Hoellenpforte
Adams.« Sie bekam die Worte kaum heraus.
Der Polizist schüttelte ungläubig den Kopf. »Wo warst du? Was hast du gemacht?«
AUF DER TITELSEITE
Scarlett war nur achtzehn Stunden vermisst worden, aber da sie erst fünfzehn und mitten in London bei einem Klassenausflug verloren gegangen war, hatte ihr Verschwinden eine allgemeine Panik mit Schlagzeilen, Sondersendungen im Fernsehen und einer landesweiten Suche ausgelöst. Ihre Eltern waren informiert worden und Paul Adams hatte in Hongkong das nächste Flugzeug genommen. Er war noch in der Luft, als Scarlett gefunden wurde.
Scarlett hatte sofort nach ihrer Rückkehr erkannt, dass sie ein Problem hatte, denn der Polizist fing augenblicklich an, sie mit Fragen zu bombardieren.
»Wo bist du gewesen?«, begann er.
Scarlett stand immer noch unter Schock, nachdem sie Pater Gregory nur um Haaresbreite entkommen war. Sie zeigte mit einem zitternden Finger auf die Tür. »Da…«
»Was meinst du?« Der Polizist war noch jung und der Situation nicht gewachsen. Er hatte bereits Verstärkung angefordert und auch ein Krankenwagen war unterwegs. Aber immerhin war er es, der das vermisste Mädchen gefunden hatte. Mit etwas Glück brachte ihm das vielleicht sogar eine Beförderung ein. Er holte ein Notizbuch heraus und bereitete sich darauf vor, alles aufzuschreiben, was Scarlett zu sagen hatte.
»Das Kloster«, murmelte Scarlett. »Ich war im Kloster.« »Und welches Kloster war das?«
»Das hinter der Tür.«
Der Polizist ging zur Tür und öffnete sie, bevor Scarlett begriff, was er vorhatte. In letzter Sekunde schrie sie ihn an, nur ein einziges Wort.
»Nicht!«
Sie sah Pater Gregory schon durch die Tür springen und sie in die Zelle zurückschleifen. Aber der Polizist stand nur da und kratzte sich am Kopf. Da war kein Kloster auf der anderen Seite der Tür, keine Mönche – nur eine Gasse, eine Ziegelmauer und eine Reihe Mülltonnen. Es nieselte, typisches Londoner Wetter. Scarlett blickte an ihm vorbei und konnte nicht fassen, was sie sah.
Das war der Moment, in dem sie erkannte, dass sie lügen musste. Wie sollte sie erklären, wo sie gewesen und was ihr wirklich passiert war? Zaubertüren? Böse Mönche in der Ukraine? Die Leute würden sie für verrückt halten. Und, was noch schlimmer war, sie würden vermuten, dass das Ganze nur ein dummer Streich gewesen war. Man würde sie von der Schule verweisen. Ihr Vater würde sie umbringen. Sie musste sich eine Erklärung ausdenken, die halbwegs einen Sinn ergab.
Die nächsten achtundvierzig Stunden waren fast genauso albtraumhaft wie die, die hinter ihr lagen. Weitere Polizisten und Sanitäter trafen ein und plötzlich war die Kirche voller Leute, die alle Fragen stellten und durcheinander redeten. Scarlett schien zwar unverletzt, wurde aber trotzdem in eine Decke gehüllt und ins Krankenhaus gebracht. Irgendwie hatte die Presse schon Wind davon bekommen, dass sie wieder da war. Die Straße war vollgestopft mit Journalisten und Fotografen, die sich auf sie stürzten, als man sie in den Krankenwagen verfrachtete, und weitere lauerten ihr auf, als sie am Krankenhaus ankamen. Scarlett konnte nichts anderes tun, als den Kopf einzuziehen, das Blitzlichtgewitter zu ignorieren und sich zu wünschen, dass das Ganze endlich vorbei wäre.
Mrs Murdoch war ins Krankenhaus gerufen worden und blieb bei Scarlett, während ein Arzt und eine Krankenschwester sie untersuchten. Die Haushälterin schien immer noch unter Schock zu stehen. Es war ihr anzusehen, dass ihr etwas Derartiges noch nie passiert war. Der Arzt fühlte Scarletts Puls und hörte ihr Herz ab, dann musste sie sich bis auf die Unterwäsche ausziehen.
»Woher hast du die?« Er hatte eine Reihe Kratzer auf ihrem Rücken bemerkt.
»Ich weiß nicht…« Scarlett vermutete, dass die Kratzer von ihrem letzten Zusammenstoß mit Pater Gregory stammten, aber darüber würde sie bestimmt nicht reden. Sie tat so, als wäre sie zu benommen, um etwas zu erklären.
»Was ist damit, Scarlett?« Die Krankenschwester hatte Blutflecken auf ihrem Schulpulli gefunden. »Ist das dein Blut?« »Ich glaube nicht.«
Der Pulli wurde in eine Tüte gesteckt und an das Polizeilabor geschickt. Scarlett vermutete, dass sie in ihrer Datenbank keine Übereinstimmung finden würden, es sei denn, sie reichte bis in die Ukraine.
Nach einer Ewigkeit durfte Scarlett endlich duschen und bekam neue Kleidung. Zwei Polizistinnen waren gekommen, um sie zu befragen. Mrs Murdoch blieb bei ihr und
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