Höllenritt: Ein deutscher Hells Angel packt aus (German Edition)
Theken mauerte ich selbst. Ein Schlosser baute neue Fenster ein und montierte Gitter-
Im Partyraum unseres Clubhauses
stäbe davor. Innen schraubten wir Alubleche bis unter die Fenster wegen der dreckigen Stiefel, denn Rocker lehnen gern mal an der Wand und stützen sich dabei mit ihren Stiefeln ab. Wir besorgten uns Stahlbleche und verrammelten das Haus kugelsicher. Dann bauten wir zwei Kamine ein – einen im Member-Raum und einen im Party-Raum. Wir kauften eine Musikanlage und installierten Disko- und Blitzstrahler. Nach zwei Monaten war unser erstes Clubhaus fertig.
Ich rief wieder bei den Bones in Frankfurt an. Sie luden uns in ein Sportlerheim ein, wo wir den Rest klärten. Wir sollten eine kleine Party organisieren. Sie wollten vorbeikommen, um unser Clubhaus zu inspizieren. Für uns war das okay. Wir besorgten Alkohol, etwas zu essen, ein paar Mädchen aus unseren Puffs und legten Musik auf. Am Abend besuchten uns die Bones-Präsidenten. Sie hatten uns sechs Kutten mitgebracht. Auf jeder stand hinten mit weißer Aufschrift » MC Germany«, vorn war ein Sticker »Bones Germa-
Die Bones-Kutte
ny«. Sie ernannten uns offiziell zum Prospect-Charter Kassel. Wir waren mächtig stolz!
In den nächsten Tagen sollten wir die Ämter untereinander verteilen. Das Charter brauchte einen Präsidenten, einen Vize-Präsidenten, einen Kassierer, einen Sergeant at Arms, der für die Waffen verantwortlich war, sowie einen für die Fahrzeuge zuständigen Road-Captain. Ich wurde Road-Captain.
Wie sich später herausstellte, war das keine gute Idee. Denn im Planen von Fahrten erwies ich mich nicht als besonders geschickt. Das merkten auch meine Brüder sehr schnell. Einmal sollte ich eine Route ausarbeiten, was völlig in die Hose ging. Auf irgendeiner Autobahn hatte ich die Orientierung verloren. Nun ja, ich saß auf meinem Mopped, und meine Brüder folgten mir. Direkt vor uns ging die Sonne unter. Sie verschwand langsam hinter den Hügeln. Die Autobahn war frei, ich fuhr auf der mittleren Spur – in Richtung Horizont. Unter
Meine neue Visitenkarte
meinem Hintern blubberte der Motor der Harley, der Wind blies mir ins Gesicht. Bei diesem sensationellen Gefühl von Freiheit vergaß ich glatt, dass wir zu einem Termin mussten. Irgendwann peilten das auch meine Brüder. Einer kam nach vorn, fuhr neben mich. Ich erwachte aus meinem Traum, als er auf seine Uhr zeigte. Wir waren viel zu spät und hatten uns verfahren. Das jedoch durfte einem Road-Captain nicht passieren!
Nach einigen Wochen hatte sich in der Szene rumgesprochen, dass wir bei den Bones waren. Sehr viele Leute kamen, um sich das anzusehen – auch von anderen Motorrad-Clubs. Wir organisierten jeden Samstag eine Party im Clubhaus, was auf großen Zuspruch stieß. Viele Möchtegern-Biker kamen vorbei, feierten mit uns und fragten, ob sie nicht auch mitmachen könnten.
Die Bones-Kralle
Doch die alten Bones hatten uns erzählt, wie das geht: niemandem direkt zusagen und die Leute immer über einen längeren Zeitraum beobachten und abchecken.
Nach etwa zwei Jahren, also 1997, wurden wir zu einem eigenständigen Bones-Charter ernannt. Wir organisierten eine riesige Party. Die Bones-Präsidenten überreichten jedem von uns die Bones-Kralle. Danach gab es literweise Alkohol, süße Stripperinnen und harte Musik. Wir feierten bis in die frühen Morgenstunden. Ich glaube, dass ich irgendwann von meinem Stuhl fiel – glücklich und zufrieden.
Höllenbun d
Seit ich ein Bones war, liefen meine Geschäfte noch besser. Ich hatte viele neue Kontakte hinzugewonnen und konnte meine Mädchen mit anderen Puffs austauschen. Es kamen immer dieselben Freier, die meistens den gleichen Fick wollten. Das wurde selbst meinen Mädchen auf Dauer zu langweilig. Durch meine neuen Brüder konnte ich die Mädchen auswechseln. Ich konnte einfach eine nach Frankfurt schicken und bekam dafür eine andere.
Der Zusammenhalt im Club war gut. Wenn ein anderes Charter Probleme hatte, fuhren wir dorthin. Ich erinnere mich noch an eine besondere Hilfsaktion: Ein ganz normaler Motorrad-Club aus der Nähe von Bremen, der mit den Bones befreundet war, hatte Probleme mit den Hells Angels, die zu dieser Zeit in Deutschland fünf Charter besaßen. Sie hatten sich zu einer Party angesagt und gedroht, alles kurz und klein zu schlagen. Der Bremer Motorrad-Club hatte sich an die Bones gewandt – und wir kamen zu ihrer Unterstützung. Meine Aufgabe war, in einer
Weitere Kostenlose Bücher