Höllenqual: Lenz’ zehnter Fall (German Edition)
oder Aldi an der Kasse sitzen
würde, aber das kriege ich einfach nicht hin. Mein Leben findet hier statt, zumindest
ab 19:00 Uhr abends, und das wird auch noch eine Weile so bleiben. Bis die Falten
im Gesicht so tief geworden sind, dass ein Ozeanriese darin rumschippern könnte«,
setzte sie nach einer kurzen Pause mit frechem Grinsen hinzu.
»Laufen
die Geschäfte wenigstens einigermaßen vernünftig?«, wollte der junge Polizist wissen.
»Es geht,
ja. Wenn ich nicht den ganzen Abend von irgendwelchen Infoschnorrern wie dir aufgehalten
werde, dreht sich schon genug. Wobei die ganz guten Zeiten definitiv vorbei sind.«
»Woran liegt
es?«
»Muss ich
dir das wirklich erzählen, Thilo? Du gehst doch auch mit offen Augen durch die Welt
und siehst, was sich da alles verändert hat. Das Internet mit dem ganzen Drum und
Dran killt vermutlich irgendwann mal das komplette Straßengeschäft.«
»Interessant.
Und wie läuft das?«
»Die meisten
Mädchen, auch viele, die vorher hier bei mir gestanden haben, hocken jetzt in irgendwelchen
Wohnungen und machen Termine über das Internet. Der Kunde kann in Dutzenden von
Portalen seine Auswahl treffen, mit Bild und allem Pipapo. Dann macht er einen Termin,
fährt zu der Adresse und muss sich nicht umständlich im Auto abplagen. Was für die
Mädchen im Übrigen auch viel angenehmer ist.«
»Und warum
stehst du dann noch hier rum, Gitti?«
Wieder ihr
kehliges Lachen.
»Ich hab
viele Stammfreier vom Land, die unbedingt zu mir wollen und die vermutlich noch
kein Internet zu Hause haben. Oder die Herrin des Anwesens hat die Hoheit über die
Tastatur und würde im Dreieck springen, wenn sie rauskriegen würde, dass ihr Gatte
sich mit einer Hure verabredet.«
»Das kann
ich verstehen.«
Der Polizist
streckte den Arm nach vorn und drückte der Frau die Hand.
»Dann noch
fette Beute, Gitti. Wir müssen leider los, weil mein Boss hier zwar heute erst aus
dem Krankenhaus entlassen wurde, aber trotzdem darauf besteht, dem bösen Peter Ehrenreich
selbst auf die Füße zu steigen.«
Sie nickte.
»Dann macht’s
mal gut, Jungs. Und wie gesagt, wenn du bei ihm irgendwelches Geld finden solltest,
1200 Euro davon gehören definitiv mir.«
»Du machst
dir aber besser nicht zu viele Hoffnungen«, erwiderte Hain lächelnd, winkte ihr
noch einmal zu, startete den Motor und rollte langsam in die einsetzende Dunkelheit.
»Bei der
hast du aber einen Stein im Brett, mein lieber Mann«, bemerkte Lenz anerkennend,
nachdem er die Seitenscheibe geschlossen hatte.
»Das stimmt.
Und sie bei mir auch. Wir konnten uns vom ersten Moment an gut leiden.«
»Aber du
hattest nichts mit ihr, oder?«, wollte der Kommissar wissen.
»Und wenn,
würde dich das belasten?«
»Nein …, ja …, ich weiß
nicht.«
»Stotter,
stammel. Du bist mir ja ein schöner Held. Nein, ja …, ich weiß
nicht. Sag halt, was du meinst.«
»So hab
ich das doch gar nicht gemeint, Thilo. Es kam mir nur so vor, als wäre bei euch
schon mal mehr im Spiel gewesen.«
»Das war
es auch.«
»Ja, was
denn nun? Ja oder nein?«
Hain bedachte
seinen Kollegen mit einem mitleidigen Blick.
»Wenn du
mit ›schon mal mehr im Spiel gewesen‹ meinst, dass wir miteinander gevögelt hätten,
dann muss ich dich enttäuschen. Aber wir haben mal eine ganze Sommernacht zusammen
an der Fulda verbracht und dabei nur Händchen gehalten.«
»Nichts
weiter?«
»Nichts
weiter.«
»Nicht mal
einen Kuss oder so?«
»Nicht mal
einen Kuss.«
»Alle Achtung!
Ich weiß nicht, ob ich das geschafft hätte.«
»Siehst
du.«
Es entstand
eine kurze Pause, während der die beiden ihren Gedanken nachhingen.
»Und jetzt
will ich wissen, was es mit diesem Bubaluga auf sich hat«, nahm Lenz schließlich
den Faden wieder auf. »Davon habe ich nämlich in meinem ganzen Leben noch nie etwas
gehört.«
Hain lachte
laut auf.
»Die Kaschemme
heißt Babaluga, und dass einer wie du noch nie davon gehört hat, verwundert mich
jetzt nicht im Geringsten.«
»Was soll
denn das heißen?«, empörte sich Lenz.
»Das heißt,
dass du dich in deinem ganzen Leben nie in ein solches Lokal verlaufen würdest.
Und es heißt weiterhin, dass wir von der Mordkommission dort eher selten zu tun
haben, weil sich die wirklich bösen Buben auch nicht dahin verlaufen.«
»Und welche
bösen Kerle verlaufen sich ins Babaluga?«
»Das war
schon immer ein Treffpunkt für Zuhälter und Nutten. Dort ist es das ganze Jahr über
warm, irgendwie geht es familiär zu, und der alte Kurt,
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