Höllenritt: Ein deutscher Hells Angel packt aus (German Edition)
damit der Laden wieder lief.
Ich lernte eine Rothaarige kennen. Rothaarige Mädchen mochte ich nicht, so dass ich sie erst nicht für mich ackern lassen wollte. Doch die konnte richtig gut ficken, und ihr Umgang mit den Freiern war ausgezeichnet – gut fürs Geschäft. Nach einem Jahr lernte sie jedoch einen Schoppenschlepper kennen, der bei einer Luden-Hochzeit gekellnert hatte. Es kam wie es kommen musste: Sie verliebte sich ihn. Eines Tages rief mich mein Wirtschafter an. Er erzählte mir, dass sie nicht zur Arbeit erschienen war. Ein anderes Mädchen verriet mir, dass sie bei diesem Schoppenschlepper steckte. Nur einen Tag dauerte es, bis ich wusste, wo der wohnt. Ich ging dort hin, trat ihm die Tür ein und nahm ihn mir zur Brust. Dem Mädchen sagte ich, dass sie mir die übliche Ablöse zahlen sollte, sonst … Sie rannte aber gleich zur Schmiere. Ich hätte es mir denken können.
Wenige Tage später wurde ich vor einem Puff in Paderborn festgenommen und bekam einen Haftbefehl wegen räuberischer Erpressung vorgehalten. Ich saß vierzehn Monate – mit einer Unterbrechung von vierundzwanzig Stunden – in Untersuchungshaft.
Diesmal wollten die Bullen mich so richtig festnageln. Das Mädchen hatte ihre Aussage etwas erweitert und der Polizei erzählt, dass ich jemanden umgebracht und zerstückelt in der Fulda versenkt hätte. Außerdem hätte ich Hunderttausende von D-Mark in einem Waldstück bei Kassel vergraben. Wochenlang suchten sie den Fluss mit Booten, Tauchern und den Wald mit Hundertschaften ab – ohne jeden Erfolg, schließlich lag da keine Leiche und Geld gleich gar nicht. Konnte auch nicht, denn die Aussage war ersponnen.
Wie ich später erfuhr, hatte das Mädchen es auch mit einem der Polizeibeamten getrieben. Diese Beziehung flog dann beim Prozess gegen mich auf, genauso wie einige Lügen des Mädchens. Ich wurde zu zweieinhalb Jahren Haft verurteilt, bekam aber bald wieder Freigang. Der Bulle wurde degradiert und zu den Verkehrskaspern strafversetzt.
BONES MC
Rockerleben
Während meiner vierzehnmonatigen U-Haft war ich mit einer Kontaktsperre belegt. Ich saß jeden Tag dreiundzwanzig Stunden lang in meiner sechs Quadratmeter großen Einzelzelle; nur für eine Stunde durfte ich auf den Hof – natürlich allein. Niemand durfte mit mir sprechen, nur meine Familie konnte mich besuchen. Ich hatte viel Zeit zum Nachdenken. Irgendwann kam ich zu dem Entschluss, mit der Dealerei aufzuhören. Diese Koks-Geschäfte brachten mir zwar temporär gut Geld, aber diese ständige Knasthockerei ging mir ziemlich auf die Nerven; stattdessen hätte ich andere schöne Sachen machen können.
Sofort am ersten Tag in Freiheit setzte ich mein Vorhaben um. Kein Koks mehr, kein Hasch, keine Deals. Ich kümmerte mich wieder rund um die Uhr um meine Bordelle und meinen Angelladen. Wenn nichts anlag, setzte ich mich auf mein Mopped und fuhr durch die Gegend – ganz sinnlos, von A nach B und wieder zurück.
Aus dem Rotlichtmilieu kannte ich fünf Kumpels, die ich als sehr gute Freunde bezeichnen würde. Eine Zeitlang hatten wir uns kaum gesehen, denn ich war ja ständig auf der See unterwegs. Jetzt trafen wir uns wieder öfter, quatschten und feierten miteinander. 1995 kamen wir bei einer Party auf die Bones zu sprechen. Der Motorrad-Club war damals mit zwölf Chartern der größte in Deutschland. Wir hatten schon einiges von denen gehört. Diese Rocker waren wie wir: Sie fuhren gern Mopped und hielten zusammen. Nahezu alle sollten aus dem Milieu kommen und sich gegenseitig bei ihren Geschäften unterstützen. Wir dachten, dass wir dort ganz gut reinpassen würden.
Die Bones gab es nur in Deutschland. Das erste Charter hatte sich Ende 1968 in Frankfurt am Main gegründet – fünf Jahre vor der Gründung des ersten deutschen Hells-Angels-Charters in Hamburg. Viele Member kamen aus dem Milieu. Ihr Arbeitsfeld: Prostitution, Schutzgelderpressung, Hehlerei, Drogen-, Waffen- und Menschenhandel. Ihr Clubabzeichen auf dem Rücken der schwarzen Lederkutte war eine übergroße Knochenhand. Zuletzt, also im Jahr 1999, hatten die Bones etwa zweihundertfünfzig Mitglieder in vierzehn Chartern.
Wir kauften uns Biker-Zeitschriften und suchten darin nach Partys. Jedes Wochenende stieg mindestens eine. Also schnappten wir uns unsere Moppeds, fuhren hin und feierten mit. Wir schauten uns alles an. Ein Jahr lang zogen wir das durch: mit dem Mopped durch die Provinz, in verschiedene Städte. Auf dem Rücksitz immer ein paar
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