Hoellenprinz
Wohnzimmer auf ihrem Fernsehsessel und trank Wein, mitten am Tag.
»Hier, der Ordner.«
»Danke, mein Kind. Setz dich.« Mit einer Geste zeigte Beate auf das Sofa und schnäuzte anschlieÃend in ihr Taschentuch.
»Ich muss rüber«, sagte Ela mit schlechtem Gewissen. »Noch was für die Schule machen.«
»Na klar. Das Leben geht weiter. Ich verstehe. Ich dachte nur⦠Du hast ihn sehr gemocht, oder?«
Ela nickte, wollte aber definitiv jetzt nicht über Daniel sprechen. »WeiÃt du, ob die Polizei an Daniels CDs und DVDs war?«
»Keine Ahnung, wieso?«
»Oben sieht es aus, als hätte jemand seine ganze Sammlung nach etwas durchsucht.«
»So? Die Polizei war in Daniels Zimmer, aber was sie da gemacht hat ⦠WeiÃt du, ich kann da nicht rein. Ich kann nicht in dieses Zimmer. Niemals mehr. Ich glaube, ehrlich gesagt â¦Â« Sie stockte, schnäuzte sich wieder, blickte auf den Boden und sagte leise: »Ich glaube, ich werde verrückt.«
Ela antwortete nicht. Was hätte sie auch sagen sollen? Sie hatte ja selber mit diesem Gefühl zu kämpfen. Sie konnte hier nicht länger sein, verabschiedete sich hastig, lieà Beate in ihrem Sessel allein und ging über den gemeinsamen Garten zurück in ihr eigenes Elend.
21
E r hatte sich auf dem Baum des gegenüberliegenden Grundstücks in Position gebracht. Die Rollläden des Hauses waren heruntergelassen, sodass er davon ausging, dass die Bewohner im Urlaub waren. Der Baum hatte einen Ast auf bequemer Kletterhöhe, von dem aus er die StraÃe bis zur HauptstraÃe, wo der Bus hielt, überblicken konnte. Sobald er Ela sah, würde er sich dicht an den Stamm drücken, damit sie ihn nicht entdeckte. Die Kamera hatte er in seiner Hosentasche, die Sätze häufig genug geübt, er war gut vorbereitet.
Er hatte gerade schon mal bei Ela geklingelt, aber es hatte niemand geöffnet. Die Vernehmung der Kommissarin schien länger zu dauern und Lukas hoffte, dass die ihm nicht seine Chance nehmen und Ela in Untersuchungshaft stecken würde.
Zu seiner Ãberraschung öffnete sich plötzlich ein Fenster von innen und Ela schaute hinaus auf die StraÃe. Erschrocken drückte er seinen Oberkörper dicht an den Baumstamm und hielt die Luft an, um möglichst jede Bewegung zu vermeiden. Vorsichtig lugte er um die Ecke und atmete auf. Sie war wieder verschwunden. Er stieg vom Baum und versteckte sich im hinteren Garten des verlassenen Hauses, falls Ela noch mal rausschauen sollte. Wieso bitte war sie jetzt zu Hause? Er hatte die Kamera geholt, war zurückgekommen, hatte geklingelt und danach ununterbrochen auf die StraÃe geschaut. Darauf gab es nur eine Antwort: Sie hatte ihn nicht reingelassen, als er geklingelt hatte. An die Möglichkeit hatte er gar nicht gedacht. Mist! Er musste es noch mal versuchen. Die Chance war einfach zu gut, um sie verstreichen zu lassen. Vielleicht hatte sie ja die Klingel nicht gehört oder war im Garten gewesen, sprach er sich Mut zu.
Auf seinem Weg zu Elas Haustür wiederholte er noch einmal die Sätze, die er sich zurechtgelegt und geübt hatte. Nicht umsonst war Daniel immer derjenige gewesen, der die Kamera-Anbring-und-Einstellungs-Manöver erledigt hatte. Lukas konnte einfach nicht mit Mädchen, er konnte eigentlich mit überhaupt kaum einem Menschen. AuÃer mit Daniel.
Er klingelte. Lange hörte er keine Geräusche von innen, doch dann vernahm er Schritte und die Tür öffnete sich. Zum Glück. Als Ela ihn sah, änderte sich ihre Gesichtsfarbe von sehr Blass in fast WeiÃ, wodurch ihr schmales Gesicht noch schmaler und ihr rotes Haar noch röter wirkte. Es dauerte einen kurzen Moment, bis sie ihre Stimme fand: »Lukas! Was machst du hier?« Sie klang nicht unfreundlich, nicht einmal richtig erstaunt, eher so, als würde sie sich zwar wundern, aber nicht mehr ausreichend Kraft dafür haben.
»Hallo Ela. Ich war gerade in der Gegend und da dachte ich, ich schau mal nach dir.«
Wie er es geübt hatte, machte er eine Pause, um ihr Gelegenheit für eine Antwort zu geben. Doch es kam nichts. Also fuhr er fort:
»Die Sache heute im Präsidium. Das war bestimmt ganz schön hart für dich. Und ich wollte dich fragen, wie es dir geht.« Er war zufrieden mit seinem Tonfall, denn für ihn war flüssiges Reden keine Selbstverständlichkeit, zumal ihn sein Herzschlag am
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