Höllenqual: Lenz’ zehnter Fall (German Edition)
der Betreiber, hat für alle
immer ein nettes Wort übrig.«
»Und der
ist wirklich schon so alt, wie diese Gitti gesagt hat?«
»Darauf
kannst du wetten.«
In diesem
Augenblick verstummte die Musik des laufenden Radioprogramms, und eine Männerstimme
erklang.
»Meine Damen
und Herren, wir unterbrechen unsere Sendung für eine Eilmeldung. Heute am frühen
Abend wurde der Oberbürgermeister der Stadt Kassel, Erich Zeislinger, in kritischem
Zustand in einer Wohnung der nordhessischen Metropole aufgefunden. Offenbar wurde
der Politiker das Opfer eines Gewaltverbrechens. Eine Frau, die sich ebenfalls in
der Wohnung aufgehalten hatte, konnte nur noch tot geborgen werden. Nach Angaben
gewöhnlich gut unterrichteter Kreise steht außer Frage, dass es sich bei der Tat
um einen Anschlag auf das Leben Zeislingers gehandelt hat. In welchem Verhältnis
der Oberbürgermeister zu der getöteten Frau stand, wird zur Stunde untersucht. Hören
Sie hierzu unseren Nordhessenkorrespondenten Wolf Gerland.«
Es erklang
die nüchterne, trotzdem aggressiv anmutende Stimme des Außenreporters.
»Kassel,
eine ruhige Seitenstraße im Stadtteil Wolfsanger. Hier hat sich in den letzten Stunden
eine Tragödie ereignet, die man vermutlich in ganz Deutschland ebenso entsetzt wie
fassungslos aufnimmt. Erich Zeislinger, seit mehr als 13 Jahren Oberbürgermeister
der Stadt, wurde von einem oder mehreren Tätern, das ist noch ungeklärt, auf so
brutale Weise misshandelt und gefoltert, dass er in kritischem Zustand ins Klinikum
Kassel eingeliefert werden musste, wo zur Stunde ein vielköpfiges Ärzteteam um sein
Leben kämpft. Nach Aussage des Kasseler Polizeipräsidenten Bartholdy muss davon
ausgegangen werden, dass Zeislinger das Opfer eines politisch motivierten Anschlages
geworden sein könnte,wobei jedoch in alle Richtungen ermittelt werde. In
der Wohnung, in der sich die Tat ereignet hat, wurde außerdem die Leiche einer Frau
gefunden, deren Körper ebenfalls Spuren von Misshandlungen aufweist. Darüber, in
welchem Verhältnis die Getötete zu dem Politiker stand, kann zum aktuellen Zeitpunkt
nur spekuliert werden. Jedoch gibt es Indizien, die darauf hindeuten, dass sie die
neue Frau an der Seite des OB, der erst vor wenigen Monaten geschieden wurde, gewesen
sein könnte. Besondere Brisanz gewinnt die Tat im Übrigen dadurch, dass vor wenigen
Tagen die 13. Ausgabe der Documenta eröffnet wurde, die weltgrößteAusstellung
zeitgenössischer Kunst, deren Aufsichtsratsvorsitzender Zeislinger kraft seines
Amtes ist und die ohne die aktive Beteiligung von Oberbürgermeister Zeislinger für
viele in der nordhessischen Region nur sehr schwer vorstellbar ist.
Aus Kassel
Nordhessenreporter Wolf Gerland.«
Die beiden
Polizisten sahen sich ungläubig an.
»Das ist
die größte Scheiße, die ich jemals in meinem gesamten Leben gehört habe!«, brüllte
Lenz los. »Die glauben doch nicht ernsthaft, dass sie damit durchkommen.«
»Warum nicht?«,
gab Hain den Zweifler. »Klingt doch alles ganz logisch.«
»Aber es
ist trotzdem gequirlte Kacke, und das weißt du auch ganz genau, Thilo. Diese Stefanie
Kratzer und seine Lebenspartnerin, da lachen wir uns gleich tot.«
»Ich widerspreche
dir doch auch gar nicht, Paul. Wir beide wissen, dass es sich bei diesen Statements
um Nebelkerzen handelt, und gut ist es. Lassen wir es dabei, weil wir die Informationspolitik
von Bartholdy ohnehin nicht ändern können.«
»So ein
verdammtes Arschloch«, brummte Lenz.
Hain bremste,
ohne weiter auf seinen Boss einzugehen, wortlos ab, setzte den Blinker und rollte
durch den Torbogen einer Hofzufahrt. Dann ging es über einen weiteren Hof, und schließlich
stoppte er den Wagen mit etwas Abstand vor einem dunklen Schuppen, aus dessen milchigen
Fenstern schummriges Licht fiel. Über der Eingangstür, vor der ein paar Autos standen,
gab es ein unbeleuchtetes Werbeschild, auf dem sich offensichtlich ein Künstler
mit der Buchstabenkombination ›Babaluga ‹ verewigt hatte.
»Braucht
man für so was nicht eine Gaststättenkonzession?«, wollte Lenz, nun wieder etwas
ruhiger, wissen.
»Die braucht
man, und die hat Kurt auch. Lass dich besser nicht vom Äußeren der Bude abschrecken.«
»Das fällt
mir nicht leicht.«
Der Oberkommissar
drehte den Zündschlüssel um und ließ den Motor absterben.
»Ich gehe
jetzt da rein und höre mich ein bisschen um. Du bleibst hier im Wagen sitzen und
rührst dich nicht von der Stelle. Haben wir uns verstanden?«
»Klar
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