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Höllenritt: Ein deutscher Hells Angel packt aus (German Edition)

Höllenritt: Ein deutscher Hells Angel packt aus (German Edition)

Titel: Höllenritt: Ein deutscher Hells Angel packt aus (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bad Boy Uli (Ulrich Detrois)
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in der Szene sehr beliebt. Ich hatte den »Neuen« immer geraten, ihre Sachen erst einmal mit einer Handvoll Kieselsteine in Muttis Waschmaschine zu waschen. Dann sahen die Klamotten richtig abgenutzt aus und Mutti durfte sich eine neue Waschmaschine kaufen. Ob das jemand mal gemacht hat, weiß ich nicht.
    Jupp brachte viele Voraussetzungen für die Aufnahme im Club mit: Er besaß ein Mopped, zwar nur eine Mädchen-Harley, also eine Sportster, und lungerte den halben Tag auf dem Clubgelände herum. Er kokste gern, und wenn ein Member Hilfe brauchte, bot er sich sofort an. Er mähte den Rasen, strich die Zäune, putzte die Fenster und trennte den Müll. Alles freiwillig natürlich. Nach einigen Monaten gehörte er schon fast zum Inventar des Außenbereichs. Er hing fast Tag und Nacht bei uns ab, machte alles, was wir wollten. Deshalb ernannten wir ihn zum offiziellen Hangaround. Er hatte es sich verdient.
    Für Jupp begann nun eine lange Zeit des Wartens und der Ungewissheit, denn er musste uns beweisen, dass wir ihn ohne Bedenken zum Prospect ernennen können. Normalerweise dauert diese Phase zwischen einem und zwei Jahren. Bei Jupp fiel uns die Entscheidung nicht allzu schwer. Hätten wir Zeugnisse verteilen müssen, hätte Jupp im Schleimen eine Eins und im Protzen eine Zwei bekommen. Aber das Wichtigste für uns war, dass er sich für keinerlei Frondienste zu schade war.
    Irgendwann kam endlich Jupps erster großer Tag. Bei einem unserer wöchentlichen Meetings in Kassel beschlossen wir einstimmig, ihn zum Prospect zu ernennen – auf einem unserer Clubabende. Wir hatten genügend Alkohol und Drogen besorgt und saßen alle mit unseren Kutten am Tisch. Dann kam Jupp rein. Wir erklärten ihm, dass er fortan ein Prospect in unserem Charter sei, überreichten ihm feierlich sein neues Jäckchen. Hinten stand » MC « plus »Kassel« drauf, vorn ein Aufnäher mit der Aufschrift »Prospect«. Er freute sich riesig und die anschließende Party ging auf seine Kosten, inklusive Alkohol, Koks und Mädchen.
    Das böse Erwachen kam für Jupp erst ein paar Tage später, denn die Ernennung zum Prospect ist nicht gratis. Als Erstes musste er für seine Kutte zahlen, anschließend wurde der erste Beitrag für die Clubkasse fällig. Jeder Prospect und jeder Member musste in Kassel pro Monat mehrere Hundert Euro abdrücken, je nach Bedarf. Wenn größere Anschaffungen anstanden, wurde der Beitrag erhöht. Das Geld wurde meistens für Charter-Partys oder Anschaffungen im Clubhaus genutzt. Neben den Zahlungen für das eigene Charter musste Jupp auch die Aufnahmegebühr entrichten, die sich damals auf ein paar Hundert Euro belief. Nicht zu vergessen war die Germany-Kasse für Anwalts- und Gerichtskosten, in die jeder Member und jeder Prospect jährlich einzahlen musste. In vielen Chartern mussten die neuen Prospects für Immobilienkredite bürgen oder noch nicht abgezahlte Kredite komplett übernehmen. Jupp hatte also seinerzeit richtig Glück, denn wir hatten gerade keinen Kredit am Laufen.
    Fassen wir die Situation eines jeden Prospects an dieser Stelle kurz zusammen: Er hat vermutlich viele böse Tattoos, ausgewaschene Klamotten, kleine Eier, große Muckis und die eigene Familie lädt ihn nicht mehr zu Weihnachten ein, weil er sowieso keine Geschenke mitbringen kann. Sein Konto ist nämlich leer, und der Dispo bis zum Ende ausgereizt. Doch drei Dinge hat er noch: den Traum, ein Hells Angel zu werden, die Aussicht auf einen längeren kostenfreien Knastaufenthalt und lebenslange Schulden.
    Jupp steckte zu dieser Zeit schon richtig tief im Sumpf. Ein Rückzieher war für ihn eigentlich gar nicht mehr möglich. Er musste jetzt ein weiteres Jahr warten, bis er zum Member ernannt werden konnte. Seine Aufgaben und Frondienste als Prospect verlagerten sich vom Außenbereich des Clubhauses in den Innenbereich. Er durfte jetzt sogar die heiligen Hallen des Member-Raums betreten – natürlich nur zum Putzen und Bedienen.
    Sein Aufgabenfeld wurde unwesentlich vergrößert: Jupp war nun auch für die Klos zuständig, musste das Geschirr spülen und die Räume sauber halten. Bei Partys bediente er die Gäste und bewachte mit anderen Prospects zusammen den Parkplatz. Er stand sämtlichen Membern vierundzwanzig Stunden täglich als Diener, Taxifahrer, Umzugsspezialist, Schornsteinfeger, Maler und Tapezierer zur Verfügung. Während des Jahrs als Anwärter musste er außerdem jedes deutsche Charter mindestens einmal besuchen und sich dort

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