Höllenqual: Lenz’ zehnter Fall (German Edition)
Manchmal geht es, aber leider nicht immer. Dann muss ich an meine gute
Freundin Gerlinde denken, mit der ich so viele schöne Stunden und Tage verbringen
durfte, und es ist mir unerklärlich, warum der Herr sie schon abberufen hat.«
»Ja«, gab
Weidler gedankenversunken zurück, »diese Zweifel zehren, das gebe ich unumwunden
zu; aber umso mehr müssen wir stark sein im Glauben, dass alles gut werden wird
und dass wir dereinst im Paradies mit unseren Lieben vereint sein werden. Und das
werden wir, weil der Herr dafür Sorge trägt.«
»Ja, das
ist sicher«, bestätigte Werner Schorfheide die Worte des ehemaligen Biologielehrers
mit Blick auf Bernd Ahrens. »Und dir, Bernd, sagen wir nochmals gern unsere gesamte
Unterstützung zu. Wir werden an deiner Seite stehen, wann immer du es benötigst.«
Ahrens sah
verlegen in die Runde.
»Das ist
wirklich sehr, sehr nett von euch allen. Und es hilft mir schon, es zu wissen.«
Er schluckte.
»Natürlich
ist es schrecklich, ohne die beiden auskommen zu müssen. Es ist so furchtbar, abends
allein ins Bett zu gehen in der Gewissheit, am Morgen allein aufzuwachen. Kein gemeinsames
Frühstück, kein gemeinsames Gebet, kein gemeinsames Leben mehr.«
Über seine
Wangen liefen nun dicke Tränen.
»Und natürlich
ist es schwer, in dieser Situation den Glauben nicht zu verlieren. Es ist schwer,
den Herrn nicht zu verurteilen für das, was er mir auferlegt.«
»Aber Bernd«,
reagierte Monika Schorfheide geschockt, »so etwas darfst du nicht einmal denken.
Das geht nicht!«
»Ich weiß«,
erwiderte Ahrens kleinlaut. »Ich weiß, dass ich schwach und verletzlich bin, und
ich bitte Gott in jedem Gebet um Verzeihung dafür, aber ich kann diese Gedanken
im Augenblick nicht abstellen. Und nach der Gerichtsverhandlung ist es noch viel
schlimmer geworden.«
Er schluchzte.
»Wie kann
es gerecht sein, dass dieser Mörder weiterhin frei herumlaufen darf, während Gerlinde
und Sarah tot sind?«
Volker Weidler
legte ihm sanft eine Hand auf den Unterarm.
»Es erscheint
uns und dir vielleicht nicht gerecht, aber es ist Bestandteil der Planungen des
Herrn. Wir verstehen es nicht, was jedoch nicht heißt, dass es ungerecht ist. Es
ist nur für uns unverständlich.«
»Das sind
schöne Worte, Herr Weidler«, entgegnete Ahrens leise, »aber es bleiben Worte, wenn
der Schmerz so tief sitzt wie der, den ich erdulden muss.«
Wieder ein
leises Schluchzen.
»Ich habe
mir schon so häufig ausgemalt, wie schön es gewesen wäre, wenn auch ich an diesem
Abend gestorben wäre. Und wie angenehm ist doch der Gedanke, diesen Kummer, den
ich gerade erlebe, einfach hinter mir zu lassen.«
Jeder der
am Tisch Sitzenden wusste sofort, wovon Bernd Ahrens sprach.
»Aber das
wäre eine Todsünde, Bernd!«, hielt Konrad Zimmermann der Denkweise seines Freundes
entsetzt entgegen. »Dann würdest du Gerlinde und Sarah nie mehr wiedersehen.«
»Ich weiß,
Konrad, ich weiß. Und das ist der einzige Grund, warum ich diese Prüfung durchstehen
kann.«
11
»Ich bin’s, Maria«, meldete Lenz
sich.
»Mein Gott,
Paul, wo steckst du denn? Ich mache mir schon richtig Sorgen um dich.«
»Nein, das
ist nicht notwendig. Ich hatte noch ein bisschen in dem Haus zu tun, in dem sich
die Sache abgespielt hat.«
»Aber du
hast mir vorhin gesagt, du seist spätestens in einer halben Stunde hier, und das
war vor mehr als zwei Stunden.«
»Ich weiß,
Maria, aber es hat nun einmal nicht geklappt. Sei bitte deswegen nicht sauer, ja?«
»Nein«,
erwiderte die frisch gebackene Frau Lenz, »sauer bin ich natürlich nicht. Nur besorgt
war ich, aber das hat sich ja nun erledigt. Sag, gibt es etwas Neues von Erich?«
»Er ist
im Krankenhaus, mehr kann ich dir leider nicht sagen. Oder vielleicht noch so viel,
dass es eine reelle Chance für ihn gibt zu überleben. Aber sicher ist das, wie ich
dir vorhin schon erklärt habe, leider nicht.«
»Weißt du
schon etwas darüber, wie das alles gekommen ist? Oder wer es gewesen sein könnte?«
»Nein, darüber
gibt es noch gar keine Erkenntnisse. Außerdem bin ich gar nicht in dem Fall aktiv,
das hat mir der Polizeipräsident persönlich untersagt.«
»Das klingt
nach Ärger.«
»Ja, ein
wenig schon, da gebe ich dir recht.«
Maria seufzte
leise.
»Herrje,
was für ein Tag. Kommst du noch in der Galerie vorbei oder lässt du dich gleich
nach Hause bringen? Ich bin nämlich schon seit geraumer Zeit hier fertig und würde
mich gerne schleunigst in die Badewanne
Weitere Kostenlose Bücher