Höllenqual: Lenz’ zehnter Fall (German Edition)
könnte
wirklich sein, ja«, stimmte Lenz leise zu. »Und, bekomme ich jetzt den Namen oder
muss ich irgendeine andere Quelle anzapfen?«
»Du bist
und bleibst ein kleiner Mistkerl, mein Freund.«
»Ich weiß.«
»Er heißt
Bernd Ahrens.«
Im Anschluss
suchte Wagner die Adresse heraus und gab sie an seinen Freund weiter.
»Danke,
Uwe.«
»Gern geschehen.
Aber ich weiß gar nicht, warum ihr euch diese verdammte Mühe macht, eine neue Ermittlungslinie
aufzumachen. Die Männer vom BKA sind sich mittlerweile absolut sicher, dass es sich
um einen Anschlag auf das Leben von Zeislinger gehandelt hat, allem Anschein nach
mit rechtsradikalem Hintergrund. Sein Name war nämlich auf einer der Listen, die
in den Überresten dieser Zwickauer Terrorzelle gefunden wurden.«
»Aber da
stand doch vermutlich so gut wie jeder Bürgermeister einer deutschen Großstadt drauf«,
gab Lenz zu bedenken.
»Na, ganz
so ist es auch nicht. Aber es ist schon eine illustre Auflistung, da muss ich dir
recht geben.«
»Und was
ist mit dem Fall von letzter Nacht? RW hat mir erklärt, dass sich die Jungs aus
Wiesbaden nicht die Bohne dafür interessieren.«
»Womit er
völlig richtig liegt. Für Wiesbaden ist klar, dass es sich bei den Getöteten um
einen Stricher und seinen Freier handelt, also vermutlich um eine Beziehungstat
oder eine Tat im Milieu.«
»Und dass
die Opfer so zugerichtet waren, hat sie nicht neugierig gemacht?«
»Nein, keineswegs.
Die sind total auf Zeislinger und seine tote Freundin fixiert.«
Lenz hätte
am liebsten losgeprustet, wollte jedoch seinen Freund nicht unnötig verunsichern.
»Dann danke
ich dir, Uwe. Sobald ich was Konkretes habe, lasse ich es dich wissen.«
»Gut, Paul,
bis dann.«
23
Bernd Ahrens kauerte in der gleichen
Position am Küchentisch wie zwei Stunden zuvor. Sein Kopf ruhte in den Händen, während
die Ellbogen sich auf der Tischplatte abstützten. So hatte er sich nach dem Telefongespräch
niedergelassen und am liebsten wäre er einfach in dieser Position für immer sitzen
geblieben.
Hier ist
die psychologische Praxis von Werner Dammerow. In der Zeit vom 10. Juni bis 23.
Juni befinde ich mich im Urlaub. In dringenden Fällen wenden Sie sich bitte an einen
der Kasseler Kollegen oder die Psychologische Tagesklinik in Wilhelmshöhe. Vielen
Dank und auf Wiederhören.
Ahrens wischte
die Reste einer Träne ab, deren flüssige Bestandteile längst auf seiner Wange eingetrocknet
waren, hob langsam den Kopf und schlug dann unvermittelt und mit voller Wucht auf
den Tisch.
Wenn man
diese Leute schon mal braucht, sind sie nicht da. Immer, wenn ich jemanden brauche,
ist keiner für mich da.
Sein Blick
fiel auf das abgegriffene Bild, das unter seiner rechten Hand ruhte, und auf dem
er, seine Frau und die kleine Sarah zu sehen waren. Aufgenommen hatte er es mit
seinem Mobiltelefon und ausgestrecktem rechtem Arm an dem Tag, als sie zum ersten
Mal zu dritt nach Hause gekommen waren. Im Hintergrund konnte man den Haupteingang
des Klinikums Kassel erkennen.
Was soll
ich nur tun, Gerlinde? W a s s o l l i c h n u r
t u n? Wofür
straft Gott mich so grausam?
Erneut quoll
eine Träne aus seinem rechten Auge, die er mit dem Ärmel des linken Arms wegwischte.
Dann sprang er, als ob sein Körper von einer bahnbrechenden, alles befreienden Idee
durchzuckt worden sei, vom Stuhl hoch, schnäuzte sich in ein auf dem Tisch liegendes
benutztes Papiertaschentuch und ging mit schnellen Schritten ins Badezimmer, wo
er sich das Gesicht wusch und ein Deodorant benutzte. Anschließend betrat er das
Schlafzimmer, zog sich eine bessere Stoffhose und ein kurzärmeliges Hemd an, betrachtete
sich zufrieden im Spiegel und verließ kurz darauf die Wohnung.
Im Hausflur
begegnete ihm sein Vermieter, ein älterer Mann mit weißen Haaren und freundlichem
Auftreten, der, in einem blauen Arbeitskittel steckend, vor den Briefkästen stand
und etwas reparierte.
»Guten Tag,
Herr Ahrens. Wie geht es Ihnen?«
Der Angesprochene
hob den Kopf, schob seine Rechte in Richtung der ihm entgegengestreckten Hand und
versuchte, dabei ein zuvorkommendes Gesicht zu machen.
»Ach, wie
es immer so geht, Herr Roland. Sie wissen doch, dass ich den Kopf nicht hängen lasse.«
»Ja, das
weiß ich wohl.«
Ahrens drängte
sich an dem Mann vorbei und strebte zielsicher auf den Ausgang zu.
»Auf Wiedersehen,
Herr Roland«, ließ er dabei wissen, drückte die Klinke herunter und war auch schon
draußen.
Direkt vor
der Tür wäre er beinahe
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