahrheit gesagt. Sie war in London durch eine Tür gegangen und in der Ukraine wieder herausgekommen. Es hatte keinen Flug und keine Drogen gegeben. Aber wenn sie das akzeptierte, blieb ihr wohl nichts anderes übrig, als auch den Rest seiner Geschichte zu akzeptieren.
    Sie ging zum Tisch und betrachtete ihr Abendessen. Sehr appetitlich sah es nicht aus, aber sie zwang sich, die kalte fettige Suppe und das mehrere Tage alte Brot zu essen. Etwas anderes würden sie ihr nicht geben und sie brauchte ihre Kraft. Die Kerze in der Lampe war nur noch etwa zwei Zentimeter lang. Wie lange sie wohl noch reichen würde? Wenn sie ausging, würde sie in totaler Dunkelheit sitzen. Der Gedanke ließ sie schaudern. Es gab schon so vieles, wovor sie sich fürchtete, aber ganz allein im Dunkeln eingesperrt zu sein war mit Abstand das Schlimmste.
    Es wäre erträglicher, wenn sie schlafen könnte. Sie zog sich nicht aus. Es war viel zu kalt, um auch nur den Mantel abzustreifen. Sie legte sich ins Bett, deckte sich mit den beiden Decken zu und vergrub sich darin wie ein Tier in einer Höhle. Lange Zeit lag sie bewegungslos da, und als der Schlaf schließlich kam, merkte sie es nicht einmal. Sie wusste erst, dass sie nicht mehr wach war, als ihr klar wurde, dass sie träumte.
    Im Traum war sie wieder in dieser merkwürdigen luftlosen Welt, die sie schon so oft besucht hatte. Sie erkannte sie sofort und war froh, dort zu sein. Sie musste unbedingt Matt und die anderen drei Jungen sehen. Wenn ihr jemand helfen konnte, dann waren sie es. Vielleicht konnten sie ihr einen Weg zeigen, wie sie sich befreien konnte.
    Aber sie fand keine Spur von ihnen. Während ein Teil von ihr allein in

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