Hoellenprinz
kenne die Tradition sehr gut.« Die Kommissarin lächelte. »Wie war der Abend für dich?«
Ela musste sich beherrschen, nicht laut aufzustöhnen. Wie sollte sie diese Frage beantworten? Das ging gar nicht. Und vor allem: Das wollte sie auch nicht.
»Schön.«
»Die anderen haben erzählt, dass du dich mit einem Mirko gut verstanden hättest.«
»Stimmt. Er ist in meiner Klasse und wohnt in der Nähe vom Zeltplatz. Er kam zufällig vorbei.«
»Und dann?«
Oh Mann. Sollte sie jetzt der Kommissarin alles von diesem grauenhaften Abend erzählen? Sie fixierte das Bild rechts neben dem Fenster, ohne wirklich zu registrieren, was darauf abgebildet war.
»Also?«
»Was?«
»Na ja, ich wüsste gerne, was passiert ist, als Mirko auf das Fest gekommen ist.«
»Ich habe mit ihm getanzt und wir haben geknutscht. So halt, ganz normal.«
»Und dann?«
Jetzt sah Ela es deutlich in ihrem Blick: Die Kommissarin wusste mehr, als sie zugab. Und mit dieser Erkenntnis kam Wut in Ela auf. Was sollte das Theater? Warum sagte sie ihr nicht einfach, was sie wusste? Ela schob ihre nervösen Hände zwischen ihre Oberschenkel und den Stuhl.
»Was ist nach dem Tanz passiert?«, fragte Frau Volkmann hartnäckig.
»Und wenn ich es nicht mehr wei�«
»Wie meinst du das?«
Ela holte ihre Hände wieder hervor und verschränkte ihre Arme vor der Brust, als könnte sie dadurch aufhalten, was nicht mehr aufzuhalten war.
»Was ist nach dem Tanz passiert, Michaela?«
SchlieÃlich gab Ela auf. » Ich weià nicht mehr, was danach passiert ist. Ich habe den ganzen Tag versucht, mich zu erinnern, ehrlich, ich fühle mich total schlecht deshalb.«
Ihr kamen die Tränen. Wie peinlich war das denn? Die Kommissarin reichte ihr ein Taschentuch. Doch Ela wischte damit ihre schwitzenden Hände trocken und zog den Rotz in ihrer Nase hoch. Sie spürte, wie die Worte nach drauÃen drängten, also lieà sie es laufen, ohne viel nachzudenken:
»Ich habe total viel Alkohol getrunken. So viel wie noch nie, wirklich, das müssen Sie mir glauben. Ich trinke sonst nie, aber gestern Abend, da ⦠Wissen Sie, ich war in Daniel verliebt, schon ewig. Und nun ist er mit meiner besten Freundin zusammen. Mit Caro. Ich weià nicht, ob Sie sie schon kennengelernt haben, das ist die mit den langen blonden Haaren.«
Die Kommissarin nickte.
»Na ja, auf jeden Fall ist das nicht einfach für mich. Gar nicht einfach. Ehrlich gesagt, es ist die Hölle.«
Jetzt liefen die Tränen ihre Wangen runter und Frau Volkmann stellte ihr die Taschentuchbox auf den Tisch. Ela schnäuzte sich.
»Das verstehe ich«, sagte die Kommissarin. »Und du hast so viel getrunken, dass du dich an den Rest des Abends nicht mehr erinnern kannst?«
»Ja.«
»Okay. Dann erzähle ich dir mal, was die anderen berichtet haben. Vielleicht fällt dir ja dann wieder was ein, einverstanden?«
»Ja.« In ihrem Kopf begann, ein Warnlämpchen zu blinken. Sie war Gesprächsthema gewesen, hier auf diesem Stuhl und nicht nur einmal. Das klang nicht gut.
»Die Aussagen der anderen stimmen in einem Punkt überein: Sie haben alle Daniel das letzte Mal gesehen, als er in den Wald gegangen war, um Holz zu holen. Und du bist ihm hinterher. Danach hat ihn niemand mehr gesehen. Und dich auch nicht.«
Ela schaute Frau Volkmann durch ihren Tränenschleier an. Sie brauchte kurz, um die Worte zu ordnen und den Inhalt voll und ganz zu verstehen.
Dann fragte sie: »Was wollen Sie mir damit sagen?«
»Na ja, jetzt erst mal noch gar nichts. Aber ich wüsste ehrlich gesagt schon sehr gerne, was beim Holzholen passiert ist.«
»Sie â¦Â« Elas Stimme versagte. »Sie glauben, dass ich Daniel umgebracht habe!« Fast wäre ihr ein Lacher rausgerutscht, so absurd hörte sich dieser Satz an.
»Nein. Aber du bist tatsächlich im Moment unsere einzige Verdächtige«, sagte die Kommissarin und da musste Ela plötzlich doch lachen. Damit die Kommissarin das nicht bemerkte, stand sie schnell auf und ging die drei Meter zwischen Stuhl und Tür auf und ab.
Warum bin ich Daniel in den Wald nachgelaufen? Was ist passiert? Was haben die anderen noch erzählt? Fragen jagten durch Elas Kopf. Aber sie wollte einfach nur noch raus hier.
»Verhaften Sie mich jetzt?«, fragte sie.
»Nein, natürlich nicht. Die
Weitere Kostenlose Bücher