Höllenritt: Ein deutscher Hells Angel packt aus (German Edition)
die Erhaltung des Markenzeichens. Dieser Betrag wird zum 1. März jeden Jahres fällig. Wenn die Kosten dafür steigen, wird eine Nachforderung folgen. Bei Nichtzahlung wird der doppelte Betrag fällig.« Die Gelder gehen in den sogenannten Internationalen Trust – ein Konto, das von Amerikanern verwaltet wird. Darauf kommen auch die Anteile aus den Erlösen aus den verkauften Support-Sachen.
Der Club besitzt mehrere Konten, wobei sich in Europa das oberste Europa-Trust nennt. Aus diesem werden Veranstaltungen wie der Euro-Run oder die Europa-Meetings bezahlt. Zudem hat jedes Land, in dem es Hells-Angels-Charter gibt, einen Länder-Trust: Jeder Member und jeder Prospect zahlt hier jedes Jahr einmalig einen dreistelligen Betrag ein.
Die Gelder werden zentral verwaltet; in Deutschland macht das Hannover. Dafür ist ein langjähriger Member der Hells Angels zuständig, der nebenbei Sexclub-Betreiber ist. Von dem Geld, das er verwaltet, werden die Leute unterstützt, die durch den Club in Schwierigkeiten geraten sind. Wenn zum Beispiel Hinweise auf einen Überfall oder eine Schlägerei bei den Bullen landen, werden für die festgenommenen Brüder Anwälte und Gerichtskosten bezahlt. Zusätzlich bekommen sie Päckchen in den Knast geschickt. Im Jahr 2007 belief sich der Länder-Trust für Deutschland auf einen Millionenbetrag.
Die einzelnen Charter, wie soll es anders sein, führen ebenfalls eine eigene Kasse. In diese wird der Clubbeitrag einbezahlt, der sich je nach Charter auf ein- bis vierhundert Euro im Monat beläuft. Hieraus werden überwiegend die Clubhäuser und Clubveranstaltungen finanziert.
Nach dem Meeting fuhr ich zurück nach Kassel. Mein Kopf war voll mit neuen Informationen: Regeln, an die wir uns jetzt unbedingt halten mussten. Zu Hause angekommen, drehte ich mir noch eine Zigarette. Danach schnappte ich mir den Harley-Schlüssel und fuhr los. Ich musste meinen Kopf wieder freibekommen. Der Sound der Maschine klang wie Musik in meinen Ohren. Ich spürte die Luft, sah die Umgebung mit ganz anderen Augen. Ich beobachtete, wie die Wolken langsam an mir vorbeizogen, wie sich die Sonne von gelb zu rot färbte und bald am Horizont verschwand. Das ist Freiheit.
Seitdem ich vierzehn Jahre alt war, liebte ich dieses Gefühl. Damals kurvte ich immer allein mit meinem Mopped durch die Gegend. Jetzt hatte ich meine Brüder. Ich freute mich auf gemeinsame Ausfahrten mit ihnen. Wir alle, jeder auf seiner Maschine, und das Leben vor uns. Für uns Hells Angels gab es keine Grenzen. Wir nahmen alles so, wie es kam. Jeder von uns glaubte an dasselbe, wir hatten ähnliche Jobs und ähnliche Gedanken. Kurz: Wenn es Probleme gab, gingen wir sie gemeinsam an: Einer für alle, alle für einen. Deswegen war ich stolz ein Hells Angel zu sein!
In den ersten Tagen und Wochen brachten wir unser Clubhaus auf Vordermann. Die World-Rules besagen, dass alle Charter eine »feste postalische Anschrift in Form eines Postfaches oder des Clubhauses« haben müssen. Unsere Anschrift lautete: Söhrestraße 10 in 34123 Kassel.
Wir machten unseren Rechner im Member-Raum flott, sicherten ihn gegen Hacker und erstellten ein
Free and easy (Quelle: (c) picture-alliance/dpa)
internes Adressbuch. Per E-Mail erhielten wir Termine für Veranstaltungen wie den Euro-Run oder den World-Run. Wichtige Informationen wurden als Polizeimeldungen getarnt und per Mail an uns geschickt. Damit konnten die Bullen nicht viel anfangen; für uns und unser Business waren sie jedoch von großer Bedeutung.
Drogendealer zum Beispiel mussten wissen, wann und wo Plantagen und Labore hochgenommen wurden, damit sie Lieferengpässe vermeiden und sich schnell einen neuen Lieferanten suchen konnten. Ende Juni 2005 kam zum Beispiel eine Mail aus den USA , in der es hieß: »Jetzt haben der Meth-Gebrauch und die Produktion im Land epidemische Ausmaße erreicht, so […] Sheriff […]. Das Rauschgift wird an einer Viel zahl von Plätzen, wie Autos bis hin zu Wohnungen und in Scheunen produziert. »Der größte Teil des Meths, das auch als Crystal bekannt ist, kam zu diesem Zeitpunkt aus Mexiko, von wo es in die USA transportiert wurde.
Eine andere alarmierende Mail erhielten wir im März 2006. Die Polizei hatte das Clubhaus eines Charters in Kanada durchsucht und dabei streng geheime Papiere sichergestellt. Daraufhin wurden achtzehn Brüder wegen einer Reihe von Straftaten, unter anderem Erpressung, Handel mit Kokain und Produktion von Meth, angeklagt. Keiner
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