Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Höllenqual: Lenz’ zehnter Fall (German Edition)

Höllenqual: Lenz’ zehnter Fall (German Edition)

Titel: Höllenqual: Lenz’ zehnter Fall (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthias P. Gibert
Vom Netzwerk:
oder
Minuten vergangen waren, seit sie angefangen hatte zu rennen, hätte sie beim besten
Willen nicht sagen können, aber schließlich hatte sie den Mut, einfach stehen zu
bleiben. Sie blieb stehen, stemmte die Hände auf die Oberschenkel und sah sich um.
    Nichts!
Niente! Keine Spur von Obermörderarschloch.
    Zunächst
hielt sie das Brummen in ihren Ohren für ein von ihr selbst verursachtes Geräusch,
doch dann hob sie erstaunt den Kopf, weil sie bemerkte, dass es sich um eine ihr
vertraute Klangkulisse handelte. Es brummte, schwoll an, wurde etwas leiser, verstummte
jedoch nie. Mit schnellen Schritten lief sie weiter, direkt auf das Brummen und
Singen zu, und hatte keine fünf Minuten später den Ursprung der Geräusche erreicht.
Sie stand auf der Böschung einer sechsspurigen Straße.
    Sechsspurige
Straßen sind Autobahnen, Viola. Du kannst nicht einfach auf eine Autobahn rennen
und irgendein Auto anhalten.
    Nein, dachte
sie direkt im Anschluss, und es kam ihr vor, als müsse sie dabei lachen. Ich
kann nicht auf eine Autobahn rennen und irgendein Auto anhalten. Ich kann aber auf
eine Autobahn rennen und a l l e Autos anhalten.

29
     
    »Ich kann nicht mehr, Thilo«, eröffnete
der Hauptkommissar seinem Kollegen, als sie wieder im Wagen saßen. »Mein rechter
Fuß tut elendig weh, das andere Bein spüre ich kaum noch, meine Arme fallen mir
gleich ab, und wenn ich daran denke, dass ich noch vier Stockwerke hoch muss, bis
ich endlich auf meiner Terrasse gelandet bin, wird mir ganz anders.«
    »Dann lass
uns Feierabend machen für heute«, schlug der junge Oberkommissar vor, wobei ihm
sofort die Paradoxie seiner Worte bewusst wurde. »Ist schon ziemlich durchgeknallt,
wenn zwei Bullen Feierabend machen wollen, die überhaupt nicht im Dienst sind.«
    »Ob im Dienst
oder nicht, ich will nicht mehr, und basta.«
    »Dann bringe
ich dich jetzt nach Hause und sorge dafür, dass die Treppen in den vierten Stock
dich nicht umbringen. Und ganz ehrlich, ich freue mich auch auf zu Hause und meine
Gören.«
    »Dann los.«
    Die Fahrt
der beiden Polizisten durch die wegen des Feierabendverkehrs und der abreisenden
Documentabesucher hoffnungslos verstopften Stadt zog sich so in die Länge, dass
Lenz schon mehrmals eingedöst war, als Hain das Autoradio lauter drehte und seinen
Kollegen sanft anstieß.
    … erzielte
offenbar die Sonderkommission der Polizei in Kassel. Wie soeben gemeldet wurde,
gab es vor etwa einer Stunde ein Feuergefecht zwischen den Beamten einer Zivilstreife
und dem Fahrer eines Kleinwagens, der die Aufforderung zum Anhalten missachtet und
davongerast war. Dabei gab er mehrere Schüsse auf den Wagen der ihn verfolgenden
Polizisten ab, die das Feuer erwiderten. Der 29-Jährige aus Frankfurt an der Oder
wurde während der Verfolgungsjagd an der Schulter getroffen und zog sich außerdem
bei dem Aufprall, nachdem er die Kontrolle über sein Fahrzeug verloren hatte, weitere
schwere Verletzungen zu. Sein Zustand wurde vom Notarzt als sehr kritisch bezeichnet.
Offenbar fiel den Polizisten eine Ähnlichkeit mit dem Phantombild auf, das nach
den Angaben einer in der vergangenen Nacht misshandelten und ausgeraubten Prostituierten
angefertigt worden war. Ob der mehrfach vorbestrafte und der Neonaziszene zugerechnete
Verdächtige auch für die weiteren Taten in der Fuldastadt der letzten Tage infrage
kommt, wollte aus den Reihen der Polizei noch niemand kommentieren. Gewöhnlich gut
unterrichtete Kreise bestätigten allerdings Gerüchte, wonach es deutliche Indizien
dafür gibt, dass der Mann auch für das Attentat auf Oberbürgermeister Erich Zeislinger
und die Ermordung seiner Lebensgefährtin die Verantwortung tragen könnte. Aus Kassel …
    »Das ist
ja ein Ding«, fand Thilo Hain als Erster wieder zu Worten, nachdem er das Radio
leiser gedreht hatte. »Und diesen Scheiß glauben die auch noch. Da wird einem doch
schlechter als schlecht.«
    »Aber die
Öffentlichkeit ist beruhigt, zumindest für den Augenblick. Und wie du aus eigener
Erfahrung weißt, ist ein schneller Fahndungserfolg immer geil.«
    »Aber die
lügen sich doch so was von die Taschen voll. Diese arme Sau hat vielleicht die Prostituierte
vermöbelt und ihr die Kohle geklaut, aber mit dem Mord an Steffi Kratzer hat er
doch garantiert nichts zu tun.«
    »Das ist
nach unseren Vermutungen richtig«, stimmte Lenz gähnend zu. »Aber vergiss bitte
nicht, dass auch diese unsere Vermutungen einem gewissen Restrisiko des Irrtums
unterliegen und dass es nicht zu

Weitere Kostenlose Bücher