Höllenqual: Lenz’ zehnter Fall (German Edition)
mit einem Mann kollidiert, der auf dem Weg ins Haus war.
Ein weiterer stand am unteren Ende der Treppe; er trug eine Gipsschiene am Bein
und war auf Krücken unterwegs.
»’tschuldigung«,
murmelte Ahrens hastig und wollte an dem Mann vorbeigehen.
»Wir wollen
zu Herrn Ahrens«, eröffnete der Besucher ihm mit einem freundlichen Lächeln. »Sind
Sie das zufällig?«
»Nein«,
schüttelte Bernd Ahrens den Kopf, »das bin ich nicht.«
»Aber er
wohnt schon hier, oder?«
»Ja, der
wohnt hier, im zweiten Stock. Ich vermute, dass er nicht zu Hause ist, genau kann
ich es Ihnen aber nicht sagen.«
»Hmm«, machte
der junge Mann und nickte. »Vielen Dank für die Auskunft.«
»Gern geschehen«,
erwiderte Ahrens mit einem kurzen Blick auf seine Uhr. »Jetzt muss ich aber los.
Schönen Tag noch.«
Ohne eine
Antwort abzuwarten, sprang Ahrens, zwei Stufen auf einmal nehmend, die Treppe hinunter,
wäre fast auf den Bürgersteig und damit direkt vor die Füße von Lenz gestürzt, wandte
sich nach rechts und verschwand aus dem Blickfeld der beiden Polizisten.
»Ich will
trotzdem bei ihm klingeln«, erklärte Thilo Hain seinem Kollegen. »Möchtest du hier
warten oder kommst du mit hoch?«
»Nein, nein,
ich komme schon mit«, gab der Hauptkommissar zurück.
»Dann warte
doch wenigstens dort unten, bis wir wissen, ob er wirklich zu Hause ist. Du siehst
nämlich aus, als wäre heute jede einzelne Treppenstufe eine echte Herausforderung
für dich.«
»Nun mach
mal einen …«, wollte Lenz sich gerade ereifern, als ein weiterer Mann aus dem
Haus trat. Er trug einen blauen Arbeitskittel, hielt einen Schraubendreher in der
Hand und blickte die beiden Männer fragend an.
»Kann ich
Ihnen helfen?«, wollte er wissen.
»Ja, vielleicht«,
antwortete Hain. »Wir möchten zu Herrn Ahrens. Bernd Ahrens.«
Die Verwunderung
des Mannes nahm, rein optisch betrachtet, eine neue Dimension an.
»Herr Ahrens?«,
fragte er überflüssigerweise zurück. »Dem müssen Sie doch gerade begegnet sein.«
Über sein
Gesicht huschte so etwas wie ein angedeutetes Lächeln.
»Der Herr,
der eben das Haus verlassen hat, war genau jener Herr Ahrens.«
»Das darf
doch nicht wahr sein«, murmelte Hain, drehte sich um, stürmte die Treppe hinunter
und sprintete in jene Richtung los, in die Ahrens verschwunden war.
Die Augen
des Mannes im blauen Kittel folgten jeder seiner Bewegungen aufmerksam.
»Darf ich
fragen, was hier vor sich geht?«, schob er, zu Lenz gewandt, schmallippig nach.
»Darf ich
zunächst fragen, wer Sie sind?«, blaffte der Polizist zurück, während er nach seinem
Dienstausweis angelte und ihn hochhielt.
»Mein Name
ist Horst Roland. Ich bin der Eigentümer dieses Hauses.«
»Und ich
bin Paul Lenz, leitender Hauptkommissar der Mordkommission Kassel.«
Aus dem
Gesicht des Hausbesitzers wich schlagartig jegliche Farbe.
»Mordkommission?«,
stammelte er. »Was will denn die Mordkommission von Herrn Ahrens? Glauben Sie, er
hat etwas verbrochen?«
Lenz zog
die Schultern hoch.
»Ich glaube
im Augenblick gar nichts. Wenn mein Kollege mit Herrn Ahrens im Schlepptau zurückkommen
sollte, sehen wir weiter.«
»Aber das
kann doch unmöglich Ihr Ernst sein, Herr Kommissar. Herrn Ahrens mit einem Verbrechen
in Verbindung zu bringen, ist absurd. Das kann nur jemand sagen, der ihn nicht kennt.«
»Das mag
sein, Herr Roland. Aber, wie gerade erwähnt, kann und will ich im Augenblick dazu
nichts sagen.«
Roland war
das Entsetzen über das Auftauchen der Polizisten und den in ihren Worten mitschwingenden
Vorwurf deutlich anzusehen.
»Darf ich …?«, wollte
er eine Frage nachschieben, wurde jedoch von Hains Erscheinen gebremst.
»Weg!«,
keuchte der Oberkommissar. »Keine Spur von dem Kerl.«
»Hast du
an der Straßenbahnhaltestelle nachgesehen?«
Der junge
Polizist, dessen Hände auf den Oberschenkeln ruhten und der schwitzend nach Luft
japste, warf seinem Boss einen vielsagenden Blick zu, schluckte jedoch wegen der
Anwesenheit des Hausbesitzers jeglichen ätzenden Kommentar hinunter.
»Lass mich
erst mal zu Sauerstoff kommen.«
Horst Roland
sah betreten von einem zum anderen, bevor er den Kopf ein wenig anhob und einen
Vorschlag machte.
»Darf ich
Sie kurz hereinbitten, zu mir in die Wohnung, meine Herren? Vielleicht handelt es
sich ja nur um ein bedauernswertes Missverständnis, dem Herr Ahrens ausgesetzt ist.«
Lenz nickte,
beugte sich nach vorn und nahm die Treppe unter die Krücken. Hain folgte, noch immer
keuchend, mit
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