Höllenqual: Lenz’ zehnter Fall (German Edition)
100 Prozent ausgeschlossen ist, dass die Kollegen
aus Wiesbaden recht haben.«
Hain warf
seinem Boss einen bitterbösen Blick zu.
»Das sagst
du doch jetzt nur, weil du so fertig bist und in die Hängematte willst.«
»Ja«, erwiderte
Lenz völlig ungerührt. »Und dort angekommen, nehme ich die längste Stricknadel,
die sich in unserem Haushalt finden lässt, und fahre so lange unter dem Gips hoch
und runter, bis ich eingeschlafen bin oder einen Orgasmus habe.«
»Ach du
Scheiße«, brummte Hain ein paar Sekunden später. »Wie soll ich dieses Bild nur jemals
wieder aus meinem Kopf herausbekommen?«
Der Rest
der Fahrt verlief schweigend. Während Hain sich durch die Benutzung von Nebenstraßen
bemühte, den ärgsten Staus aus dem Weg zu gehen, waren Lenz schon wieder die Augen
zugefallen. Dieser für ihn zutiefst angenehme Zustand wurde allerdings kurz darauf
durch das Klingeln seines Mobiltelefons beendet.
»Dieser
Anschluss ist zur Zeit nicht erreichbar«, murmelte er, drehte den Kopf auf die andere
Seite und wartete geduldig, bis das Surren aufhörte.
»Ich hätte
nicht gedacht, dass du zu so einer Tat in der Lage bist«, bemerkte Hain anerkennend,
während in der gleichen Sekunde sein Telefon sich über die Freisprechanlage meldete.
»Und ich
wette, dass du das in 100 Jahren noch nicht hinbringst«, feixte Lenz mit geschlossenen
Augen. »Das würde deine Neugier niemals zulassen.«
»100 Punkte
für den Mann auf dem Beifahrersitz«, gab Hain lobend zurück, drückte einen Knopf
am Radio und meldete sich.
»Hier ist
RW. Wo treibst du dich denn rum?«
»Ich stecke
im Feierabendverkehr fest.«
»Und ich
hoffe, dass du wegen Windelnachschub für deine Jungs unterwegs bist.«
Hain warf
einen Blick auf seinen Boss, dessen Haltung sich nicht verändert hatte.
»So ähnlich,
ja. Warum willst du das wissen?«
»Ich könnte
wetten, dass unser Boss neben dir sitzt und beim Aussuchen der richtigen Marke behilflich
ist.«
»Hmm.«
»Ich deute
das mal als Zustimmung.«
»Kein Kommentar.
Und warum willst du das alles überhaupt wissen?«
»Weil ich
eine Information habe, die zwei außer Dienst stehende, jedoch gegen alle Regeln
privat ermittelnde Bullen vielleicht interessieren könnte.«
»Das klingt,
zumal aus deinem Mund, nicht schlecht«, mischte sich Lenz in die Konversation seiner
Kollegen ein. »Also, lass hören, RW.«
»Hab ich’s
doch gewusst«, triumphierte der altgediente Hauptkommissar am anderen Ende der Leitung,
»dass du beim Kleinen auf dem Beifahrersitz hockst.«
»Ja, aber
für diesen Riecher bekommst du ausnahmsweise keine Fleißpunkte, weil das nun nicht
so schwer zu erraten war. Erzähl uns lieber, warum du angerufen hast.«
Während
der nun folgenden kurzen Pause war im Hintergrund Papiergeraschel zu hören.
»Es geht
um diesen Bernd Ahrens, wegen dem wir vorhin miteinander telefoniert hatten.«
»Ja, was
ist mit ihm?«
»Was genau
mit ihm ist, kann ich euch nicht sagen, was er heute Nachmittag so alles getrieben
hat, schon.«
»RW, lass
dir nicht jedes Wort aus der Nase ziehen. Was ist passiert?«
»Er hat
offenbar versucht, sich das Leben zu nehmen. Zumindest behauptet das der Fahrer
eines Nahverkehrszuges, der seinetwegen eine Notbremsung hinlegen musste. Es ist
irgendwo in Harleshausen passiert, an einer Fußgängerüberführung. Nach Aussage des
Lokführers stand Ahrens direkt auf den Schienen und hat dem Mann ins Gesicht gesehen;
zumindest so lang, wie sein Mut gereicht hat. Als es damit vorbei war, wollte er
zur Seite springen, hat aber leider etwas zu spät reagiert. Die Lok hat ihn zwar
nicht richtig erwischt, aber die Luft, die sie vor sich hergeschoben hat, war übel
genug für ihn. Er ist ein paar Meter in ein Wäldchen geflogen und an einem Baum
hängengeblieben. Das war’s dann.«
»Ist er
tot?«
»Ach Quatsch,
nein. Er hatte die Augen schon wieder auf, noch bevor der Notarzt bei ihm war. Sie
haben ihn zwar ins Klinikum gebracht, aber nur, um ihn zu untersuchen. Vielleicht
muss er die Nacht dort verbringen, aber seine Verletzungen sind keinesfalls so schlimm,
dass er länger dort bleiben müsste. Vermutlich verlegen sie ihn gleich morgen ins
Ludwig-Noll-Krankenhaus, also in die Psychiatrie, wie das bei Selbstmordgefährdeten
die Regel ist.«
»Das heißt,
dass er sich im Augenblick im Klinikum befindet? Weißt du, wo genau?«
»Das ist
jetzt vielleicht ein bisschen viel verlangt, oder?«
»Stimmt,
RW, sorry.«
»Ich dachte
mir, dass euch die Geschichte
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